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Schwierige Regierungsbildung in Bulgarien

Wahlsieger Borissow bietet Experten-Regierung an

  • Veröffentlicht: 05.04.2021
  • 08:01 Uhr
  • dpa
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Für Wahlsieger Borissow wird die Bildung einer neuen Regierung wohl zur "Mission: Impossible". Die Protestparteien sehen sich als die eigentlichen Sieger. Borissow setzt auf sein Friedensangebot.

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Die GERB-Partei von Ministerpräsident Boiko Borissow bleibt nach den Wahlen in Bulgarien am Sonntag stärkste politische Kraft, steht aber vor komplizierten Verhandlungen für ein neues Regierungsbündnis. Borissow bot den anderen Parteien nach dem voraussichtlichen Sieg seiner bürgerlichen Partei die Bildung einer Expertenregierung an. "Ich schlage euch Frieden vor - lasst uns Experten einsetzen und bis Dezember die Verantwortung übernehmen, die (Corona-)Pandemie zu bewältigen, damit es wieder aufwärts geht", sagte Borissow in der Nacht zu Montag. Er erläuterte nicht näher, welche Experten in eine solche Regierung berufen werden könnten.

Neben seiner Partei (25 Prozent) dürften Prognosen zufolge wohl sechs andere Parteien und Koalitionen, darunter drei Protestparteien, ins neue Parlament einziehen. Das Endergebnis wird bis Donnerstag erwartet.

Die Protestpartei "Es gibt so ein Volk" (ITN) von TV-Moderator und Kabarettist Slawi Trifonow wurde den Prognosen zufolge mit rund 17 Prozent überraschend zweitstärkste Partei. Ein Stellvertreter von Trifonow verkündete in dessen Fernsehsender 7/8, dass die ITN keine Koalition mit den "Parteien des Status quo" - also Borissows GERB, den Sozialisten sowie der Partei der türkischen Minderheit DPS - eingehen werde. Trifonow gehört zu den prominentesten Corona-Leugnern in Bulgarien, ist aber zurzeit unter Quarantäne wegen Covid-19-Symptomen.

Die aus den früheren Kommunisten hervorgegangenen Sozialisten (BSP) landeten den Prognosen zufolge mit rund 15 Prozent auf Platz drei. Sie wollten die Wahlprognosen nicht kommentieren, bevor sie ihre eigene Auszählung der Stimmen beendet haben.

Borissow: Habe es satt, "alleine Verantwortung zu tragen"

Der 61-jährige Borissow regiert das ärmste EU-Land mit einer Unterbrechung seit 2009. Er freue sich, dass nun so viele Parteien ins Parlament einziehen, weil er es satt habe, "alleine die Verantwortung zu tragen". Aber es sei lächerlich, mit fünf oder neun Prozent der Stimmen den Anspruch zu haben, im Namen des Volkes zu sprechen, sagte Borissow in Anspielung auf die Protestparteien "Richte dich auf! Mafiosi raus!" und Demokratisches Bulgarien. Anhänger dieser Parteien hatten im vergangenen Sommer seinen Rücktritt wegen "korrupter Amtsführung und Verbindungen zu Oligarchen" gefordert.

Die Bildung der neuen Regierung in Sofia dürfte recht kompliziert werden, weil die Programme der teils verfeindeten Parteien, die ins Parlament einziehen dürften, kaum Berührungspunkte haben - abgesehen davon, dass die Sozialisten und die drei Protestparteien Borissow absetzen und die Korruption effektiver bekämpfen wollen. Die populistische Partei "Es gibt so ein Volk" hat überhaupt kein Programm - sie will das politische System verändern. Daher ist es fraglich, ob Borissow nun eine vierte Regierung schmieden kann. Neuwahlen sind nicht ausgeschlossen.

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