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Reform der Sozialsicherung: Vorstoß des Grünen-Politikers

Habeck: "Garantiesicherung" ohne Arbeitszwang statt Hartz IV

  • Veröffentlicht: 14.11.2018
  • 18:27 Uhr
  • dpa
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© Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/ZB

Es ist ein Reizthema für Millionen Bundesbürger - auch lange nach der Einführung: Was wird aus Hartz IV? Die SPD ringt mit sich und sucht neue Wege. Von den Grünen kommt nun ein Vorstoß.

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Grünen-Chef Robert Habeck schlägt in der Debatte um die Zukunft des umstrittenen Hartz-IV-Systems eine grundlegend neue "Garantiesicherung" vor. Ein Zwang zur Arbeitsaufnahme und Sanktionen entfallen dabei, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Papier hervorgeht, über das zuerst "Zeit Online" berichtete. Damit gelte es, das "Hartz-IV-System hinter uns zu lassen".

Im Gegensatz zu Ideen für ein bedingungsloses Grundeinkommen solle es aber bei einer Prüfung der Bedürftigkeit bleiben. Der Vorstoß solle nun in die Diskussion über ein neues Grundsatzprogramm der Grünen einfließen. Aus SPD und FDP kamen erste eher kritische Reaktionen.

Falsche Auffassung, dass Arbeitslosigkeit ein individuelles Problem ist

Habeck betont in dem Papier angesichts von Digitalisierung und Globalisierung: "Die Zeit und die politische Debatte sind über Hartz IV hinweg gegangen." Dem System liege die falsche Auffassung zugrunde, "dass Arbeitslosigkeit ein individuelles Problem ist". Mit der neuen Sicherung sollten Menschen nicht mehr gezwungen werden, Termine im Jobcenter zu machen oder Arbeit zu suchen. Beratung und Weiterbildung sollten freiwillig sein.

Weiter nötig sein sollten ein Antrag und der Nachweis der Bedürftigkeit. Ohne Zwang zur Arbeitsaufnahme entfalle aber "das wesentliche Element von Hartz IV, die Gängelung".

Das System der Schröder-SPD soll "hinter sich gelassen" werden

Derzeit bekommen rund sechs Millionen Menschen Sozialleistungen nach dem Hartz-IV-System, das die damalige rot-grüne Regierung von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) 2005 im Zuge einer Arbeitsmarktreform eingeführt hatte. Auch SPD-Chefin Andrea Nahles hatte am Wochenende eine "Sozialstaatsreform 2025" vorgeschlagen, die Hartz IV hinter sich lassen müsse. Ihre Partei wolle eine neue Grundsicherung schaffen.

Habeck schlägt in seinem Papier weitere Änderungen vor, etwa für mehr Zuverdienstmöglichkeiten. Eine Anrechnung von Vermögen auf Hartz IV solle überhaupt nur noch geprüft werden, wenn dieses 100.000 Euro pro Person übersteige. Je nach Ausgestaltung der neuen Sicherung dürften mindestens vier Millionen zusätzliche Haushalte Ansprüche erhalten.

Gegenfinanzierung durch gerechtere Verteilung der Wohlstandsgewinne

Insgesamt sei grob geschätzt mit Kosten von 30 Milliarden Euro zu rechnen. Dies sei viel Geld, entspreche aber nur einem Prozent der Wirtschaftsleistung. "Die Gegenfinanzierung muss aus einer gerechteren Verteilung der Wohlstandsgewinne dieses Landes erfolgen." Auszahlen solle die neue Sicherung "eine eigenständige Behörde".

SPD-Vize Ralf Stegner sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag), jeder, der arbeiten könne, müsse gefälligst auch arbeiten. "Insofern halte ich eine solche Garantiesicherung für falsch." Richtig sei, dass jeder Bürger ein gewisses Existenzminimum bekommen solle, das nicht heruntergekürzt werden dürfe.

Gemeinsamkeit: SPD und FDP wollen bei alten Grundsätzen bleiben

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, sagte dem RND, die Grünen wollten wohl vor allem mehr Geld ausgeben und sich vom Grundsatz "Fördern und Fordern" verabschieden. "Das ist der falsche Weg." Sinnvoll sei, Regeln einfacher zu gestalten, Sozialleistungen zusammenzufassen und vor allem die Zuverdienstregeln zu verbessern.

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