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Telefonat mit Wladimir Wladimirowitsch Putin

Barack Obama wählt heißen Draht nach Moskau

  • Veröffentlicht: 07.03.2014
  • 07:45 Uhr
  • rct, DPA
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© AFP

Angesichts der Machtübernahme prorussischer Kräfte auf der Halbinsel Krim haben US-Präsident Barack Obama und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin die aktuelle Lage in der Ukraine erörtert. Eine Annäherung der Positionen gab es in dem einstündigen Telefongespräch offensichtlich nicht. Die Diskussion habe die unterschiedlichen Positionen deutlich gemacht, wie die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass berichtete.

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Der Kremlchef hob die Wichtigkeit der Beziehungen zwischen beiden Ländern hervor. Putin betonte nach Angaben des Kreml, das bilaterale Verhältnis dürfe nicht unter dem Ukraine-Konflikt leiden. Die russisch-amerikanischen Beziehungen seien von größter Bedeutung für die Aufrechterhaltung von Stabilität und Sicherheit in der Welt. Putin erklärte, die augenblickliche politische Führung der Ukraine sei auf nicht verfassungsgemäßem Weg an die Macht gekommen.

Obama machte nach Angaben des Weißen Hauses klar, dass das russische Vorgehen die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verletzt habe. Deshalb hätten die USA und ihre europäischen Partner Maßnahmen ergriffen.

Putin soll internationale Beobachter ins Land lassen

Zur Konfliktlösung auf diplomatischem Wege schlug Obama Putin direkte Gespräche zwischen den Regierungen der Ukraine und Russlands vor. Internationale Beobachter könnten sicherstellen, dass die Rechte aller Ukrainer, einschließlich der ethnischen Russen, geschützt würden. Nach Angaben des Kreml kamen beide Präsidenten überein, dass die beiden Außenminister, Sergej Lawrow und John Kerry, weiter in engem Kontakt bleiben sollten.

Die Europäische Union hatte einen folgenreichen Sanktionsplan gegen Russland beschlossen. Die EU einigte sich am Donnerstag bei einem Sondergipfel nach stundenlangem Ringen in Brüssel auf einen Drei-Stufen-Prozess. Dies geschah im Schulterschluss mit den USA. Sollte sich die Krim an Russland anschließen, will Brüssel Wirtschaftssanktionen gegen Moskau verhängen.

Im ersten Schritt setzte die EU Verhandlungen über Visa- Erleichterungen und über ein neues Rahmenabkommen für die Beziehungen zwischen Brüssel und Moskau aus. Verweigere sich Moskau Verhandlungen zur Lösung des Krise und der Beteiligung an einer Kontaktgruppe mit Kiew, werde die EU Einreiseverbote, Kontensperrungen und notfalls auch wirtschaftliche Sanktionen verhängen. Das sagte EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy. Die EU erwarte, dass Russland "innerhalb der nächsten Tage" Verhandlungen mit der Ukraine über eine friedliche Beilegung des Konflikts beginne. Obama verfügte bereits Einreiseverbote und Kontensperrungen. Wen dies trifft, blieb unklar.

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Moskau trifft Vorbereitungen auf Anschluss der Krim

Wie auch Obama verurteilten die 28 EU-Staats- und Regierungschefs die Entscheidung des moskautreuen Krim-Parlaments für eine Volksabstimmung über die Abtrennung der Halbinsel von Kiew. Die mehrheitlich russische Bevölkerung soll bereits am 16. März bei einer vorgezogenen Volksabstimmung darüber entscheiden. In Russland wurden erste Vorbereitungen für eine Angliederung getroffen. Das sei "unrechtmäßig", heißt es in einer Erklärung des EU-Gipfels. Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk sagte: "Die Krim ist, war und wird weiterhin ein integraler Teil der Ukraine sein."

In den vergangenen Tagen hatten prorussische Kräfte auf der Halbinsel die Macht übernommen. Kiew und die USA werfen Moskau vor, russische Soldaten hätten die Krim unter ihre Kontrolle gebracht. Russland weist den Vorwurf zurück und spricht von lokalen "Selbstverteidigungskräften".

Sollte Russland weiter "Destabilisierungsmaßnahmen wie militärische Aktionen" auf der Krim unternehmen, werde es zu einer weitreichenden Veränderung der Beziehung zu Russland kommen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Wir wünschen uns das nicht", betonte Merkel. Die EU sei aber bereit dazu, warnte sie.

Deutsche Wirtschaft zeigt sich besorgt

Der Stopp der Verhandlungen über Visa-Erleichterungen und das neue Grundlagenabkommen gelten als vergleichsweise weiche Maßnahmen. Die seit Jahren laufenden Gespräche über beide Abkommen kommen ohnehin kaum voran. Das größere Druckmittel sind die angedrohten schärferen Sanktionen. Für diesen Fall hat der Kreml bereits Gegenmaßnahmen angekündigt.

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich angesichts möglicher Sanktionen alarmiert. Der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Rainer Lindner, warnte vor einer gefährlichen Spirale gegenseitiger Sanktionen zwischen Russland und dem Westen.
Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wurde unterdessen der Zugang zur Krim verwehrt. Moskautreue "Selbstverteidigungskräfte" wiesen die internationale Expertengruppe an zwei Kontrollposten ab, wie westliche Diplomaten in Wien sagten. Die Gruppe soll die militärischen Aktivitäten Russlands in der Ukraine beobachten.

Die USA forderten den sofortigen freien Zugang für internationale Beobachter zur Krim. "Das ist eine entscheidende Aufgabe und eine, die auch Russland begrüßen sollte", sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, am Donnerstag in New York nach einer Sondersitzung des Sicherheitsrats.

Der UN-Sicherheitsrat befasste sich bereits zum vierten Mal in sechs Tagen mit der Krise und den Spannungen zwischen Russland und der Ukraine. Eine baldige Einigung des Sicherheitsrates auf eine Reaktion in Form einer Resolution oder einer Erklärung sei jedoch äußerst unwahrscheinlich, sagte der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant. Russland blockiere dies und habe sich mit seiner Haltung im Rat stark isoliert, ergänzte seine US-Kollegin Power.

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