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Fußball

Frankfurt im Europa-League-Finale - aber kein deutsches Endspiel

  • Veröffentlicht: 05.05.2022
  • 23:26 Uhr
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Eintracht Frankfurt hat zum dritten Mal nach 1960 und 1980 ein Europapokal-Endspiel erreicht - für RB Leipzig hingegen ist der Traum vom Finale geplatzt.

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Mit dem Abpfiff begann der Platzsturm: Eintracht Frankfurt hat seine berauschenden Wochen in der Europa League eindrucksvoll fortgesetzt und ist nur noch einen Schritt vom zweiten internationalen Titel der Vereinsgeschichte nach dem Gewinn des UEFA-Pokals vor 42 Jahren entfernt. Direkt nach dem 1:0-Sieg über West Ham United im Halbfinal-Rückspiel am Donnerstag stürmten zahlreiche Fans auf den Rasen und feierten ihre Fußball-Helden. "Oh, wie ist das schön", hallte es durch die Arena. Kurzzeitig war die Lage außer Kontrolle geraten, die Polizei musste Eintracht-Anhänger aus der Nähe der Gästekurve zurückdrängen.

"Unglaublich. Ein Traum wird endlich wahr", sagte Eintracht-Präsident Peter Fischer am RTL-Mikrofon. "Das hat diese Stadt und das Umfeld verdient." Mit einem Triumph im Finale am 18. Mai in Sevilla gegen die Glasgow Rangers kann sich der hessische Club erstmals für die Champions League qualifizieren. "Da spielt Tradition gegen Tradition - Weltklasse. Jetzt wollen wir das Ding auch holen", sagte Fischer.

Vor 48.000 euphorisierten Fans wurde der laue Frühlingsabend in der Mainmetropole zu einer 90-minütigen Dauerparty ganz in weiß. "Finale oho", tönten die Eintracht-Fans - manche aus dem Block, viele auf dem Rasen, wo Trikots ausgezogen und Siegerfotos mit den Spielern geschossen wurden. "Das ist Frankfurt. Das ist Lebensfreude", sagte Fischer.

Rafael Borré (26. Minute) erzielte das Siegtor für das Team von Trainer Oliver Glasner, das nach dem 2:1-Hinspielsieg bereits mit einem Vorsprung in das Rückspiel gegangen war und im laufenden Wettbewerb weiter ungeschlagen ist. Die frühe Rote Karte von West Hams Außenverteidiger Aaron Creswell (19.) wirkte sich zusätzlich begünstigend aus und wurde von den Frankfurter Fans gefeiert wie ein eigenes Tor. In der 78. Minute sah auch noch West-Ham-Coach David Moyes Rot.

Die Besonderheit dieses großen Fußballabends hatten Verein und Fans schon vor Anpfiff verdeutlicht. Eintracht-Präsident Peter Fischer heizte den Anhängern kräftig ein, Rekordspieler Karl-Heinz Körbel spielte lachend an der Europa-League-Trophäe herum und die komplett in weiß gekleideten Fans zeigten im letzten Europa-Heimspiel dieser Saison eine denkwürdige Pyro- und Konfettishow. Zahlreiche Ordner mussten mit Laubbläsern ran, um das Spielfeld rechtzeitig vor dem Anpfiff wieder freizuräumen. Pyrotechnik wurde - trotz zahlreicher Ermahnungen - auch während des Spiels munter weiter gezündet.

Das Spiel, das neben UEFA-Boss Aleksander Ceferin auch diverse ehemalige Eintracht-Trainer auf der Tribüne verfolgten, begann mit einem kleinen Schock für die Gastgeber. Abwehrchef Martin Hinteregger verletzte sich in einem Zweikampf mit Michail Antonio und musste schon nach sieben Minuten mit einer Oberschenkelverletzung raus. Vor drei Jahren, als die Eintracht im Halbfinale an Chelsea scheiterte, hatte der Österreicher den entscheidenden Elfmeter verschossen.

Doch diesmal lief von Anfang an alles besser: Als Creswell Frankfurts Jens Petter Hauge als letzter Mann zu Fall brachte, revidierte Referee Jesus Gil Manzano seine ursprüngliche Entscheidung (Gelb) und stellte den Verteidiger der Engländer vom Feld. Danach dauerte es nicht lange, bis Stürmer Borré nach punktgenauer Vorarbeit von BVB-Leihgabe Ansgar Knauff zum 1:0 traf. Die Sause in weiß, die in ihrer Ausgelassenheit an das Gastspiel im Camp Nou von Barcelona erinnerte, war längst nicht mehr aufzuhalten.

"Ich habe das Gefühl, dass ganz Deutschland Eintracht-Fan ist", hatte Coach Glasner vor dem Spiel betont. Passend dazu schickten die 2014er-Weltmeister Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger vorab ihre Wünsche in Richtung Frankfurt, das nun als erstes deutsches Team seit dem FC Schalke 04 vor 25 Jahren die Europa League (damals UEFA-Cup) gewinnen kann. Die Route ins Estadio Ramón Sánchez Pizjuán in Sevilla ist allemal beeindruckend: vor West Ham hatten die Hessen bereits den großen FC Barcelona und Betis Sevilla in K.o.-Spielen aus dem Wettbewerb geworfen.

