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Einsatzkräfte fassungslos

Kitesurfer und Kanuten in den Flutgebieten: Hochwassertouristen lassen Helfer verzweifeln

  • Veröffentlicht: 08.01.2024
  • 10:44 Uhr
  • Joachim Vonderthann
Einsatzkräfte der Wasserrettung der Feuerwehr Hannover fahren über eine überflutete Straße zwischen Hannover und Hemmingen.
Einsatzkräfte der Wasserrettung der Feuerwehr Hannover fahren über eine überflutete Straße zwischen Hannover und Hemmingen.© Julian Stratenschulte/dpa

Die Hochwasserlage in vielen Regionen Deutschlands ist schlimm genug. Doch die Einsatzkräfte haben zusätzlichen Ärger mit unvernünftigen Zeitgenoss:innen. 

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Das Wichtigste in Kürze

  • Mitten in den Flutgebieten sorgen Kanufahrer:innen oder Schwimmer:innen für Ärger.

  • Die Einsatzkräfte sind fassungslos über das fahrlässige Verhalten mancher Hochwassertourist:innen.

  • Die Flut-Gaffer:innen halten die Helfer:innen von ihrer eigentlich Arbeit ab.

In der aktuellen Hochwasserlage sind die Rettungskräfte rund um die Uhr im Einsatz. Allerdings nicht nur, um Deiche zu sichern oder Altenheime zu evakuieren. Es kommt immer wieder vor, dass Menschen sich trotz der Gefahren ins Hochwasser begeben, um beispielsweise Kanu zu fahren, Kitesurfen zu betreiben oder sogar zu schwimmen. Dieter Rohrberg, Landesbranddirektor von Niedersachsen, warnt eindringlich vor diesem unvernünftigen Verhalten: "Das ist nicht nur fahrlässig und lebensgefährlich, sondern bindet auch Einsatzkräfte, die an anderen Stellen dringender gebraucht werden."

Flut-Helfer:innen sind fassungslos

Ein besonders erschreckender Vorfall ereignete sich im Hochwassergebiet von Hannover, als die Feuerwehr zu einer Rettungsaktion für einen Schwimmer ausrückte. Eine Frau hatte gemeldet, dass jemand von der Strömung abgetrieben worden sei. Während der Suche mit 85 Einsatzkräften meldeten Zeug:innen, dass sie einen Schwimmer in Neoprenanzug und Badekappe gesehen hatten. Dieser sei aus dem Wasser gestiegen und mit dem Fahrrad davongefahren. Jörg Rühle, Sprecher der Feuerwehr Hannover, betont: "Das ist natürlich lebensgefährlich." Die Behörde warnt seit Beginn des Hochwassers unermüdlich davor, sich in die Hochwassergebiete zu begeben.

Nach zwei vermissten Kanufahrer:innen suchte die Feuerwehr in Hannover intensiv. Drohnen und ein Schlauchboot kamen dabei zum Einsatz. Die Suche musste nach zwei Stunden erfolglos abgebrochen werden. Rühle betont: "Wir begeben uns dabei in Gefahr, in die wir sonst nicht gehen würden." Seit Beginn des Hochwassers hat es allein in Hannover mehrere Wasserrettungseinsätze gegeben.

Im Video: Hochwasser-Helfer:innen kommen an ihre Grenzen

Zwei Fahrradfahrer:innen im Alter von über 70 Jahren mussten gerettet werden. Sie hatten versucht, über gesperrte Straßen zu fahren, und wurden von der Strömung abgetrieben.

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Kitesurfer nutzen das Hochwasser aus

In der Region Hannover wurden sogar Kitesurfer:innen auf überfluteten Wiesen gesichtet. Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) warnt vor dieser lebensgefährlichen Aktivität, da die Kitesurfer:innen nicht wissen, welche Hindernisse vor ihnen auftauchen können.

Die Kosten für Rettungsaktionen aus den Fluten müssen oft von den leichtsinnigen Kanut:innen oder Radfahrer:innen selbst getragen werden. "Da gilt häufig das Verursacherprinzip", erklärt Landesbranddirektor Rohrberg. Die Kosten belaufen sich mindestens auf einen dreistelligen Betrag und können je nach Anzahl der Einsatzkräfte sogar vierstellig werden.

In den Hochwassergebieten von Niedersachsen behindern auch Schaulustige immer wieder die Arbeit der Rettungskräfte. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) appelliert eindringlich an alle Neugierigen, sich fernzuhalten und woanders spazieren zu gehen oder zu Hause zu bleiben. Es gab konkrete Vorfälle in Meppen und Celle, wo Schaulustige die Rettungskräfte behinderten.

Gaffer behindern die Einsatzkräfte

Beim Einsatz gegen das Hochwasser in Meppen Ende Dezember war der sogenannte "Hochwassertourismus" die größte Sorge der Helfer:innen. Viel Personal musste abgezogen werden, um die Menschen aus den Gefahrenbereichen zu bringen. Auch in Celle wurden die Rettungskräfte durch Gaffer:innen behindert.

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:newstime

Viele Menschen in Niedersachsen bangen derzeit um ihre Sicherheit und hoffen, dass die Deiche dem Wasser standhalten. Gleichzeitig gibt es jedoch Schaulustige, die trotz der Absperrungen die Deiche betreten und Fotos machen. Sie müssen mit hohen Bußgeldern rechnen. Die Stadt Oldenburg informiert, dass bei Verstößen Bußgelder von bis zu 5.000 Euro drohen. In den Landkreisen Verden und Osterholz werden 400 Euro fällig, wenn die Deiche trotz Verbots betreten werden. Die Polizei in Sachsen-Anhalt warnt eindringlich davor, die Deichanlagen zu betreten.

In Nabburg, Bayern, hatten die Rettungskräfte mit einem Kanuten zu tun, der trotz des Hochwassers auf der Naab paddelte. Er kenterte an Heiligabend, konnte sich jedoch selbst aus dem Fluss retten. Die Einsatzkräfte bargen sein Kanu weiter flussabwärts. In Sachsen-Anhalt wurden Schaulustige in Lostau am Silvestertag in einem nicht seetauglichen Kinderschlauchboot im Hochwassergebiet der Elbe angetroffen.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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