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"Nicht so verwunderlich"

Merkel zeigt Verständnis für Frust vieler Ostdeutscher

  • Veröffentlicht: 23.01.2019
  • 17:35 Uhr
  • dpa
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© (c) AP

In Ostdeutschland schlägt Angela Merkel häufig besonders stark die Wut vieler Bürger entgegen. Sie zeigt aber Verständnis für deren Unzufriedenheit.

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Kanzlerin Angela Merkel kann die Unzufriedenheit vieler Menschen in Ostdeutschland nachvollziehen. «Ich finde es nicht so verwunderlich, dass es in Ostdeutschland Frustrationen gibt», sagte Merkel (CDU) der Wochenzeitung «Die Zeit» (Donnerstag). Sie tue sich aber schwer, zu sagen, das Land sei so gespalten wie nie zuvor. «Das Land war vielleicht nie so versöhnt, wie man dachte», sagte sie. Mit Blick auf die im Herbst anstehenden drei Landtagswahlen in Ostdeutschland, wo Erfolge der rechtspopulistischen AfD erwartet werden, sprach Merkel von einer großen politischen Herausforderung.

In Ostdeutschland gebe es noch große strukturelle Probleme, sagte Merkel. «Hoffnungen, die Angleichung werde schnell gehen, sind in einigen Bereichen zerstoben.» So seien die Erbschaften und auch die Steuereinnahmen geringer, die Menschen könnten zu wenig Vermögen aufbauen. «Deshalb fragen die Leute jetzt: Wie lange soll es denn noch dauern?» Merkel bezeichnete es als herausragende Aufgabe der Politik, gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen.

In sehr vielen Bereichen seien Ostdeutsche unterrepräsentiert, fügte die Kanzlerin hinzu. Viele Ostdeutsche hätten lange akzeptiert, weniger als Westdeutsche zu verdienen. «Man hat immer darauf gesetzt, dass sich das eines Tages angleicht. Aber wenn man heute noch immer die erheblichen Lohnunterschiede zwischen Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt sieht, dann ärgert das viele.» Für diejenigen, die sich in die neue Welt nicht hätten einbringen können, sei es nun umso bitterer, zu spüren, «dass sich viele für das, was sie in der DDR geleistet haben, oft nicht so interessiert haben».

Merkel: "Parität erscheint mir logisch"

Dass sich die Wut vieler Ostdeutscher an ihr als Person entzünde, finde sie nicht paradox. Das habe schon mit der Euro- und Finanzkrise begonnen und sich durch die vielen Flüchtlinge, die nach Deutschland gekommen seien, noch einmal verstärkt, sagte Merkel. Es habe sie nicht verwundert, «dass sich viele Menschen in den neuen Ländern mit einer solchen Entscheidung noch etwas schwerer taten als die in den alten Ländern». Es habe in der DDR zu wenig Erfahrung mit anderen Kulturen gegeben.

In diesem Jahr wird in drei ostdeutschen Ländern gewählt, in Brandenburg und Sachsen am 1. September, in Thüringen am 27. Oktober. Die AfD hofft dort auf Ergebnisse von mehr als 20 Prozent.

Merkel sprach sich in der «Zeit» auch dafür aus, mehr für die Gleichberechtigung der Frauen zu tun. «Parität in allen Bereichen erscheint mir einfach logisch.» Es gebe Gebiete, auf denen Frauen es schwerer hätten, «weil sie dort erst einmal neue Muster prägen müssen». In der DDR sei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zwar sehr viel selbstverständlicher als im Westen gewesen. Aber wenn man hinter die Kulissen geschaut habe, sei schnell klar geworden, dass die Erziehungs- und Hausarbeit sehr stark an den Frauen hängen geblieben sei. «Kombinatsdirektoren und Politbüro-Mitglieder waren eben Männer, und das waren natürlich auch die prägenden Rollenmodelle. Da war die DDR nicht vorbildlich, finde ich.»

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