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Akt des Ungehorsams

Priester segnen homosexuelle Paare

  • Veröffentlicht: 10.05.2021
  • 16:09 Uhr
  • dpa
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Der Vatikan hat Segnungen homosexueller Paare verboten - doch viele katholische Gläubige in Deutschland verweigern den Gehorsam: "Macht den Mund auf und hängt die bunten Fahnen an die Kirchen!"

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Mit Segnungsgottesdiensten auch für homosexuelle Paare haben sich deutsche Katholiken am Montag gegen ein Verbot des Vatikans gestellt. Nachdem erste Gottesdienste unter dem Motto «Liebe gewinnt» schon am Sonntag abgehalten worden waren, wurden am Haupttag der Aktion bundesweit Paare gesegnet - egal ob schwul, lesbisch oder hetero.

Die Kölner Band Brings unterstützte die Aktion mit einer Neuaufnahme ihres Songs «Liebe gewinnt». «Macht den Mund auf und hängt die bunten Fahnen an die Kirchen!», appellierte Sänger Peter Brings.

Die beiden Ehemänner Andreas und Thomas zeigten sich in Köln bewegt von einem Segnungsgottesdienst unter freiem Himmel. Andreas (56) ist schon vor Jahren ausgetreten, Thomas (59) aber hält der Kirche die Treue, weil sie nach seiner Überzeugung auch viel Gutes tut. Der Segen bedeute ihm viel, sagte Thomas: «Er stellt unsere Beziehung unter den Segen Gottes. Es ist uns wichtig, dass wir nicht nur juristisch miteinander verbunden sind.»

In der Münchner Kirche St. Benedikt lag bei der Zeremonie am Sonntagabend eine Regenbogenflagge auf dem Altar. «Mein Anliegen ist, das aus den kirchlichen Hinterhöfen rauszuholen - dahin, wo es hingehört: mitten in das kirchliche Leben», sagte Pfarrer Wolfgang Rothe. Die 48 Jahre alte Christine Waldner und ihre Partnerin Almut Münster waren gerührt: «Es war sehr bewegend.»

Insgesamt wurden rund 100 Gottesdienste abgehalten. Eine Aktion dieser Art und Größenordnung hat es in der Kirche bisher noch nicht gegeben. Nicht alle sind glücklich damit. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Ich kann das verstehen, weiß nur nicht, ob sich die Intimität der Segenszusage Gottes für eine Liebesbeziehung für einen politisch demonstrativen Akt eignet.»

Segnungen homosexueller Paare würden vielfach schon in katholischen Gemeinden praktiziert, sie seien nichts Ungewöhnliches, sagte Sternberg. Die Frage sei, ob sie für eine politische Manifestation geeignet seien. Ähnlich hatte sich zuvor schon der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, geäußert.

Einer der Initiatoren, Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm, widersprach dem. Natürlich dürften Gottesdienste nicht instrumentalisiert werden. «Andererseits ist jeder Gottesdienst politisch», sagte Mönkebüscher der Deutschen Presse-Agentur. «Jetzt in diesem Zusammenhang finde ich, dass die Gottesdienste ein Schulterschluss sind mit all denjenigen, die sich von diesem Nein aus Rom verletzt fühlen.»

Im März hatte die Glaubenskongregation des Vatikans klargestellt, dass es «nicht erlaubt» sei, homosexuelle Partnerschaften zu segnen, da solche Verbindungen «nicht als objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden» könnten. Im deutschsprachigen Raum protestierten zahlreiche katholische Verbände und über 280 Theologieprofessoren dagegen.

Unterstützt wird das Segnungsverbot für homosexuelle Paare unter anderem von dem konservativen Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Das Erzbistum Köln hat Gespräche mit Priestern angekündigt, die sich über das Verbot hinwegsetzen. Woelkis Einstellung wirkt in den Augen vieler Gläubigen besonders bizarr, weil er seit Wochen damit beschäftigt ist, die Beförderung eines Pfarrers zu rechtfertigen, der zuvor Sex mit einem 17 Jahre alten Prostituierten zugegeben hatte. Mittlerweile ist der Pfarrer nach dem Bekanntwerden weiterer Vorwürfe beurlaubt. Der Kölner Katholikenausschuss zeigte sich «fassungslos».

Pfarrer Ulrich Hinzen, der in Köln einen Segnungsgottesdienst in der Gemeinde Christi Auferstehung zelebrierte, sagte, er rechne mit einer Reaktion des Erzbistums. «Dem werde ich mich stellen. Ich habe vor einem solchen Gespräch keine Angst und befürchte auch keine Sanktionen.» Er stehe zu jeder Aussage seiner Predigt.

Hinzen hatte unter anderem gesagt, dass Sexualität eine «kostbare Gabe der vielfältigen Schöpfung Gottes» sei. «Unsere Kirche wird sich kritisch fragen lassen, ob die rigide kirchliche Sexualmoral nicht auch zur sexuellen Unreife einiger Priester beigetragen hat, die Kinder und junge Menschen missbrauchten.» Die Sexualmoral unterliege zeitbedingten Veränderungen, denen sich auch die Kirche nicht einfach entziehen könne. «Eine Kirche, die glaubt, sie könne den göttlichen Segen in eine bestimmte Richtung kanalisieren, handelt gegen das Liebesgebot», sagte Hinzen.

Die Akte des Ungehorsams gehen schon am nächsten Montag weiter: Für den 17. Mai - den Tag der Apostelin Junia - ruft die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands zum bundesweiten Predigerinnentag auf. Zwölf Frauen predigen dann in katholischen Messen, was sie offiziell nicht dürfen. Eine von ihnen, Ulrike Fendrich aus Essen, sagte: «Frauen sind zur Verkündigung berufen. Es steht niemandem zu, ihnen diese Berufung abzusprechen, nur weil sie Frauen sind.»

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