Sondierung
Bouffier: Aus Fehlern der Jamaika-Gespräche lernen
- Veröffentlicht: 25.12.2017
- 13:54 Uhr
- dpa
Für CDU-Vize Bouffier zählt Vertrauen zu den entscheidenden Faktoren für ein Bündnis mit der SPD. Vor Beginn der Sondierungen warnt er vor aufreibenden Grabenkämpfen. SPD-Vize Dreyer verlangt von der Union Bewegung in zentralen Sachfragen. Ihre Ansage: Bloß kein Weiter so.
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier fordert bei der Sondierung für eine große Koalition eine Konzentration auf wesentliche Punkte. «Bei den Jamaika-Verhandlungen wurde der Fehler gemacht, dass man sehr viele Themen und diese sehr im Detail behandelt hat», sagte der hessische Ministerpräsident der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. «Wir müssen uns auf die entscheidenden Themen verständigen und die Grundstruktur, wie wir sie lösen wollen.»
Union und SPD starten am 7. Januar offiziell in die Sondierungen über eine Regierungsbildung, schon bis zum 12. Januar soll es ein Ergebnis geben. Dann soll feststehen, ob die Spitzen von CDU, CSU und SPD den Parteigremien den Einstieg in Koalitionsverhandlungen empfehlen. Wenn ja, könnte eine Regierung im März oder April stehen. Noch vor Beginn der offiziellen Gespräche wollen sich die Spitzen von Union und SPD am 3. Januar nochmals in kleinem Kreis zusammensetzen.
Gemeinsame Richtung
«Wichtig ist, dass die gemeinsame Richtung stimmt», betonte Bouffier. «Alles andere kann dann in die Koalitionsgespräche gepackt werden. Wir brauchen keine Ausführungen über 100 Seiten.» Zudem ergäben sich viele Themen oft unvorhersehbar im Laufe der Legislaturperiode. Gerade um diese zu bewältigen, sei gegenseitiges Vertrauen wichtig. Der Regierungschef gehört wie schon 2013 zum Teilnehmerkreis für die Gespräche mit der SPD. Er ist für die Themen Innen- und Rechtspolitik sowie Migration und Asyl verantwortlich.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer fordert von der Union Bewegung in wichtigen Sachfragen. «Es ist sehr wichtig, dass am Ende der Sondierung klar ist: Es gibt kein Weiter so!», sagte die rheinland-pfälzische Regierungschefin der dpa in Mainz. Als Beispiel nannte sie eine Weiterentwicklung der Rente. Der Union warf sie vor, diese habe in der bisherigen großen Koalition die Solidarrente blockiert. Damit sollen Altersrenten aufgestockt werden.
Jamaika-Aus
Die SPD hatte sich nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen zwischen Union, FDP und Grünen dazu durchgerungen, doch noch einmal in Sondierungen mit CDU und CSU einzusteigen. Die Sozialdemokraten wollten sich nach dem Absturz auf 20,5 Prozent bei der Bundestagswahl eigentlich in der Opposition erneuern. Für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen braucht die SPD-Spitze die Zustimmung eines Parteitags, der am 21. Januar in Bonn stattfinden soll.
Dreyer bekräftigte, die Sondierungen würden ergebnisoffen geführt. «Der Beschluss der Sozialdemokraten lautet nicht: Wir verhandeln über eine große Koalition. Wir verhandeln über Inhalte und ob und wie wir uns an einer Regierung beteiligen», unterstrich die stellvertretende Parteivorsitzende. «Es ist auch immer eine Option, am Ende zu sagen: Wir haben Gemeinsamkeiten, aber sie reichen nicht. Dann muss man eben eine Minderheitsregierung eingehen.»
Merkel lehnt Minderheitsregierung ab
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine Minderheitsregierung strikt ab. Auch Bouffier sprach sich klar gegen eine Teilkoalition mit Zusammenarbeit nur bei einigen Hauptpunkten oder die Tolerierung einer CDU/CSU-Minderheitsregierung durch die SPD aus. Die ständige Suche nach Mehrheiten diene nicht einer stabilen Regierung und stärke dadurch die politischen Ränder. «Deswegen sind für uns Modelle, bei denen man nur teilweise zusammenarbeitet, nicht sinnvoll.»
Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht warf der SPD schwere Fehler vor. «Die SPD hat keine Strategie», sagte sie der dpa in Berlin. «Es ist nicht klug, dass sie nicht mit klaren, populären Forderungen in die Sondierung geht.» Ihr Kernprojekt Bürgerversicherung sei zwar richtig, tauge aber wenig für Kompromissverhandlungen. «Und die von Martin Schulz geforderten Vereinigten Staaten von Europa bis 2025 dürfte sich nicht einmal die Mehrheit der SPD-Wähler wünschen», sagte Wagenknecht. «Denn wer will schon von der EU-Kommission und ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker regiert werden.»