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Österreich ist überfordert

"Ende der Einladungspolitik"

  • Veröffentlicht: 01.11.2015
  • 10:59 Uhr
  • dpa
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Eine "ehrlichere Politik" erhofft sich Österreichs Außenminister in der Flüchtlingskrise - denn nicht nur sein Land sei «überfordert» mit den vielen Neuankömmlingen. Während Wien mahnende Worte nach Berlin schickt, bekommen die Deutschen Lob aus Tschechien.

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Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz hat die Bundesregierung indirekt für ihren Umgang mit der Flüchtlingskrise kritisiert und eine "ehrlichere Politik" eingefordert. "Ich wünsche mir definitiv, dass wir in Europa, vor allem auch Deutschland, die Dinge endlich beim Namen nennen und klipp und klar sagen: Es braucht ein Ende der Einladungspolitik", sagte Kurz der "Kleinen Zeitung". "Wir sind überfordert. Es kommen einfach zu viele Menschen." Tschechiens Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg fand hingegen Lob dafür, dass die Flüchtlingsdebatte in der Bundesrepublik vergleichsweise unaufgeregt geführt werde.

Kurz kritisierte auch das Auftreten verschiedener Ländervertreter bei den Brüsseler Treffen zur Flüchtlingskrise. "Es gibt immer noch zu viele Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel, die sich nicht betroffen fühlen, die versuchen, sich mit Worthülsen wie "unbegrenzte Humanität" zu retten und hoffen, dass der Zustrom von alleine versiegt. Das wird nicht passieren."

 "Neue Barrieren sind gefährlich"

Auf die Frage der "Kleinen Zeitung" (Sonntag), ob Österreich seine Grenzen schließen sollte, wenn Deutschland dies tue, antwortete Kurz: "Wenn Deutschland die Grenzen dicht macht, dann haben wir eine andere Situation. Wenn Deutschland das tut, müssen wir im Gleichklang agieren, weil wir sonst innerhalb weniger Tage komplett überfordert werden."

Genau davor warnt indes die österreichische Wohlfahrtsorganisation Volkshilfe, die eine Online-Stimmensammlung gegen Grenzzäune in Europa gestartet hat. "Neue Barrieren sind gefährlich und können zur Eskalation führen", erklärte Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe, am Samstag. Anlass der Petition sind die Pläne der Wiener Regierung, einen Grenzübergang zu Slowenien mit "baulichen Maßnahmen" zu sichern, wobei auch von einem Zaun die Rede ist.

In Tschechien herrsche eine "Hysterie vor Flüchtlingen"

Schwarzenberg wünscht sich in der Migrationsdebatte eine weniger negative Haltung seiner Landsleute zu Flüchtlingen. In Tschechien herrsche eine regelrechte "Hysterie vor Flüchtlingen", sagte er auf einer Prager Konferenz über Globalisierung. Dies sei aber nichts anderes als ein Ausdruck tschechischer "Minderwertigkeitsgefühle". Die öffentliche Diskussion über Migration werde in Tschechien ganz anders geführt als etwa in Deutschland oder der Schweiz, sagte Schwarzenberg. Er schäme sich geradezu dafür, "wie hinterwäldlerisch wir hier leben".

Laut einer Eurobarometer-Umfrage ist in Tschechien und der ehemaligen Schwesterrepublik Slowakei die Ablehnung einer solidarischen Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU am stärksten.

Angesichts der vielen blutigen Konflikte sehen die Vereinten Nationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) die Welt an einem Wendepunkt angekommen. 60 Millionen Menschen hätten ihre Heimatorte wegen Gewalt und Krieg verlassen müssen, so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, hieß es in einem am Samstag in Genf veröffentlichten Appell der beiden Organisationen. Aber: "Trotz himmelschreiender Grausamkeiten reagiert die Welt mit verstörendem Nichtstun", kritisierte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

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