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In der Flüchtlingskrise hält die EU an der Türkei fest.

EU-Gipfel setzt Cameron im "Brexit"-Streit unter Druck

  • Veröffentlicht: 19.02.2016
  • 16:32 Uhr
  • dpa
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Unter den EU-Chefs wird die Stimmung gereizter. Überzieht Großbritanniens Premier Cameron in der "Brexit"-Schlacht? In der Flüchtlingskrise hält die EU an der Türkei fest.

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Die EU-Partner haben den britischen Premier David Cameron beim EU-Gipfel unter Druck gesetzt, das Reformpaket zum Abwenden eines "Brexits" zu akzeptieren. Es müsse noch am Freitag eine Abmachung geben, forderte der belgische Regierungschef Charles Michel, der zu den härtesten Widersachern Camerons gehört. "Lasst uns deutlich sein: Es ist nicht möglich, eine solche Veranstaltung in den kommenden Monaten oder Jahren zu haben, mit einem dauerhaften Zweifel über Europa", empörte sich der Liberale.

Das Gipfeltreffen ging am Freitag in Brüssel wegen der zähen Briten-Verhandlungen in die Verlängerung. Immer wieder trafen sich EU-Chefs in kleinen Gruppen, um Kompromissmöglichkeiten auszuloten. So kam Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Cameron zusammen. Die Suche nach Gemeinsamkeiten in der Flüchtlingsfrage hatte Merkel und ihren europäischen Kollegen zuvor bereits eine lange Nacht beschert.

"Ich werde mich nur auf eine Vereinbarung einlassen, wenn wir bekommen, was Großbritannien braucht", sagte Cameron. Das Reformpaket soll die britischen Wähler überzeugen, für den Verbleib in der Europäischen Union zu votieren. Die Alternative wäre ein Austritt, der "Brexit". Die Briten könnten womöglich schon im Juni abstimmen.

Tsipras irritiert die anderen Regierungschefs

Für Irritationen sorgte dem Vernehmen nach der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras. Von ihm hieß es, er habe seine Zustimmung zu einem Briten-Deal an Garantien in der Flüchtlingskrise geknüpft.

Demnach forderte Tsipras in einem Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande und Merkel, dass die übrigen EU-Staaten mindestens bis zum 6. März - das ist möglicherweise der Termin für einen neuen EU-Türkei-Sondergipfel - keine einseitigen Grenzschließungen für Migranten veranlassen. Hollande und Merkel hätten Griechenland daraufhin "jede Unterstützung, die es benötige" zugesichert, hieß es aus Regierungskreisen in Athen. Von deutscher Seite war dazu keine Stellungnahme zu erhalten.

Britische Medien spekulierten darüber, dass Cameron nach Abschluss des EU-Spitzentreffens eine Kabinetts-Sondersitzung in London abhält. Dann könnte er auch das genaue Datum für das Referendum bekanntgeben. Spekuliert wird über den 23. Juni.

Auch am zweiten Gipfeltag gab es offene Punkte. Dabei ging es um die Frage, wie lange es London erlaubt werden soll, eine geplante "Notbremse" zu ziehen. Damit will die Regierung in London zugewanderten EU-Bürgern bestimmte Sozialleistungen für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vorenthalten.

Belgiens Regierungschef Michel sagte, alle mit Großbritannien jetzt getroffenen Vereinbarungen würden hinfällig, falls die Wähler beim Referendum für den "Brexit" stimmen. Auf die Frage, ob sie mit dem Reformangebot an Cameron zufrieden sei, sagte die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite: "Mehr oder weniger, ja."

Sondergipfel mit der Türkei im März

In der Flüchtlingskrise plant die EU Anfang März einen neuen Sondergipfel mit der Türkei. "Wir haben bestätigt, dass es keine Alternative gibt zu einer guten, intelligenten und weisen Zusammenarbeit mit der Türkei", sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in der Nacht.

Bundeskanzlerin Merkel fand Gehör mit ihrer Forderung nach einer Lösung im Kreis der 28 - und erst einmal nicht nur in einer kleinen "Koalition der Willigen". Der Sondergipfel findet außerdem noch vor den drei Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt statt. Merkel sagte: "Ich bin sehr zufrieden mit der Diskussion." Vor dem Gipfel hatte sie erklärt: "Wir wollen eine Lösung der 28. So gehe ich jedenfalls als deutsche Bundeskanzlerin in diese Debatte."

Zwischen Merkel und ihrem österreichischen Kollegen Werner Faymann kam es wegen dessen Ankündigung von Flüchtlingsobergrenzen zur Auseinandersetzung. Merkel lehnt Obergrenzen aus humanitären und rechtlichen Gründen ab. "Die hat natürlich keine ausgesprochene Freude", sagte Faymann. Merkel sagte nur: "Wir haben uns ausgetauscht." Im September hatten sie noch gemeinsam beschlossen, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen, die in Ungarn festsaßen.

Die EU-Kommission hält das Vorgehen für unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Genfer Konvention sowie mit Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta. Juncker mahnte, "nationale Solos" seien nicht empfehlenswert.

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