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Debatte um Hartz IV

Arbeitsagentur-Chef gegen völligen Wegfall von Sanktionen

  • Veröffentlicht: 25.11.2018
  • 23:21 Uhr
  • dpa
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Vor allem in der SPD wird weiter über eine Reform oder Abschaffung von Hartz IV diskutiert. Arbeitsminister Heil will an bestimmten Mitwirkungspflichten festhalten. Eine SPD-Linke fordert einen ganz besonderen Schritt von ihrer Partei.

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In der Debatte über grundlegende Änderungen an Hartz IV hat der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, vor einem völligen Wegfall von Sanktionen gewarnt. "Was soll denn ein Vermittler tun, wenn ein Arbeitsloser mehrfach nicht zum Termin erscheint?", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Für eine sehr geringe Zahl von Menschen brauche es ein Instrumentarium, "damit sich ein Vermittler durchsetzen kann und nicht zum Bittsteller gegenüber demjenigen wird, der eine staatliche Leistung bezieht".

Vor allem in der SPD wird über eine Reform oder Abschaffung des vom früheren Kanzler Gerhard Schröder (SPD) eingeführten Hartz-Systems zur Grundsicherung diskutiert. Parteichefin Andrea Nahles hatte eine "Sozialstaatsreform 2025" gefordert und angekündigt: "Wir werden Hartz IV hinter uns lassen." Eine neue Grundsicherung solle ein Bürgergeld sein. Sanktionen sollten weitgehend entfallen. Grünen-Chef Robert Habeck hat eine "Garantiesicherung" vorgeschlagen, bei der Zwang zur Arbeitsaufnahme und Sanktionen ebenfalls wegfallen sollen.

SPD-Linke verlangt Entschuldigung

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wandte sich dagegen, jede Mitwirkungspflicht aufzuheben. "Wenn jemand zum zehnten Mal nicht zu einem Termin beim Amt erscheint, sollte das Konsequenzen haben", sagte Heil dem "Tagesspiegel". Zugleich kündigte er an, bestimmte Sanktionen abzuschaffen, "die wirkungslos sind und den Betroffenen Angst machen". Als Beispiel sagte Heil, es sei unsinnig, dass 24-Jährige schärfer sanktioniert würden als 25-Jährige. Und auch wenn die Kosten für Miete und Unterkunft gekürzt würden, verunsichere das Menschen unnötig.

Die SPD-Linke Hilde Mattheis verlangte hingegen eine Abschaffung aller Sanktionen und eine Entschuldigung ihrer Partei für die Hartz-IV-Reformen. "Es gehört dazu, sich bei jenen Menschen zu entschuldigen, die wir mit dem sozialen Kahlschlag der Hartz-Reformen auf die Abwärtstreppe gestoßen haben." Hartz IV treffe viele Menschen in ihrer Würde, die hart gearbeitet und wenig gespart hätten, schrieb sie im "Neuen Deutschland".

Spahn gegen grundlegende Umbaupläne

Behördenchef Scheele sagte der "Saarbrücker Zeitung" zu den Debatten: "Ich bin schon erstaunt, mit welcher Vehemenz von unterschiedlichen Seiten gegen das System der Grundsicherung polemisiert wird". Die Zahl der Übergänge von Arbeitslosen in die Grundsicherung gehe kontinuierlich zurück. Er sehe aber durchaus Diskussionspotenzial. "Der schnelle Übergang in die Grundsicherung entwertet lange Arbeitsbiografien. Das wird als ungerecht empfunden." Darüber könne Politik nachdenken, "ohne gleich das ganze System abzuschaffen".

In der rot-grünen Koalition von Schröder war vor rund 15 Jahren beschlossen worden, Arbeitslosen- und Sozialhilfe zur neuen Grundsicherung Hartz IV zusammenzulegen. Derzeit liegt der Satz bei 416 Euro im Monat. Zudem wurden Sanktionen verschärft, um den Zwang zu erhöhen, sich um Fortbildungen und neue Jobs zu bemühen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach sich gegen grundlegende Umbaupläne aus. "Geld ohne Gegenleistung widerspricht meinem Bild einer sozialen Marktwirtschaft", sagte der Kandidat für den CDU-Vorsitz dem "Handelsblatt" (Montag). Wer arbeite, müsse am Ende des Monats mehr Geld bekommen als jemand, der das nicht tut. "Wer an diesem Prinzip rüttelt, gefährdet die Akzeptanz des Solidarsystems", so der Minister.

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