Nur fünf Opfer identifiziert
Brände auf Hawaii: Mindestens 110 Tote - Suche nach Opfern dauert weiter an
- Aktualisiert: 17.08.2023
- 14:07 Uhr
- Emre Bölükbasi
Eine gute Woche nach Ausbruch der Feuer ist die Zahl der Todesopfer bei den Waldbränden auf Hawaii auf mindestens 110 gestiegen. Der Gouverneur des US-Bundesstaates warnt vor noch erheblich höheren Opferzahlen.
Das Wichtigste in Kürze
Mindestens 110 Menschen kamen bei der Feuerkatastrophe auf Hawaii bislang ums Leben, doch die Zahl der Opfer kann laut dem Gouverneur weiter steigen.
Am Sonntag (13. August) meldeten Behörden, dass immer größere Teile der Feuer inzwischen unter Kontrolle seien.
Immer lauter wird allerdings auch die Kritik an den Behörden.
Bei den verheerenden Waldbränden auf der Insel Maui im US-Bundesstaat Hawaii ist die Zahl der Toten auf mindestens 110 gestiegen, wie Gouverneur Josh Green am Mittwoch (16. August) mitteilte. Inzwischen hätten Einsatzteams rund 38 Prozent der Brandzone abgesucht, heißt es weiter. In einem Interview mit dem US-Sender CNN sprach Green von mehr als 1.000 vermissten Personen. Demnach dürfte die Zahl der Opfer wohl noch erheblich steigen.
Nach Behördenangaben sind etwa 40 Leichenspürhunde im Einsatz. Die Suche werde erschwert, da die Tiere durch schwelende Schuttreste laufen müssten, so die Chefin der nationalen Katastrophenschutz-Behörde Fema, Deanne Criswell. Hunderte Helfer seien vor Ort und weiteres Personal auf dem Weg.
Nur wenige Opfer identifiziert
Bis Dienstag (15. August) waren nur fünf der Opfer identifiziert worden, so die Angaben des Bezirks Maui auf seiner Internetseite. Die Angehörigen von Vermissten wurden aufgerufen, DNA-Proben zur Identifizierung der Verstorbenen abzugeben.
"Wir sprechen den Familien, die allmählich Nachrichten über ihre Angehörigen erhalten, unser tiefstes Beileid aus", sagte Bürgermeister Richard Bissen.
Nach den schweren Bränden hatte sich die Lage zuletzt entspannt. Inzwischen seien immer mehr Feuer unter Kontrolle, teilte der Bezirk Maui mit. Gouverneur Green hatte zuvor von der "größten Naturkatastrophe", in der Geschichte Hawaiis gesprochen.
Lahaina war von den Feuern schwer betroffen, zahlreiche Straßenzüge gleichen nun einem Kriegsgebiet. Für Hunderte Betroffene wurden in Schulen und Krankenhäusern Notunterbringungen eingerichtet.
Mehr als 2.000 Gebäude sollen außerdem Opfer der Flammen geworden sein. Damit seien die Feuer laut US-Medien die schlimmsten Waldbrände in der Geschichte der USA seit mindestens 100 Jahren. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass der Aufbau Mauis mehr als 5,5 Milliarden US-Dollar (etwa fünf Milliarden Euro) kosten werde.
Auf Maui und der Nachbarinsel Hawaii waren am Dienstag (8. August) mehrere Feuer ausgebrochen, die sich wegen starker Winde mit Geschwindigkeiten von bis zu 130 Kilometern pro Stunde schnell ausgebreitet hatten. Die Winde flauten allmählich ab, am Freitag (11. August) hatten die Bewohner:innen der besonders betroffenen Kleinstadt Lahaina im Westen von Maui in ihr Zuhause zurückkehren können, um die Schäden in Augenschein zu nehmen.
Kritik an Behörden: Wurde nicht gewarnt?
Inzwischen wird aber auch die Kritik an den Behörden lauter: Auf Maui habe es zu Beginn keinen Einsatz von Warnsirenen gegeben, so der Vorwurf. Diese würden ansonsten aber auch hauptsächlich für Tsunami-Warnungen benutzt, wie der Leiter der Katastrophenbehörde auf Maui, Herman Andaya, am Mittwoch vor Reporter:innen erklärte. Dass die Sirenen bei Ausbruch der Feuer nicht aktiviert wurden, bedauere er nicht. Denn Anwohner:innen hätten dies möglicherweise als Tsunami-Warnung verstanden und wären in höher liegende Gebiete geflüchtet, wo die Flammen besonders heftig wüteten, so Andaya.
