"Schnupperkurs" für Einsteiger
Bundeswehr will 1000 Freiwillige für den Heimatschutz rekrutieren
- Veröffentlicht: 23.07.2020
- 16:36 Uhr
- dpa
Vor neun Jahren wurde die Bundeswehr von einer Wehrpflicht- in eine Freiwilligenarmee umgewandelt. Jetzt soll es ein zusätzliches Angebot für diejenigen geben, die nur mal kurz zur Bundeswehr wollen. Sie sollen eine spezielle Aufgabe bekommen.
Mit einem neuen Freiwilligendienst will die Bundeswehr ab April 2021 bis zu 1000 zusätzliche Kräfte rekrutieren. Er soll aus einer siebenmonatigen militärischen Ausbildung und Reservisteneinsätzen in den folgenden sechs Jahren bestehen. Die Aufgabe der neuen Freiwilligen: der Heimatschutz, also Einsätze im Krisen- oder Katastrophenfall wie jetzt bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) stellte den neuen Dienst am Donnerstag unter dem Motto "Dein Jahr für Deutschland" in Berlin vor.
Er soll den bereits bestehenden Freiwilligendienst ergänzen, der nach Aussetzung der Wehrpflicht im Juli 2011 gestartet wurde. Dieser dauert 7 bis 23 Monate und dient unter anderem der Rekrutierung von Zeit- und Berufssoldaten, ist also eine Art "Schnupperkurs". Unter den rund 184.000 Bundeswehrsoldaten sind derzeit gut 9000 freiwillig Wehrdienstleistende, die in allen Truppenteilen eingesetzt werden und auch in Auslandseinsätze geschickt werden können.
Drei Phasen geplant
Jetzt sollen etwa 1000 mit einem anderen Aufgabenprofil hinzu kommen. Sie sollen nicht bei Luftwaffe, Heer oder Marine, sondern nur bei der Streitkräftebasis eingesetzt werden, die vor allem für logistische Unterstützung anderer Truppenteile zuständig ist - und auch bei Krisen- und Katastropheneinsätzen im Inland die Federführung hat.
Der neue Dienst besteht aus drei Phasen:
- Am Anfang steht eine dreimonatige militärische Grundausbildung, die auch die bisherigen Wehrdienstleistenden absolvieren.
- Darauf folgt eine viermonatige "Spezialausbildung Heimatschutz" in Berlin, im niedersächsischen Delmenhorst oder im bayerischen Wildflecken.
- In den sechs Jahren nach der Ausbildung sollen dann Reservisteneinsätze in der Nähe des Wohnorts folgen. Insgesamt sollen sie sich auf etwa fünf Monate summieren. Insgesamt hat der neue Freiwilligendienst damit die Länge von etwa einem Jahr.
1550 Euro brutto für die Heeres-Praktikanten
Die Freiwilligen erhalten für die Ausbildung 1550 Euro brutto und als Reservist 87 Euro für jeden Einsatztag. Bewerben kann sich ab dem 1. September jeder Mann und jede Frau ab 17 Jahren. Mit dem neuen Dienst soll eine Lücke beim bisherigen Freiwilligendienst geschlossen werden. Kramp-Karrenbauer will damit aber auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken. "Es gibt eine Diskussion darüber, was unsere Gesellschaft zusammenhält, was der Kitt in unserer Gesellschaft ist", sagte sie.
Die CDU-Chefin hatte vor zwei Jahren eine Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht für alle jungen Männer und Frauen angestoßen. Ein solcher Pflichtdienst würde nicht nur bei der Bundeswehr geleistet, sondern etwa auch in der Pflege, der Umwelthilfe oder bei der Feuerwehr.
AKK wäre ein Pflichtjahr lieber
Kramp-Karrenbauer bekräftigte am Donnerstag, dass sie weiterhin zu dieser Idee stehe. "Die Debatte um die Dienstpflicht nimmt ja Fahrt auf", sagte sie. "Ich bin eher eine Anhängerin einer Pflicht." Kramp-Karrenbauer weiß aber auch, dass eine solche Pflicht kurzfristig nicht durchsetzbar ist, denn dafür müsste das Grundgesetz mit Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat geändert werden.
Immerhin wurde die Diskussion zuletzt aus den Reihen der Sozialdemokraten vorangetrieben - mit einer Äußerungen der neuen Wehrbeauftragten Eva Högl (SPD). Die hatte die Aussetzung der Wehrpflicht als "Riesenfehler" bezeichnet und eine Diskussion über eine Wiedereinführung gefordert. Damit war sie allerdings auf breite Ablehnung gestoßen - auch bei Kramp-Karrenbauer.
Wohin diese Debatte führen werde, "werden die nächsten Monate oder nächsten Jahre zeigen", sagte die Ministerin. Sie betonte aber, dass sie auf das Ergebnis nicht warten wolle, sondern das versuchen wolle, was nun in ihrer eignen Macht stehe. Deswegen der neue Freiwilligendienst.