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Nach Protesten

China plant Eingriff in Hongkong

  • Veröffentlicht: 28.05.2020
  • 13:41 Uhr
  • dpa
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Kritiker fürchten das Ende der Autonomie. Nach den Demonstrationen in Hongkong zieht Chinas kommunistische Führung die Zügel enger. Viele Hongkonger sehen ihre Freiheiten in Gefahr - folgen jetzt Sanktionen?

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Trotz massiver internationaler Kritik und Drohungen der USA mit Sanktionen hat Chinas Volkskongress die Pläne für ein neues Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt. Zum Abschluss ihrer Jahrestagung beauftragten die Abgeordneten am Donnerstag den Ständigen Ausschuss des Parlaments, das sogenannte Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Chinas Sonderverwaltungsregion zu erlassen. In Hongkong gibt es seit Monaten Proteste gegen den Einfluss aus Peking.

Das Gesetz umgeht Hongkongs Parlament und richtet sich gegen Aktivitäten, die als subversiv oder separatistisch angesehen werden. Das Vorhaben wäre der bisher weitgehendste Eingriff in die Autonomie der früheren britischen Kronkolonie. Hongkong wird seit der Rückgabe an China 1997 nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenständiges Territorium regiert.

Die Pläne stoßen international auf starke Kritik. Die Bundesregierung hat sich sehr besorgt geäußert. Die USA erwägen sogar Sanktionen. US-Außenminister Mike Pompeo sagte, man halte die Sondervorteile für Hongkong wegen der zunehmenden Einmischung Chinas in der eigentlich autonomen Metropole nicht mehr für gerechtfertigt. Für Hongkongs Firmen und Bürger steht dabei viel auf dem Spiel - von höheren Zöllen bis zur Visa-Vergabe für Reisen in die USA. Auch die Bedeutung des auch für China wichtigen Finanzstandorts könnte in Gefahr geraten.

Das Gesetz wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. Zur Durchsetzung sollen "wenn nötig" sogar chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong eingesetzt werden. Die prodemokratischen Kräfte fürchten, dass sie zum Ziel des Gesetzes werden. Die asiatische Wirtschaftsmetropole erlebt seit vergangenen Sommer Woche für Woche Demonstrationen gegen die von Peking eingesetzte Regierung, Polizeibrutalität bei den Protesten und den wachsenden Einfluss der kommunistische Führung.

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang verteidigte die Pläne. Nach Ende der Jahrestagung sagte der Premier am Donnerstag vor der Presse, das Gesetz diene der "beständigen Umsetzung" des Grundsatzes "ein Land, zwei Systeme". Es werde "langfristig Stabilität und Wohlstand" in Hongkong sichern. Seine Äußerungen fielen allerdings auffällig kurz und vage aus.

Das geplante Gesetz werde der chinesischen Regierung "weit größere Zugriffsmöglichkeiten auf Menschen und Organisationen in Hongkong erlauben", warnte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin. Es gebe die "berechtigte Angst", dass Meinungs- und Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft sowie internationaler Austausch massiv eingeschränkt werden.

Die rund 2900 Abgeordneten in der Großen Halles des Volkes billigten auch den Haushalt mit einer starken Steigerung des Militäretats um 6,6 Prozent. Um die Wirtschaft in der Corona-Krise anzukurbeln, sind höhere Staatsausgaben, neue Anleihen sowie eine Senkung von Steuern und Abgaben geplant. Dafür soll das Haushaltsdefizit über die kritische Marke von drei Prozent auf mehr als 3,6 Prozent steigen. Das nicht frei gewählte chinesische Parlament hat in seiner Geschichte noch nie eine Vorlage abgelehnt.

Ministerpräsident Li Keqiang sagte, China habe bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen noch Spielraum. "Wir sind in einer starken Position, um neue Maßnahmen einzuführen." Ein Konjunkturprogramm aus der Gießkanne lehnte er ab. "Wir werden China nicht mit Liquidität überfluten."

Aus Angst vor einem allzu großen Anstieg der Schulden und wegen der anhaltenden Ungewissheiten fallen die Maßnahmen zur Ankurbelung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft nach Einschätzung von Experten geringer aus als nach der globalen Finanzkrise 2008. Erstmals seit fast zwei Jahrzehnten verzichtet die Regierung auf eine Zielvorgabe für die Wirtschaft. Das Wachstum war im ersten Quartal um 6,8 Prozent eingebrochen. Im Vorjahr lag es noch bei 6,1 Prozent.

Wegen des Ausbruchs des Coronavirus hatte die Jahrestagung im März verschoben werden müssen - erstmals in der jüngeren Geschichte der Volksrepublik. Die rund 2900 Abgeordneten wurden mindestens zweimal auf Sars-CoV-2 getestet. Zudem wurde die Tagung auf eine Woche verkürzt.

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