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Balkan sucht Neustart in Flüchtlingskrise

Balkanroute: Weitere 100.000 Aufnahmeplätze geplant

  • Veröffentlicht: 26.10.2015
  • 09:13 Uhr
  • dpa
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© dpa

In der Flüchtlingskrise ist der Gesprächsfaden zwischen einigen Balkanstaaten fast abgerissen. Jetzt sollen neue Kommunikationskanäle entstehen und die Staaten gemeinsam handeln. 

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Nach wochenlangen Schuldzuweisungen wollen die Balkanstaaten sich in der Flüchtlingskrise besser abstimmen. Innerhalb von 24 Stunden soll ein Netz von Ansprechpartnern auf höchster Ebene entstehen. Das Ziel sei "eine allmähliche, kontrollierte und geordnete Bewegung" der Menschen auf der Balkanroute. Das steht in der Abschlusserklärung zu einem Krisentreffen von zehn betroffenen EU-Ländern und den drei Nicht-EU-Staaten Mazedonien, Serbien und Albanien, die am späten Sonntagabend in Brüssel vereinbart wurde.

EU-Staaten und Westbalkanländer wollen die Flüchtlingsströme auf der Balkanroute verlangsamen. "Wir werden Flüchtlinge oder Migranten entmutigen, zur Grenze eines anderes Landes der Region zu ziehen", heißt es in der Erklärung. "Eine Politik des Durchwinkens von Flüchtlingen ohne die Nachbarstaaten zu informieren, ist nicht akzeptabel."

Bei dem Sondertreffen zur Westbalkanroute einigten sich die Staats- und Regierungschefs nach siebenstündigen Beratungen auf einen 17-Punkte-Plan. Doch die Stimmung war angespannt. Seit Wochen weisen sich die Länder der Region gegenseitig die Schuld zu - so auch in Brüssel. "Jeder ist versucht zu sagen, jemand anders ist Schuld", sagte ein Diplomat am Rande der Gespräche. "Das müssen wir stoppen."

400 weitere Grenzschützer in Slowenien, neue Aufnahmeplätze

Der Plan sieht unter anderem vor, dass andere EU-Staaten innerhalb einer Woche mehr als 400 zusätzliche Grenzschützer in das vom Flüchtlingsandrang überforderte Slowenien schicken. Außerdem soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex die Grenzen besser absichern, etwa zwischen Griechenland, Mazedonien und Albanien sowie an der kroatisch-serbischen Grenze.

Griechenland soll - auch mit Hilfe des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR - 50.000 neue Aufnahmeplätze für Flüchtlinge schaffen, davon bis Jahresende 30.000. Auf der ganzen Route sollen 100.000 Plätze entstehen.

Weitere Gespräche mit der Türkei notwendig

Täglich strömen Tausende über die Westbalkanroute in Richtung Österreich und Deutschland. Die meist aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammenden Menschen kommen über die Türkei in die EU.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn kündigte an, dass das Thema am 9. November beim Sondertreffen der EU-Innenminister vertieft werde. Sein Land hat derzeit den Vorsitz der EU-Staaten. Asselborn verwies zudem auf die finanziellen Belastungen: "Wir brauchen ein großes Budget, um das meistern zu können."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem "wichtigen Treffen", das aber nur "ein Baustein" für eine Lösung sei. "Nicht lösen können wir das Flüchtlingsproblem insgesamt. Da bedarf es unter anderem natürlich weiterer Gespräche mit der Türkei."

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker malte ein düsteres Bild der Lage auf der Balkanroute: "Es kann nicht sein, dass im Europa (des Jahres) 2015 Menschen sich selbst überlassen werden, dass sie auf dem Feld schlafen und bei eiskalten Temperaturen bis zur Brust durch Flüsse waten." Merkel sagte: "Wir sind alle humanitären, menschlichen Werten verpflichtet (...). Und die Bilder, die wir in den letzten Tagen gesehen haben, haben dem nicht entsprochen, was unsere Werte sind."

Ungarn sieht sich nicht mehr betroffen

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban machte bei dem Treffen deutlich, dass er sein Land nur noch als "Beobachter" der Flüchtlingskrise sieht. Ungarn hat sich mit Grenzzäunen zu Serbien und Kroatien abgeschottet. "Ungarn liegt nicht mehr auf der Route", sagte er.

UN-Flüchtlings-Hochkommissar Antonio Guterres forderte mehr legale Einwanderungsmöglichkeiten und eine Umverteilung von Migranten auf alle EU-Staaten.

Insgesamt waren in Brüssel die zehn EU-Länder Deutschland, Österreich, Slowenien, Kroatien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Luxemburg und die Niederlande vertreten sowie die Nicht-EU-Länder Mazedonien, Serbien und Albanien.

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