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Bergungsarbeiten fortgesetzt, Merkel vor Ort erwartet

Airbus abgestürzt - 67 Deutsche tot

  • Veröffentlicht: 25.03.2015
  • 07:26 Uhr
  • dpa
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© dpa

Ein Airbus A320 der deutschen Airline Germanwings ist am Dienstag in Südfrankreich abgestürzt. An Board waren 144 Passagiere und sechs Crew-Mitglieder. Unter den Fluggästen gab es nach ersten Angaben 67 Deutsche. Über die Ursachen der Katastrophe ist zunächst nichts bekannt.

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Bei einem der schwersten Abstürze in der deutschen Luftfahrtgeschichte sind in Südfrankreich alle 150 Menschen an Bord einer Germanwings-Maschine ums Leben gekommen. Das Flugzeug vom Typ Airbus A320 der Lufthansa-Tochter, der auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf war, stürzte am Dienstagvormittag nahe des Ortes Digne in den französischen Alpen in schwer zugänglichem Gebiet ab. Bilder zeigen unzählige Trümmerteile in einer kargen Felslandschaft. Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich nach einem Flug über den Absturzort entsetzt: "Vor Ort zeigt sich ein Bild des Grauens."

16 Schüler unter den Opfern

An Bord waren laut Germanwings insgesamt 144 Passagiere und 6 Besatzungsmitglieder. Unter den Absturzopfern sind nach ersten Angaben 67 Deutsche, darunter 16 Schüler und 2 Lehrer eines Gymnasiums im westfälischen Haltern. Sie waren auf dem Rückweg von einem Austausch in der Nähe von Barcelona, wie NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann sagte. "Das ist ganz tragisch, das ist ganz traurig, und das macht fassungslos."

In ihrem Joseph-König-Gymnasium wurde ein Krisenstab gebildet. Notfallseelsorger waren im Einsatz, Schüler legten Blumen nieder. Halterns Bürgermeister Bodo Klimpel sprach vom "schwärzesten Tag in der Geschichte der Stadt". Die gesamte Stadt erfahre eine riesige Anteilnahme, sagte Klimpel weiter. Nachbarstädte und Partnerstädte hätten kondoliert. Auch aus der spanischen Kleinstadt Llinars del Vallés, wo die Schüler eine Woche lang zu Gast waren, kamen Beileidsbekundungen.

Ursache weiterhin unklar

Die Ursache des Absturzes ist völlig offen. Nach Angaben der französischen Behörden hatte die Flugüberwachung kurz vor dem Crash noch vergeblich versucht, Kontakt zu den Piloten aufzunehmen. Aufschluss darüber erhoffen sich die Ermittler von einem der beiden Flugschreiber, der nach Angaben des französische Innenminister Bernard Cazeneuve inzwischen gefunden wurde. Mit der Auswertung wurde noch am Abend begonnen. Das Gerät zeichnet auf allen Flügen relevante Daten wie Kurs, Geschwindigkeit, Flughöhe oder Neigungswinkel der Maschine auf. Durch das Speichern von GPS-Daten gibt es zudem Auskunft über den genauen Ort eines Unglücks - auch wenn die Trümmer später weit verstreut sind. "Das Flugzeug war in hervorragendem technischen Zustand", sagte der Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr über den verunglückten Airbus A320. Einen Zusammenhang zwischen dem Absturz und einer Reparatur der Maschine am Tag zuvor schloss Spohr aus. Einer Lufthansa-Sprecherin zufolge war ein Problem mit der Bugrad-Klappe des mehr als 24 Jahre alten Jets routinemäßig beseitigt worden.

Der Pilot war nach Angaben des Lufthansa-Chefs erfahren, hatte mehr als 6000 Flugstunden. "Wir hatten die Kompetenz im Cockpit, für die unser Unternehmen steht", sagte Spohr am Dienstagabend in Frankfurt.

Vor dem Unglück war die Maschine nach Angaben von Germanwings in einem achtminütigen Sinkflug. Die Besatzung der abgestürzten Maschine setzte nach Behördenangaben keinen Notruf ab. Deswegen habe die Flugsicherung beschlossen, einen Notfall für das Flugzeug auszurufen. Es habe keinen Kontakt mehr zwischen Crew und Bodenkontrolle gegeben.

Die Ursache für den Absturz dürfte erst in einigen Wochen geklärt sein, wie Luftfahrt-Analyst Thomas Saquer von der Unternehmensberatung Frost & Sullivan sagte. Die Maschine scheine schnell an Höhe verloren zu haben, sagte Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem Sender N-TV. Die Auswertung von Radardaten zeige, dass es "vielleicht" ein technisches Problem gegeben habe. "Was das aber im Einzelnen ist, da gibt es überhaupt keinen Hinweis." Meteorologen zufolge herrschte in der Region zum Absturzzeitpunkt gutes Wetter.

