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Flick übernimmt

Eine Ära ist zu Ende

  • Veröffentlicht: 02.07.2021
  • 11:42 Uhr
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© dpa

Schon wieder beklagt der deutsche Fußball einen frühen Turnier-K.o. Anders als nach dem WM-Debakel 2018 konzentrieren sich die Debatten auf das Potenzial der Spiele - die Trainerfrage ist geklärt. Hansi Flick muss schaffen, was Joachim Löw nicht mehr gelingen wollte.

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Tief in der Nacht kehrten Joachim Löw und seine von England entzauberten EM-Spieler noch einmal in den "Home Ground" zurück. Abschied nehmen hieß es im fränkischen Quartier, vom Turnier und vor allem vom scheidenden Bundestrainer, für den das 0:2 im Achtelfinale im Londoner Wembleystadion das letzte Länderspiel war - weit vor dem anvisierten Endspiel am 11. Juli.

Im Laufe des Tages geht es für Kapitän Manuel Neuer und seine ebenfalls tief enttäuschten 25 Teamkollegen in den Urlaub statt weiter zum Viertelfinale nach Rom gegen den Außenseiter Ukraine.

Um kurz vor 1.00 Uhr war die DFB-Chartermaschine in Nürnberg gelandet. Löw stieg als Erster aus, in Bussen und Vans ging es danach - eskortiert von zwei Polizeiwagen - weiter ins nahe Herzogenaurach.

Eine Ära ist zu Ende

Die Tragweite der Niederlage in Wembley war manchem wohl erst auf der eiligen Heimreise aus England so richtig klar geworden. Eine Ära ist zu Ende. Eine große Titelchance und ein damit verbundener ehrenvoller Abschied für Löw wurde zu früh und zu leichtfertig vertan. "So, that's it. Die EM ist für uns vorbei. Und ich sitze hier im Bus und will es nicht wahrhaben", schrieb Verteidiger Mats Hummels auf seinen Social-Media-Kanälen.

Mit dem Abschied von Löw endet nach 15 Jahren die längste Strecke eines Bundestrainers. Sieben Turniere sind unerreicht. Auch wenn die letzten beiden im Schockzustand (WM 2018) oder einem Gefühl der großen Unzufriedenheit (EM 2021) endeten. Der 2014 noch gefeierte damalige Weltmeister-Coach Löw übergibt die DFB-Elf an seinen früheren Assistenten Hansi Flick mitten in einem nicht abgeschlossenen Transformationsprozess.

Flick wird klare und kluge Entscheidungen treffen müssen. Mit wem soll Deutschland die Rückkehr zur Fußball-Dominanz gelingen? Es wird Gespräche geben. Toni Kroos (31)? Ist nicht mehr sakrosankt. Ilkay Gündogan (30)? Fand keine Bindung zum Team. Die glücklosen Rückkehrer Hummels (32) und Thomas Müller (31)? Werden sie womöglich diesmal selbst entscheiden, bevor sie erneut auf's Abstellgleis geschoben werden? Bei Kapitän Manuel Neuer (35) gibt es keine Anzeichen, dass er Schluss macht.

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Führungsrolle für Kimmich und Goretzka

Im September geht die WM-Qualifikation gegen Liechtenstein, Armenien und Island weiter. Deutschland muss auf dem Weg nach Katar als klarer Gruppenfavorit von Platz drei aus aufholen. Flick wird also nicht viel ausprobieren können. Muss er auch nicht. Denn das Grundgerüst mit viel Talent gerade in der Offensive (Kai Havertz, Serge Gnabry, Leroy Sané, Jamal Musiala) steht. "Wir haben eine Reihe junger Spieler, die in den nächsten zwei, drei Jahren nochmal einen großen Schritt nach vorne machen werden", sagte Löw. Reife war sein Wort in Wembley, die dem Team noch fehle.

Und die Platzhirsche hat der 61-Jährige auch schon benannt. Joshua Kimmich und Leon Goretzka müssen nun wirklich in die Führungsrolle schlüpfen. Beide seien "jetzt schon Leader in der Mannschaft, weil sie mit ihrem unbändigen Willen vorangehen", betonte Löw. "Beide sind in der Lage, die Mannschaft in den nächsten Jahren zu führen und den jungen Spielern Halt zu geben."

Und was wird aus Löw? Von einem grundsätzlichen vorzeitigen Ruhestand wollte er nichts wissen. Aber ein gewisser Abstand ist wichtig. "Von Ruhestand habe ich noch nie gesprochen. Klar ist, dass eine Pause jetzt mal wichtig ist. Auch eine emotionale Pause", sagte er.

Zumal die Enttäuschung tief sitzt. "Vielleicht muss ich erst alles zulassen, Enttäuschungen, die Leere, die kommt. Mit Sicherheit gibt es neue Aufgaben für mich, die interessant sind", sagte Löw. Er habe "keine konkreten Pläne". Konkrete Pläne für Fußball-Deutschland braucht jetzt ein anderer, Hansi Flick.

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