Zusätzlich seien die Rettungsarbeiten dadurch erschwert worden, dass Lahaina im Norden und Süden jeweils nur über eine große Zufahrtsstraße erreichbar sei. Obendrein soll der zuständige Energieversorger die Stromversorgung nicht rechtzeitig gekappt haben, dadurch seien weitere Brände durch herabfallende Brände verursacht worden.
"Niemand hatte eine Ahnung, was los war", beschreibt die Überlebende Emilie Jorns-Frisque die Lage beim Ausbruch der Feuer gegenüber dem US-Sender CNN. Sie habe keine Warnsirenen gehört. Warnungen per SMS habe sie nicht empfangen können, da es auf weiten Teilen der Insel kein Netz gegeben habe.
Größere Naturkatastrophe als der Tsunami 1980 auf Hawaii
Nach einem Rundgang durch Hawaii sprach Green von der "wahrscheinlich größten Naturkatastrophe" in der Geschichte des Urlauberparadieses. Der Gouverneur stellte eine düstere Prognose auf: Der Sachschaden werde in Milliardenhöhe liegen, der Wiederaufbau werde Jahre dauern. Etwa 80 Prozent des zuvor malerischen Touristenziels Lahaina im Bezirk Maui sei zerstört.
Deutscher Inselbewohner: "Alles komplett weg"
Der deutsche Wahl-Hawaiianer Anatol Eisele berichtete von einer verheerenden Lage vor Ort. "Lahaina ist nicht mehr da", sagte der 50-Jährige laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er sei 30 Jahren auf Hawaii, nun sei sein Restaurant komplett zerstört. "Alles komplett weg", so Eisele.
"Wir haben über 100 Jahre alte Bäume, die sind einfach umgepurzelt wie Zahnstocher", schilderte der Deutsche die heftigen Winde vom Dienstag (8. August). Wegen des Sturms habe er zunächst ausgeharrt. "Und plötzlich haben wir lautes Knallen von explodierenden Autos gehört und schwarzen Rauch gesehen."
Die heftigen Sturmböen hätten das Dach seines Restaurants weggeblasen. Mit einigen Mitarbeitern sei er "gerade noch so zum Schluss" rausgekommen und ins Auto gesprungen. Lahaina sei wie von einer "Feuerbombe" getroffen.
Gouverneur Green: "Schreckliche Katastrophe"
Der Hawaii-Gouverneur Green bezeichnete die lodernden Brände am Donnerstag (10. August) als eine "schreckliche Katastrophe". "Dank des heldenhaften Einsatzes der Ersthelfer" seien viele Todesopfer verhindert worden, schrieb er auf der Online-Plattform X, früher bekannt als Twitter.
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US-Präsident Joe Biden hatte indes den Angehörigen der Opfer sein "tiefstes Beileid" ausgesprochen. "Unsere Gebete gelten denen, deren Häuser, Geschäfte und Gemeinden zerstört werden", teilte er auf X mit. Dem Bundesstaat Hawaii sagte er Hilfe zu. Die Nationalgarde und die Marine stünden den Einsatzteams zur Seite. Das Verkehrsministerium werde dabei helfen, Urlauber:innen von Maui auszufliegen, hieß es in einer Mitteilung.
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Mauis Bürgermeister Bissen hatte zuvor von einem "zutiefst düsteren Tag" für die Insel gesprochen. Der Bezirk ist von den Bränden am stärksten betroffen. Die stellvertretende Gouverneurin des US-Bundesstaats, Sylvia Luke, warnte vor Reisen nach Hawaii: "Dies ist kein sicherer Ort." Maui rief inzwischen Reisende dazu auf, die Insel so schnell wie möglich zu verlassen.
Hurrikan Dora mitverantwortlich für Brände
Als mitverantwortlich für die Brände galt der Hurrikan Dora. Dieser zog südlich der Inseln des US-Bundesstaats vorbei. Auch Gouverneur Green hob die Rolle von "sehr starken Winden in der Region und zugrunde liegenden Dürrebedingungen" bei den schweren Waldbränden hervor. "Die Tatsache, dass wir in mehreren Gebieten Waldbrände haben, die indirekt auf einen Hurrikan zurückzuführen sind, ist beispiellos. Das ist etwas, was die Bewohner von Hawaii und der Staat noch nicht erlebt haben", erklärte die stellvertretende Gouverneurin Luke.
Zuvor hatte der US-Sender CBS am Dienstag von apokalyptischen Szenen auf Hawaii berichtet. Demnach mussten zahlreiche Menschen ins Meer springen, um sich vor den Flammen zu retten. Die Küstenwache soll CBS News mitgeteilt haben, sie habe in der Stadt Lahaina ein Dutzend Menschen gerettet, die sich ins Wasser geflüchtet hätten.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa