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Ehe-Streit in der Koalition

Seehofer: SPD-Vorgehen bei Ehe für alle normalerweise Koalitionsbruch

  • Veröffentlicht: 29.06.2017
  • 07:26 Uhr
  • dpa
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Die SPD bringt das Thema Homo-Ehe gegen den Willen des Koalitionspartners in den Bundestag. Ein Vertrauensbruch, sagt Unionsfraktionschef Kauder. Der CSU-Chef geht noch weiter.

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Das Vorgehen der SPD beim Thema Ehe für alle sorgt weiter für heftigen Streit in der großen Koalition. «Normalerweise ist das ein Koalitionsbruch», sagte CSU-Chef Horst Seehofer der «Augsburger Allgemeinen» (Donnerstag). Die SPD hatte gemeinsam mit Grünen und Linken gegen den Willen der Union eine Bundestagsabstimmung über das Thema für diesen Freitag angesetzt. Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte dies scharf kritisiert, aber lediglich von «Vertrauensbruch» gesprochen. In Union wie SPD war denn auch betont worden, die Koalition nicht platzen zu lassen.

Seehofer nannte das Verhalten der SPD «unwürdig». «Alle rechtlichen Bedenken werden ausgeblendet. Man hätte das auch in aller Ruhe im Herbst machen können.» CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sprach in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe von taktischen Spielchen des Koalitionspartners, die belegten: «Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz wird die SPD, wenn es reicht, auf Bundesebene ein rot-rot-grünes Bündnis eingehen.»

Bundestag soll am Freitag entscheiden

Auch FDP-Chef Christian Lindner hält die Eile für unangemessen. «Das Thema wird sozusagen von der Couch anmoderiert und dann hoppla hopp im Konflikt durchs Parlament gebracht», sagte er am Mittwochabend in Düsseldorf in Anspielung auf die überraschende Neupositionierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einer Veranstaltung der Zeitschrift «Brigitte». Dieses Vorgehen werde dem Anliegen nicht gerecht. Da eine solche gesellschaftspolitische Modernisierung von 80 Prozent der Deutschen mitgetragen werde, wäre es besser, «dass man das ein bisschen zu einem gemeinsamen Gewinn macht».

Auf Druck von SPD, Linken und Grünen soll der Bundestag an diesem Freitag entscheiden - gegen den Willen der Unionsspitze. Im Bundestag gilt eine Mehrheit für die Ehe für alle als sicher. Die CDU/CSU-Fraktion hat die Entscheidung zur Gewissensfrage erklärt. Damit entfällt der sogenannte Fraktionszwang, der Abgeordnete an eine vorgegebene Linie binden soll. Es wird damit gerechnet, dass auch ein Viertel bis ein Drittel der CDU/CSU-Abgeordneten zustimmt.

Ein Teil der Unionsparlamentarier fühle sich vom Vorgehen der Kanzlerin überrollt, räumte Seehofer ein. Ihr plötzlicher Kurswechsel werde in der Union sehr kontrovers gesehen. Auch wenn am Freitag einzelne Parlamentarier seiner Partei dafür stimmen würden, bleibe die Ehe zwischen Mann und Frau das Leitbild der CSU.

Ehe für alle von der Mehrheit der Deutschen befürwortet

Viele Kritiker der geplanten Bundestagsabstimmung halten die Änderung durch einfachen Gesetzesbeschluss ohnehin für verfassungswidrig. Auch nach Ansicht des CDU-Rechtspolitikers Patrick Sensburg müsste dafür das Grundgesetz geändert werden. «Es bleibt abzuwarten, ob der Bundespräsident es überhaupt unterzeichnet oder ob eine Verfassungsklage aussichtsreich ist», sagte er den Funke-Zeitungen. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, erklärte in der «Passauer Neuen Presse» (Donnerstag): «Die Väter und Mütter unserer Verfassung haben mit der Ehe eine lebenslange Verantwortungsgemeinschaft gemeint, die auf Geburt und Erziehung von Kindern ausgerichtet ist.»

Allerdings befürwortet die Mehrheit der Deutschen offensichtlich die volle Öffnung der Ehe. Nach einer Umfrage des INSA-Instituts für die «Bild»-Zeitung (Donnerstag) sind 75 Prozent dafür, 20 Prozent dagegen. Beim Kernpunkt der Gleichstellung, dem vollen Adoptionsrecht für Homosexuelle, ist die Zustimmung etwas geringer, aber immer noch groß: 66 Prozent befürworten es für gleichgeschlechtliche Paare, 22 Prozent lehnen es ab.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte die Gegner der Ehe für alle auf, ihren Widerstand aufzugeben. «Jede klassische Ehe behält ihren vollen Wert. Niemandem wird etwas weggenommen», sagte er der «Saarbrücker Zeitung» (Donnerstag).

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