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Nach 4 Jahren Abstinenz

FDP zurück im Bundestag - mit schwieriger Koalitionsoption

  • Veröffentlicht: 24.09.2017
  • 21:36 Uhr
  • dpa
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Jubel mit bitterem Beigeschmack: Die FDP ist wieder im Bundestag. Aber sie ist nicht drittstärkste Kraft. Die AfD liegt vor ihr. Und: Die SPD schließt eine neue große Koalition aus, was auch die Liberalen unter Druck setzt.

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Christian Lindner und die FDP haben ein grandioses Comeback hingelegt. Mit einem ordentlichen Stimmenpolster von 10 Prozent plus ziehen die Liberalen nach vier Jahren Abstinenz wieder in den Bundestag ein. Und mehr noch: Wenn es nicht wieder eine große Koalition geben soll, und das hat die SPD bereits ausgeschlossen, haben die Liberalen bei einer Regierungsbildung ein gewichtiges Wörtchen mit zu reden. 

Dem Jubel in der Parteizentrale der FDP in Berlin war aber ein bitterer Beigeschmack beigemischt - durch das Abschneiden der AfD. Sie erobert mit gut 13 Prozent auf Anhieb Platz 3. Den Liberalen bleibt der vierte Rang und dieAussicht auf Jamaika.

Doch auch dieses Bündnis mit Union und Grünen ist kein Selbstläufer. Die Liberalen schnitten um etwa einen Prozentpunkt besser ab als die Grünen, die nach den ersten Hochrechnungen bei 9,5 Prozent lagen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte, das Grünen-Ergebnis sei - Gott sei Dank - nicht ganz so schlecht ausgefallen wie vorhergesagt. Jetzt müsse die Grünen-Führung zusehen, ob sie wie in Schleswig-Holstein auch im Bund eine Koalition mit CDU/CSU und FDP hinbekomme.

Lindner will endlich ein Einwanderungsgesetz

Die entscheidende Frage dürfte in den nächsten Wochen in der Tat sein, ob der grüne Realo-Flügel, den es nach zwölf Jahren ohne Regierungsbeteiligung im Bund wieder in die Schaltzentralen der Macht drängt, dem linken Flügel eine Koalition mit den «verhassten» Liberalen schmackhaft machen kann.

Auch für die Liberalen ist das kein leichter Schritt. Vielen klingt noch das Hohngelächter gerade des linken Parteiflügels der Grünen in den Ohren, als die FDP vor vier Jahren aus dem Bundestag flog.

FDP-Chef Lindner hatte kurz vor der Wahl nochmals deutlich gemacht, was er unbedingt umgesetzt haben will: Kein Ende des Verbrennungsmotors - und schon gar nicht bis 2030, wie die Grünen das wollen. Zudem will er endlich ein Einwanderungsgesetz und keine Schuldenvergemeinschaftung im Euroraum. Das scheint nicht unzumutbar. Das könnte auch ein bisschen eine Frage der Formulierung werden.

Die Grünen sind aber nicht das einzige Problem. Auch die Union und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sind angeschlagen. Dies könnte die Verhandlungen insbesondere mit der CSU schwierig gestalten. In Bayern sind im nächsten Jahr Landtagswahlen. Die CSU und ihr Parteichef Horst Seehofer stehen also besonders unter Druck, was sie unberechenbar machen könnte. 

«Der Erneuerungsprozess der FDP ist nicht abgeschlossen»

Kann die FDP also den Preis für Jamaika hochtreiben? Es wäre zumindest ein gefährliches Spiel. Über allem schwebt das Gespenst von Neuwahlen. Das will aber wohl keiner der politischen Streiter. Merkel und die Union haben gerade ihre Watschen vom Wähler abgeholt und die Grünen sind froh, doch noch das Gesicht gewahrt zu haben.

Eine wichtige Personalentscheidung in der liberalen Führungscrew ist bereits gefallen: FDP-Chef Lindner wird Fraktionschef. Ambitionen hatte auch Kubicki. Damit könnte auf diesen nun - gegen seien Willen - der schwierige Part des Vize-Kanzlers im Kabinett Merkel zukommen.

Lindner sieht also die besten Chancen, seine Partei zu führen, außerhalb der Kabinettsdisziplin. Denn bei allem gilt es, die FDP in den kommenden vier Jahren so aufzustellen, dass 2021 nicht wieder der Rauswurf aus dem Bundestag droht.

«Nach einem Scheitern ist ein Neuanfang möglich», sagte Lindner. «Der Erneuerungsprozess der FDP ist nicht abgeschlossen. (...) Ab morgen wird gearbeitet.» Die neuen Bundestagsabgeordneten der FDP treffen sich bereits am Montagnachmittag zu ihrer ersten Sitzung, noch in ihrer Parteizentrale, weil ihre Plätze im Plenum erst wieder eingerichtet werden müssen.

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