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Der Betrug um nicht erbrachte Pflegeleistungen wiegen Millionen.

Anklage in zentralem Pflege-Skandal

  • Veröffentlicht: 03.07.2017
  • 19:16 Uhr
  • dpa
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© Oliver Berg/dpa

Der Abrechnungsbetrug bei der Pflege von Patienten ist ein lukratives Geschäft mit bislang geringem Entdeckungsrisiko. Ermittler in Düsseldorf haben nun in einem zentralen Verfahren Anklage erhoben.

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Im Skandal um den millionenschweren Betrug mit nicht erbrachten Pflegeleistungen hat die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf Anklage erhoben. Das teilten das Landgericht und die Staatsanwaltschaft am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Die mehr als 1100 Seiten starke Anklage richte sich gegen neun Hauptverdächtige, von denen vier in Untersuchungshaft säßen.

Den meisten Angeschuldigten werde - in wechselnder Beteiligung - banden- und gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen, einem von ihnen darüber hinaus Geldwäsche. Den Schaden bezifferten die Ermittler am Montag «nach vorsichtigen Schätzungen» auf 4,7 bis 8,5 Millionen Euro. Für eine Teilmenge von 106 Patienten errechneten sie einen Gesamtschaden von 2,2 Millionen Euro im Zeitraum von 2013 bis 2016. Geschädigte seien die Krankenkassen und die Sozialämter.

Viele der Beschuldigten sollen aus Russland und der Ukraine stammen. «Unsere Beschuldigten sind russischsprachige Deutsche», hatte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ende Mai gesagt. Es handele sich um eine organisierte Form des Betrugs.

Unterstützung und Beihilfe

Das Landgericht muss nun über die Zulassung der Anklage zum Prozess entscheiden. Es seien daneben auch noch Verfahren gegen Ärzte und Patienten anhängig, berichtete die Staatsanwaltschaft - wegen Unterstützung und Beihilfe zum Betrug. Ermittelt wurde seit 2014. Allein in Bayern sollen etwa 15 weitere Verfahren anhängig sein. Bundesweit sollen 230 ambulante Pflegedienste unter Verdacht, betrügerisch abgerechnet zu haben.

Nach einer früheren Schätzung des Bundeskriminalamts (BKA) könnten den Sozialkassen durch betrügerische Pflegedienste mindestens eine Milliarde Euro Schaden pro Jahr entstanden sein. Einem Sonderbericht von BKA und LKA NRW zufolge sollen zwei Drittel der verdächtigen Pflegedienste in Netzwerken agiert haben. Regionale Schwerpunkte seien demnach NRW und Berlin, außerdem Niedersachsen, Brandenburg und Bayern.

Gesetzliche Regelungen bereits angezogen

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen Regelungen nach Bekanntwerden des Verdachts bereits verschärft worden seien. Die Stiftung Patientenschutz fordert, Pflegeleistungen elektronisch abzurechnen und eine lebenslange Patientennummer einzuführen, um Doppelabrechnungen zu vermeiden.

Im vergangenen Jahr waren Polizisten zu einer bundesweiten Razzia ausgerückt. 108 Objekte wurden durchsucht, rund 500 Polizisten, Staatsanwälte, Zöllner und Steuerfahnder waren im Einsatz. Insgesamt stellten die Ermittler mehrere hundert Umzugskartons mit Akten und etwa 70 Terabyte an digitalen Daten sicher. Es wurden auch zwei unbrauchbare Kalaschnikows und zwei weitere halbautomatische Waffen mit Munition entdeckt.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hatte den Pflegemarkt in Deutschland als Geschäftsfeld der organisierten Kriminalität bezeichnet. Die Spur führe eindeutig nach Osteuropa.

«Die Hintermänner führen ein angenehmes Leben und fahren Luxusautos», hatte der nordrhein-westfälische LKA-Direktor Thomas Jungbluth berichtet. «In einem Schließfach haben wir 300 000 Euro, 1,4 Kilo Gold und Schmuck im Wert von 40 000 Euro gefunden.» Der Profit sei beim Pflegebetrug hoch und das Entdeckungsrisiko gering: «Die Ermittler müssen jede falsch abgerechnete Behandlung nachweisen. Das ist besonders bei älteren, dementen Patienten sehr schwer.»

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