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Löw: Empathie & Respekt

Poldi-Tschö mit der Binde

  • Veröffentlicht: 21.03.2017
  • 19:30 Uhr
  • dpa
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Lukas Podolski verabschiedet sich aus der Nationalmannschaft. Da sind Emotionen, aber auch freche Sprüche garantiert. Die von Joachim Löw versprochene Kapitänspremiere berührt den 31-Jährigen sichtlich. Der sportliche Wert des England-Tests gerät erstmal in den Hintergrund.

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Das große Abschiedsgeschenk von Bundestrainer Joachim Löw zauberte ein dankbares Lächeln auf das immer noch jugendliche Gesicht von Lukas Podolski. Bei seinem emotionalen "Tschö"-Länderspiel am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen England wird der 31-Jährige die deutsche Nationalmannschaft in Dortmund erstmals mit der schwarz-rot-goldenen Binde als Kapitän auf den Rasen führen. "Klares Ja" - mehr brauchte Löw zum Spielführer-Thema vor dem Jahresauftakt der Weltmeister-Auswahl gar nicht zu sagen.

Podolski, links neben Löw sitzend, reagierte vor seinem 130. DFB-Einsatz fast euphorisch: "Sensationell!", entfuhr es der Fußball-Frohnatur. "Ich höre das auch zum ersten Mal. Mehr geht nicht, als im letzten Spiel als Kapitän aufzulaufen. Da kann man nur Danke sagen", fügte der Ur-Kölner an, als wäre er nicht schon seit 13 Jahren dabei.

Noch mehr als beim tränenreichen Abschied von Poldi-Kumpel Bastian Schweinsteiger Ende August gegen Finnland (2:0) gerät vor dem immer reizvollen England-Duell die sportliche Bedeutung fast aus dem Fokus. Löw fehlen gegen die Three Lions neben Torwart und Stammkapitän Manuel Neuer, den Wadenprobleme plagen, nun auch noch kurzfristig drei Offensivakteure.

Mesut Özil ist wegen Oberschenkelproblemen noch nicht einsatzbereit. Auch Julian Draxler hat muskuläre Probleme im Oberschenkel. Mario Gomez kann wegen Adduktorenproblemen nicht mitwirken, berichtete Löw aus dem Teamquartier in der Sportschule Kaiserau in Kamen. Dort hatte das Länderspieljahr für Sami Khedira und Co. mit einem Modetermin begonnen. Der Ausrüster für feinen Zwirn schickte das neue Outfit mit graublauen Anzügen und eleganten Wildlederschuhen zur Anprobe.

Die Engländer im Wandel

Konkrete Aussagen zu seiner Anfangsformation, die er Podolski zum Abschied zur Seite stellen will, machte der Bundestrainer nicht. "Ich brauche noch ein paar Stunden, um mich zu entscheiden", sagte Löw. Dass er in der Spielvorbereitung wieder nur eine Trainingseinheit zur Verfügung hat, beklagte der DFB-Chefcoach sanft. "Es ist halt so im ersten halben Jahr", sagte Löw über den knapp bemessenen März-Termin, der einzigen Testmöglichkeit vor der Bekanntgabe des Kaders für den Confederations Cup in diesem Sommer im WM-Gastgeberland Russland.

England ist für Löw trotz des traditionell kläglichen Scheiterns im EM-Achtelfinale 2016 gegen Island längst wieder ein Qualitätsmaßstab. "England ist im Wandel. Sie spielen offensiver, mutiger, risikofreudiger", sagte Löw über die Entwicklung des Rivalen unter dem neuen Nationalcoach Gareth Southgate. Dieser verzichtet im Umbruch demonstrativ auf Kapitän Wayne Rooney. Sportlich richtig ernst wird es für Löw erst am Sonntag (18 Uhr), wenn in Aserbaidschan am Kaspischen Meer die bislang mit vier Siegen perfekt gelaufene WM-Qualifikation erfolgreich fortgesetzt werden soll.

Möglicherweise kommt Leipzigs Timo Werner schon gegen England in der Offensive zu seinem Länderspieldebüt. "Ich verfolge ihn schon länger. Er ist ein ganz junger Spieler, der sich bei Leipzig gut entwickelt", sagte Löw und lobte speziell Werners Dynamik und Torabschluss. Werner ist neben dem für Neuer nachnominierten Torwart Kevin Trapp der einzige Akteur im Aufgebot, der noch kein Länderspiel bestritten hat.

Der Letzte aus dem WM-Kader 2006

Löw hatte Podolski nach dessen Rücktritt aus der Nationalmannschaft das Abschiedsspiel wegen dessen besonderer Verdienste in 13 Jahren Nationalmannschaft zugesagt. "Es wird sicherlich ein schöner Moment für mich, aber auch ein trauriger Moment. Lukas und ich sind einen langen Weg zusammen gegangen, über viele Hürden hinweg", sagte Löw. Als Krönung stand der WM-Triumph 2014 in Rio de Janeiro.

Bei 128 der 130 Podolski-Länderspiele war Löw dabei, rechnete der Bundestrainer stolz vor; zuerst als Assistent von Jürgen Klinsmann, nach dem Sommermärchen 2006 - Podolskis persönlichem Turnier-Highlight - als Chefcoach. Der künftige Japan-Legionär ist der letzte Nationalspieler, der schon vor der Löw-Ära das DFB-Trikot trug und der letzte Nationalspieler aus dem WM-Kader von 2006.

Dass Podolski nie zuvor Start-Kapitän war, erklärt viel über sein Naturell. Der Spaßvogel definierte seinen Führungsanspruch nicht durch Symbole, sondern durch seinen unnachahmlichen Charakter. "Dem Lukas fliegen überall die Herzen zu. Er hat Empathie und Respekt für die Menschen. So ein Mensch wie der Lukas wird uns fehlen", sagte Löw. "Es waren schöne und geile 13 Jahre", fasste Podolski seine DFB-Zeit zusammen. 

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