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Flüchtlingskrise

Seehofer kündigt "tiefgreifende Reform" des Bamf an

  • Veröffentlicht: 08.06.2018
  • 17:19 Uhr
  • dpa
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© (c) dpa-Zentralbild

Es ist kein Geheimnis, dass das Bamf während der Flüchtlingskrise völlig überlastet war. Und dass es bis heute vielerorts knirscht. «Solche Mängel sind wohl überall», sagt der Innenminister - und kündigt Konsequenzen an.

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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) neu organisieren. «Ich werde eine tiefgreifende Reform des Bamf durchführen, in der Organisation, in den Verfahren», kündigte Seehofer am Freitag am Rande eines Treffens der Innenminister der Länder im sachsen-anhaltischen Quedlinburg an. Er zieht damit Konsequenzen aus der Affäre um unrechtmäßige Asylbescheide der Bremer Außenstelle, aber auch aus Klagen über organisatorische Missstände insgesamt. Details nannte Seehofer zunächst aber nicht.

Der Innenausschuss der Bundestages hörte am Freitag die früheren Behördenleiter Manfred Schmidt und Frank-Jürgen Weise sowie erneut Bamf-Präsidentin Jutta Cordt. Der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, berichtete, wie überfordert und verunsichert die Mitarbeiter der Behörde auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise waren. Bis heute klagen Mitarbeiter über Arbeitsabläufe und Überlastung.

Der Personalrat habe bei der Ausschusssitzung deutlich gemacht: «Solche Mängel sind wohl überall», sagte Seehofer in Quedlinburg. Dies gelte allerdings nicht für «diese vorsätzlichen Rechtsbrüche». In der Bremer Außenstelle des Bamf sollen mindestens 1200 Menschen Asyl erhalten haben, obwohl es keine rechtliche Grundlage dafür gab.

Die Behörde sei in den vergangenen Jahren überlastet gewesen, was man aber nicht den Mitarbeitern anlasten könne, sagte Seehofer. Kernproblem sei die schlechte personelle Ausstattung gewesen. Er bekräftigte, dass er sich für die dauerhafte Einstellung von Bamf-Mitarbeitern mit befristeten Verträgen einsetzen will.

Nur FDP und AfD fordern Untersuchung

Die Unregelmäßigkeiten beim Bamf bringen auch die Bundesregierung weiter unter Druck. «Es ist schwer vorstellbar, dass Kanzleramt und Innenministerium davon nichts gewusst haben», sagte die Grünen-Innenpolitikerin Luise Amtsberg am Rande der zweiten Sondersitzung des Innenausschusses in Berlin. Auch die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist nicht vom Tisch.

Auch Weise macht für die Missstände in der Behörde während der Flüchtlingskrise die Bundesregierung mit verantwortlich. Das Ansteigen der Flüchtlingszahlen sei zu spät bemerkt worden, da es kein Controlling gegeben habe, argumentierte er. Weise hatte die Leitung des Bamf im Herbst 2015 auf Bitten der Regierung vorübergehend übernommen.

Die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), schloss einen Untersuchungsausschuss nicht aus, wenn am Ende der Anhörungen noch Fragen offen blieben. Sie sprach sich aber dafür aus, die strafrechtlich relevanten Vorfälle in Bremen und strukturelle Mängel des Bamf insgesamt zu unterscheiden.

Bisher fordern nur FDP und AfD einen Untersuchungsausschuss, ihre Stimmen allein reichen dafür aber nicht aus. FDP-Innenexperte Stephan Thomae verwies auf eine aktuelle Umfrage, wonach die Mehrheit der Wähler für ein solches Gremium ist. Dem ZDF-Politbarometer zufolge unterstützen 64 Prozent der Befragten die Forderung nach einem U-Ausschuss. 28 Prozent sind der Meinung, die Aufarbeitung der Vorgänge solle ausschließlich im Innenausschuss erfolgen.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte das Bundesamt. «Das Bamf konnte ja mit der Entwicklung seit 2015 nur überfordert sein», sagte Schäuble der «taz» (Samstag). Er finde die aktuelle Debatte sehr unglücklich. 2015 sei unbestritten etwas aus der Balance geraten. «Aber inzwischen sind die Zahlen der Neuankömmlinge viel niedriger, die Koalition hat Instrumente für schnelle Entscheidungen und Rückführungen beschlossen. Und überraschend viele Flüchtlinge haben eine Arbeit.

Um die Asylaffäre in Bremen zu durchleuchten, stellt die Bremer Polizei derzeit eine gemeinsame Ermittlungsgruppe der Zentralen Antikorruptionsstelle des Innenressorts und des Landeskriminalamts mit Unterstützung der Bundespolizei zusammen. «Die Suche nach Personal und Räumen läuft auf Hochtouren», sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Laut «Spiegel» soll die Gruppe mit dem Namen «Antrag» etwa 50 Beamte umfassen. Demnach sollen die Ermittler gegen die frühere Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle, mehrere Anwälte, einen Dolmetscher und auch gegen Flüchtlinge ermitteln.

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