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Trotz Corona-Krise

China will "mehr als sechs Prozent" wachsen

  • Veröffentlicht: 05.03.2021
  • 08:23 Uhr
  • dpa
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Vor dem Volkskongress legt Premier Li Keqiang die Zukunftsstrategie Chinas vor: Robustes Wachstum, höhere Verschuldung, mehr Innovation und vor allem weniger Abhängigkeit vom Rest der Welt.

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Trotz der globalen Rezession durch die Corona-Pandemie will China in diesem Jahr ein starkes Wirtschaftswachstum von «mehr als sechs Prozent» erreichen. Um unabhängiger vom Ausland zu werden, unterstrich Regierungschef Li Keqiang am Freitag zur Eröffnung der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking, dass der Entwicklung der heimischen Wirtschaft «Vorrang gegeben» werden müsse. Auch solle die eigene Innovation viel stärker als früher gefördert werden, um die technologischen Abhängigkeiten zu verringern.

Im Mittelpunkt der Plenarsitzung des chinesischen Parlaments stehen die Wirtschaftsziele und der Haushalt für dieses Jahr, der neue Fünf-Jahres-Plan von 2021 bis 2025 sowie eine umstrittene Wahlreform für Hongkong. Damit will Peking die ohnehin begrenzte Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion noch weiter beschneiden. Die Sitzung der knapp 3000 Delegierten ist in diesem Jahr kürzer als sonst und wird nur bis nächsten Donnerstag dauern.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Spannungen mit den USA, Indien, Taiwan und im umstrittenen Südchinesischen Meer wird China seine Militärausgaben in diesem Jahr um 6,8 Prozent steigern. Damit wachsen die Ausgaben für das Militär wieder schneller als der Gesamthaushalt. Im Vorjahr hatte die Steigerung trotz der Corona-Krise auch schon 6,6 Prozent ausgemacht. «Die strategischen Fähigkeiten des Militärs, die Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen unseres Landes zu schützen, werden ausgebaut», sagte Premier Li Keqiang in seiner Rede.

Als wichtiger Teil der «großen Erneuerung» des Landes treibt Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die Modernisierung der Streitkräfte massiv voran. «Das beinhaltet, ein Führer in der Welt hinsichtlich internationalem Einfluss zu sein und ein erstklassiges Militär zu haben, das Kriege kämpfen und gewinnen kann», sagte die Expertin Helena Legarda vom China-Institut Merics in Berlin.

Das Wachstumsziel von mehr als sechs Prozent für die zweitgrößte Volkswirtschaft war eine Überraschung. Im Vorjahr hatte der Premier wegen der Unsicherheiten durch die Pandemie noch davon abgesehen, wie üblich eine solche Vorgabe zu machen. 2020 waren trotz des Einbruchs der Wirtschaft besonders zum Jahresbeginn aber noch 2,3 Prozent Wachstum erreicht worden. Während die Welt eine Rezession erlebt, war China die einzige große Volkswirtschaft, die Wachstum verzeichnete.

Mit einem massiven Konjunkturprogramm hat Peking auf die Krise reagiert. So erwartet der Internationale Währungsfonds in diesem Jahr in China sogar 8,1 Prozent Wachstum. Wegen der laufenden Milliardenausgaben kündigte der Premier an, dass der Anteil des Haushaltsdefizit an der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr mit 3,2 Prozent doch wieder über der als kritisch geltenden Marke von drei Prozent liegen wird. Im Vorjahr waren es 3,6 Prozent.

Eine wichtige Neuausrichtung ist das Konzept der «zwei Kreisläufe», mit der die wirtschaftliche Inlandszirkulation gefördert werden soll. Damit will sich China wegen der Sanktionen der USA und der globalen Krise selbstständiger machen. Im Rahmen des Fünf-Jahres-Plans solle die Strategie verfolgt werden, «die Binnennachfrage auszubauen, die strukturellen Reformen auf der Angebotsseite zu intensivieren und mit innovationsgetriebener Entwicklung und qualitativ hochwertigen Angeboten neue Nachfrage zu generieren», sagte Li Keqiang.

China setzt weiter auf Innovation

Innovation bleibe das Herzstück der Modernisierungsoffensive. «Wir werden unsere Wissenschaft und Technologie stärken, um die Entwicklung Chinas strategisch zu unterstützen», gab Li Keqiang in seinem einstündigen Bericht vor. Auch die Digitalisierung des Landes solle weiter beschleunigt werden. Man werde «schneller daran arbeiten, eine digitale Gesellschaft, eine digitale Regierung und ein gesundes digitales Ökosystem zu entwickeln».

«Chinas Regierung ist sehr bemüht, Schocks für heimische Firmen durch die globalen Lieferketten zu vermeiden», sagte der Vorsitzende der europäischen Handelskammer in China, Jörg Wuttke, im chinesischen Staatsfernsehen zu der neuen Politik. «Gleichzeitig hoffe ich, dass das nicht bedeutet, dass China der Welt den Rücken kehren wird.»

Wegen der Pandemie hatte die Plenarsitzung im Vorjahr auf Mai verschoben werden müssen. Dass sie wie gewohnt wieder im März stattfindet, demonstriert die Normalisierung in China. Die Abgeordneten in der Große Halle des Volkes sind alle geimpft und trugen Mund- und Nasenschutz, während lediglich die Mitglieder der obersten Führung auf dem Podium ohne Maske auftraten. Das bevölkerungsreichste Land hat das Virus mit Ausgangssperren und Massentest für Millionen sowie Kontaktverfolgung, Quarantäne und strikten Einreisebeschränkungen weitgehend in den Griff bekommen.

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