Germanwings kündigte rasche Hilfe an. "Germanwings wird alle Kräfte aufbieten, um allen Betroffenen schnell und unbürokratisch zu helfen und ihnen ihr schweres Schicksal zu erleichtern, so gut es irgend geht", sagte Geschäftsführer Oliver Wagner. "Das Geschehene tut uns unendlich leid."

Bergungsarbeiten am Mittwoch fortgesetzt

An der Absturzstelle in den französischen Alpen wurden am frühen Mittwochmorgen die Bergungsarbeiten fortgesetzt. Ohne Schnee, Regen oder stärkeren Wind waren die Witterungsbedingungen nach Berichten französischer Medien für die Rettungskräfte und Hubschrauber besser als zunächst befürchtet. Zentraler Ausgangspunkt in die schwer zugängliche Absturzregion ist Seyne-les-Alpes. Von dem Ort mit rund 1200 Einwohnern sollten die mehr als 300 Polizisten und 380 Feuerwehrleute operieren. An der Bergungsaktion nehmen auch Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung teil. Die deutschen Fachleute wollten gemeinsam mit den französischen Kollegen prüfen, ob alle Trümmerteile zu finden seien oder das Flugzeug möglicherweise in der Luft auseinandergebrochen sei. Bilder zeigten unzählige Trümmerteile in einer kargen Felslandschaft. Die Vielzahl der Trümmer spreche für einen Aufschlag mit hoher Geschwindigkeit, sagte der Sprecher der Bundesstelle, Germout Freitag.

Anschlag von Sicherheitsbehörden ausgeschlossen

Deutschen Sicherheitsbehörden zufolge gibt es keinen Hinweis auf einen terroristischen Anschlag. Auch das Weiße Haus geht von einem Unfall aus: "Es gibt derzeit keine Anzeichen für einen Zusammenhang mit Terrorismus", sagte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der Deutschen Presse-Agentur in Washington.

Kanzlerin Merkel zeigte sich tief betroffen: "Der Absturz der deutschen Maschine mit über 140 Menschen an Bord ist ein Schock, der uns in Deutschland - und der Franzosen und Spanier - in tiefe Trauer stürzt", sagte die Bundeskanzlerin. Sie betonte, es gebe noch nicht viele Informationen über die Ursache des Absturzes: "Jetzt ist die Stunde, in der wir alle große Trauer empfinden." Das Ausmaß des Leides sei unermesslich.

Steinmeier und Dobrindt am Unfallort, Gauck bricht Peru-Reise ab

Merkel reist am Mittwoch zu der Absturzstelle und wird dort Frankreichs Präsident Hollande und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy treffen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verkehrsminister Alexander Dobrindt trafen am Dienstagabend in der Unglücksregion ein. Sie landeten mit einem Hubschrauber in dem Bergort Seyne-les-Alpes, wie es aus deutschen Regierungskreisen hieß. Die Minister wollten sich ein Bild von der Lage und der Arbeit der Einsatzkräfte machen.

Bundespräsident Joachim Gauck sagte angesichts der Katastrophe seine Südamerikareise ab: "Ich bin weit weg von Ihnen kilometermäßig und ganz nah bei Ihnen mit meinen Gefühlen und meiner Trauer", sagte er. Die Bundesregierung und das Luftfahrtbundesamt richteten Krisenstäbe ein.

Am Flughafen Düsseldorf löste die Nachricht vom Absturz Schock, Entsetzen und Trauer aus. An der VIP-Lounge, die der Flughafen für Angehörige und Seelsorger zur Verfügung stellte, kamen Angehörige mit völlig verweinten Augen an. Von einem "rabenschwarzen Tag für den Flugverkehr" sprach Airport-Sprecher Thomas Kötter.

Das Auswärtige Amt hat eine Hotline eingerichtet, die unter 030/5000 3000 zu erreichen ist. Auch die Airline Germanwings bietet unter 0800/1133 5577 Informationen für Angehörige von Passagieren. Darüberhinaus informiert der Flughafen Düsseldorf besorgte Verwandte unter der Rufnummer 0800/7766350.

Schlimmster Absturz seit dem Concorde-Unglück im Jahr 2000

Französische Kommentatoren sprachen vom schwersten Flugunglück in Frankreich seit dem Concorde-Absturz am 25. Juli 2000. Auf dem Air-France-Flug 4590 war das Überschallflugzeug damals kurz nach dem Start vom Flughafen Paris-Charles de Gaulle abgestürzt, wobei alle 109 Insassen sowie vier Menschen am Boden ums Leben kamen.

Der Airbus A320 ist das erfolgreichste Airbus-Modell. Von dem Mittelstrecken-Jet sind weltweit fast 3700 Maschinen im Einsatz. Die jetzt abgestürzte Airbus-Maschine war mehr als 24 Jahre alt.

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