In den beiden Duellen mit dem Premier-League-Club hatte die Eintracht auch das Glück auf ihrer Seite. Im Hinspiel hatten die Londoner insgesamt dreimal Aluminium getroffen, diesmal klärte der extrem starke Evan Ndicka (44.) bei einer Chance für Kurt Zouma auf der Linie. Getragen vom Publikum nahm Frankfurt die knappe Führung mit in die Kabine - und hielt auch nach dem Wechsel Endspielkurs.

Mit Major Tom und "völlig losgelöst" begrüßten die Eintracht-Fans ihre Elf zurück. Die britischen Gäste brauchten eigentlich mindestens zwei Tore für die Verlängerung, kamen in Unterzahl aber viel zu selten in wirklich gefährliche Situationen. Die Eintracht-Gesänge vom "Europapokal in diesem Jahr" wirkten früher wie Träumerei - nun fehlt tatsächlich nur noch ein Sieg in Sevilla

Zu zahm im Hexenkessel: Leipzig verspielt in Glasgow erstes Europacup-Finale

Als die Fußball-Party im Hexenkessel Ibrox ihren Höhepunkt gefunden hatte, sanken die Spieler von RB Leipzig enttäuscht und schockiert zu Boden. Eingeschüchtert von der riesigen Atmosphäre haben die Sachsen das Finale der Europa League verpasst und den ersten von zwei möglichen Titeln verspielt. Die Mannschaft von Trainer Domenico Tedesco unterlag am Donnerstagabend 1:3 (0:2) bei den Glasgow Rangers im Halbfinal-Rückspiel und gab die 1:0-Führung aus dem ersten Duell leichtfertig aus der Hand.

Vor etwa 50.000 lautstarken Fans schossen James Tavernier (19.), Glen Kamara (24.) und John Lundstram (81.) die aufopferungsvoll kämpfenden Rangers ins Finale nach Sevilla, wo am 18. Mai Eintracht Frankfurt als Gegner wartet. Leipzig, das durch Christopher Nkunku zwischenzeitlich verkürzte (70.), bleibt auf der Jagd nach der ersten Trophäe der Clubgeschichte in dieser Saison nur das Pokalfinale gegen den SC Freiburg.

"Alle Spieler wissen, was uns hier erwartet", hatte RB-Coach Domenico Tedesco mit Blick auf die riesige Stimmung im Ibrox Stadium noch gesagt und sich gründlich verschätzt. Denn vom dominanten Leipziger Fußball war gerade in der ersten Halbzeit nichts zu sehen. Die Sachsen ließen sich in die eigene Hälfte zurückdrängen, machten haarsträubende Fehler und fanden offensiv kaum statt. Anders dagegen die Rangers: Getragen von ihren heißblütigen Fans agierten die Schotten mit großem Einsatz, Willen und Leidenschaft, auch wenn die fußballerischen Qualitäten überschaubar blieben.

Aber das reichte gegen ein schwaches RB. Bereits nach sieben Minuten wurde es gefährlich, als der starke Rechtsverteidiger Tavernier Tempo machte. Das Spiel lief fast nur in eine Richtung. Die Konsequenz war die Führung des schottischen Meisters. Nach feiner Vorarbeit von Ryan Kent musste Tavernier den Ball nur noch über die Linie drücken. Für den Kapitän war es der siebte Treffer im 13. Europa-League-Spiel - und gleich zum fünften Mal war es auch der Führungstreffer.

Das Gegentor zeigte Wirkung. Viel zu schnell verlor die Tedesco-Elf den Ball, wie auch beim zweiten Nackenschlag, als Josko Gvardiol den Ball verlor. Kamara nahm das Geschenk an und traf unhaltbar für Gulacsi ins lange Eck. Tedesco schüttelte in der Coaching Zone nur den Kopf. Und es hätte noch schlimmer kommen können: Denn kurz darauf traf Joe Aribo aus kurzer Entfernung den Ball nicht richtig (29.). Aus Leipziger Sicht war nur ein Schuss von Dani Olmo von der Strafraumgrenze über das Tor die einzige nennenswerte Szene (28.).

Auch Yussuf Poulsen, der auch aufgrund seiner körperlichen Vorteile für André Silva ins Team gekommen war, konnte wenig bewirken. "Es ist genau das eingetroffen, was wir verhindern wollten. Sie haben schnelle Bälle in die Box gebracht. Es ist sehr schwer zu verteidigen", bemängelte Christopher Vivell, der Technische Direktor von RB, in der Halbzeitpause bei RTL+: "Wir müssen unsere technischen Fähigkeiten mehr nutzen."

Im zweiten Durchgang zogen sich die Rangers etwas zurück und verstärkten die Defensive. Doch trotz langer Ballbesitzphasen kam RB zunächst nicht zu gefährlichen Chancen, dagegen lauerten die Rangers auf Konter. Nach einer Stunde reagierte Tedesco und tauschte den schwachen Olmo gegen Dominik Szoboszlai aus. Es hätte auch noch andere Spieler treffen können.

Es dauerte bis zur 70. Minute, als die Gäste zur ersten Großchance kamen. Der 40-jährige Allan McGregor parierte aber großartig gegen Konrad Laimer. Wenige Sekunden später war er aber machtlos, als Nkunku nach Flange von Angelino zur Stelle war. Plötzlich wurde es leise und die Beine bei den Rangers schwer. Und doch schlug der Rekordmeister noch einmal zurück. Nach Flanke von Kent rettete Gvardiol zunächst auf der Linie, aber Lundstram war im Nachschuss erfolgreich. Danach war kein Halten mehr.

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