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Die wichtigsten Lehren aus dem Superwahltag

Die wichtigsten Lehren aus dem Superwahltag

  • Veröffentlicht: 27.05.2019
  • 14:38 Uhr
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© (c) AP

Volksparteien, die den Namen kaum noch verdient haben. Eine Erfolgspartei, die keine Volkspartei sein will. Ein rechtsruckelndes Europa, das sich neu sortieren muss. Und ein globales Thema als Wahlgewinner. All das hat zu einem denkwürdigen Wahltag beigetragen.

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In der Politik ist schnell dahergesagt, dass irgendetwas historisch ist. Dieser Wahltag hatte aber tatsächlich einiges zu bieten, das in diese Kategorie passt. Er hat nicht nur das Europaparlament kräftig durchgerüttelt, sondern in der Bundespolitik ein regelrechtes Beben ausgelöst.

Die GroKo schrumpft und schrumpft und schrumpft

Union und SPD fahren historische Minusrekorde ein. Zusammen kommen sie nur noch auf 44 Prozent. Bei einem solchen Ergebnis würde es nach einer Bundestagswahl nicht mehr für ein schwarz-rotes Bündnis reichen. Wenn überhaupt, könnte dann nur noch Schwarz-Grün als GroKo durchgehen.

Die GroKo läuft und läuft und läuft

Der Wahlausgang wird das Regieren in Berlin nicht leichter machen. Aber Union und SPD werden trotzdem erstmal weiter machen. Nächster Halt: die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen am 1. September. 

Andrea Nahles bekommt eine letzte Chance

Die SPD-Spitze gibt sich trotz des Wahldesasters Mühe, eine Personaldebatte zu unterbinden. Der einzige der sich nicht daran hält, ist zunächst der von der Parteivorsitzenden Andrea Nahles ausgebootete Ex-Außenminister Sigmar Gabriel. Die Parteilinke macht aber klar: Bis zum Parteitag im Dezember muss Nahles liefern.

Deutschland hat eine neue Volkspartei der Jugend

Bei den Wählern unter 30 sind die Grünen so stark wie Union, SPD und FDP zusammen. Selbst in der Altersklasse U-60 liegt die Partei noch knapp vorne. Union und SPD sehen dagegen ziemlich alt aus.

Rezo und "Fridays for Future" waren die erfolgreichsten Wahlkämpfer

Rezos YouTube-Video zur "Zerstörung der CDU" ist sicher nicht alleine für den Absturz der Unionsparteien verantwortlich. Sein Wahlkampfbeitrag ist aber zweifellos der, der die größte Aufmerksamkeit bekommen hat. Daneben haben die Schülerdemos «Fridays for Future» die Agenda dieser Wahl maßgeblich mitbestimmt.

And the Winner is: Klimaschutz

Sie haben mit dafür gesorgt, dass die Europawahl ein eindeutiges Topthema hatte: Für 48 Prozent der Wähler stand der Klimaschutz im Mittelpunkt. Grünen-Spitzenkandidat Sven Giegold gelangte am Montag deswegen zu dem Fazit: "Der Klimaschutz hat die Wahl gewonnen."

Die deutschen Großstädte sind so grün wie noch nie

In neun der zehn größten Städte Deutschlands sind die Grünen die Gewinner, allen voran Frankfurt am Main mit 32,9 Prozent. Einziger Ausreißer ist Essen, wo die Grünen nur knapp hinter der CDU liegen.

Die AfD etabliert sich im Osten

In Brandenburg und Sachsen, wo die nächsten Landtagswahlen stattfinden, kommt die rechtskonservative Partei bei der Europawahl sogar mit mehr als 20 Prozent auf Platz eins. In vielen West-Ländern schafft sie dagegen noch nicht einmal die 10-Prozent-Marke. Insgesamt schneidet sie schwächer ab als bei der Bundestagswahl.

Rechts und national ist nicht gleich Erfolg

In Frankreich, Italien und Großbritannien wurden rechtspopulistische Parteien sogar landesweit zur stärksten politischen Kraft. Der Machtübernahme-Traum von Italiens Lega-Chef Matteo Salvini wird allerdings nicht wahr - auch weil rechte Parteien in Deutschland, Österreich und den Niederlanden hinter ihren Erwartungen blieben.

Macron ist kein politischer Heiland

In Deutschland wird der französische Präsident Emmanuel Macron von vielen als europapolitischer Visionär und Hoffnungsträger verehrt.
Nach der Wahl ist sein Image ramponiert. Macrons Partei landet hinter den Rechtspopulisten. Warum sollte ganz Europa einem Mann folgen, der nicht einmal eine Mehrheit der eigenen Bürger hinter sich bringt?

Für Weber wird es schwer

Der CSU-Politiker und Europawahl-Spitzenkandidat Manfred Weber will als erster Deutscher seit mehr als 50 Jahren Präsident der EU-Kommission werden. Doch leicht wird es für ihn nicht. Webers Parteienfamilie ist zwar stärkste Kraft, sie musste aber große Verluste hinnehmen und braucht Partner für eine Mehrheit.

Die Politik in Brüssel wird komplizierter

Zum ersten Mal in der Geschichte des Europaparlaments haben Christ- und Sozialdemokraten im Europaparlament zusammen keine Mehrheit mehr.

Trends lassen sich stoppen

Seit der ersten Direktwahl zum Europaparlament im Jahr 1979 ist die Wahlbeteiligung kontinuierlich gesunken - bis zu diesem Jahr. Rund 51 Prozent der mehr als 400 Millionen Wahlberechtigten gaben nach jüngsten Zahlen ihre Stimme ab und zeigten, dass von Gleichgültigkeit gegenüber Europa keine Rede sein kann.

Ein bisschen Spaß muss sein

Hat Satire einen Platz im Europaparlament? In Deutschland haben nach dem vorläufigen Endergebnis 898 386 Wählerinnen und Wähler diese Frage mit Ja beantwortet und für die Partei von Ex-"Titanic"-Chefredakteur Martin Sonneborn gestimmt. Neben Sonneborn wird damit auch der Kabarettist Nico Semsrott im Parlament sitzen.

Linke und Sozialdemokraten haben es nicht nur in Deutschland schwer

Sozialdemokraten verbuchten auch in anderen EU-Staaten bittere Verluste. Nach am Montagvormittag veröffentlichten Zahlen wird die Parteienfamilie S&D im künftigen Parlament 38 Sitze weniger haben, die Linken verlieren 14 Sitze. Kein politisches Lager wurde stärker vom Wähler abgestraft.

Als Brexit-Hardliner kann man viele Sitze im Europaparlament holen

Die britische Brexit-Partei wird im neuen Parlament nach vorläufigen Zahlen 29 Sitze haben und damit gleich viele wie CDU und CSU. Für den Brexit bedeutet das aber nichts: Parteien, die sich für einen Bruch mit der EU einsetzen, waren in Großbritannien etwa genauso stark wie jene, die ein zweites Referendum und eine Abkehr vom Austritt anstreben.

Rechte Wähler verzeihen viel

Wer geglaubt hat, dass die rechtspopulistische österreichische FPÖ wegen der Ibiza-Affäre bei der Europawahl abstürzt, hat sich geirrt.
Die "Freiheitlichen" kamen immerhin auf rund 17 Prozent. 

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