Untersuchungsbericht
Boeing-Crew trifft keine Schuld
- Veröffentlicht: 04.04.2019
- 15:03 Uhr
Nach dem Absturz einer Boeing 737 Max liegt aus Äthiopien ein erster Untersuchungsbericht vor.
Vor dem Absturz der Boeing 737 Max in Äthiopien haben die Piloten einem vorläufigen Untersuchungsbericht zufolge nach den Vorschriften des Herstellers gehandelt. Ob allerdings die umstrittene Steuerungssoftware des Flugzeuges für das Unglück verantwortlich war, ist weiterhin unklar. Die Besatzung von Ethiopian Airlines habe vor dem Crash alle von Boeing vorgesehenen Vorgaben befolgt, sagte die äthiopische Transportministerin Dagmawit Moges am Donnerstag in Addis Abeba. Allerdings hätten sie die Maschine dennoch nicht unter Kontrolle bringen können. Bis die genaue Ursache des Absturzes ermittelt sei, werde es noch mehrere Monate dauern.
Der Leiter der Unfalluntersuchungsbehörde im Ministerium, Amdiye Ayalew, sagte, die Daten deuteten nicht darauf hin, dass ein Fremdkörper das Flugzeug beschädigt habe. Allerdings hatten Ermittler Dagmawit zufolge Anzeichen dafür gefunden, dass die Nase der Maschine mehrmals und ohne entsprechende Anweisungen nach unten gedrückt worden sei. Man empfehle daher dem Hersteller, das Flugsteuerungssystem des Jets zu untersuchen.
Die betroffene Fluggesellschaft Ethiopian Airlines bezeichnete es am Donnerstag als sehr unglücklich, dass die Piloten der Absturzmaschine trotz ihrer harten Arbeit und der "vollständigen Einhaltung aller Notfallmaßnahmen" das Flugzeug nicht davon abhalten konnten, seine Nase immer wieder nach unten zu ziehen.
Bei dem Absturz der Maschine kurz nach Abflug in Addis Abeba am 10. März waren alle 157 Menschen an Bord ums Leben gekommen. Der Crash hatte den US-Hersteller Boeing und die US-Luftfahrtbehörde FAA stark unter Druck gesetzt. Im Fokus steht eine umstrittene Steuerungssoftware, die bereits als mögliche Ursache für den Crash einer baugleichen Boeing-Maschine in Indonesien gilt. Dabei waren dem Ende Oktober 189 Menschen ums Leben gekommen.
Steuerungssoftware im Verdacht
Unfallermittler gingen bei diesem Absturz davon aus, dass die eigens von Boeing für die neue Flugzeugreihe 737 Max entwickelte Steuerungssoftware MCAS ein entscheidender Auslöser des Unglücks gewesen sein könnte. Der Bordcomputer soll die Nase der Lion-Air-Maschine automatisch immer wieder nach unten gedrückt haben, während die Besatzung vergeblich versuchte gegenzusteuern.
Die FAA kündigte am Donnerstag an, bei entsprechenden Erkenntnissen aus der Untersuchung angemessene Schritte zu unternehmen. Derzeit sei man aber noch dabei, die Umstände des Unfalls zu untersuchen und zu verstehen. Eine Boeing-Sprecherin teilte mit, der Flugzeugbauer schaue sich gerade den Untersuchungsbericht aus Äthiopien an.
Zwar ist weiterhin unklar, ob die Steuerungssoftware für den Absturz in Äthiopien verantwortlich war. Doch der vorläufige Untersuchungsbericht dürfte den Druck auf Boeing nicht verringern. Ethiopian-Airlines-Chef Tewolde GebreMariam hatte vergangene Woche dem "Wall Street Journal" bereits gesagt, dass das Steuerungsprogramm "nach unserem besten Wissen" eingeschaltet gewesen sei. Boeing hatte schon nach dem Absturz in Indonesien eine Überarbeitung des Programms versprochen, die Aktualisierung zieht sich jedoch weiter hin.
Nicht nur Boeing, auch die FAA steht nach den beiden Abstürzen schwer in der Kritik. Die Behörde wird verdächtigt, bei der Zertifizierung der 737 Max ein Auge zugedrückt zu haben, wichtige Teile der Sicherheitsprüfungen wurden dem Konzern selbst überlassen. Der Fall wird vom Verkehrsministerium untersucht, auch Justizministerium und FBI sollen inzwischen ermitteln. Die FAA hatte erst unter hohem politischen Druck ein Startverbot für Boeings 737-Max-Serie verhängt, nachdem dies in fast allen anderen Ländern bereits geschehen war.
Für Boeing ist die Aufarbeitung der Unglücke hochbrisant. Sollte sich ein Verdacht bestätigen, wonach der Konzern beim Zulassungsverfahren Informationen zurückgehalten hat, könnte dies strafrechtlich erhebliche Konsequenzen haben. Auch sonst ist der Fall juristisch heikel, es liegen bereits etliche Schadenersatzklagen vor.