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Parteitag der Europäischen Volkspartei

EVP zieht mit Jean-Claude Juncker in die Europawahl

  • Veröffentlicht: 07.03.2014
  • 16:45 Uhr
  • jal, AFP
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"Ich will Brücken bauen und eine Konsensmaschine in Europa werden", hat Jean-Claude Juncker versprochen - und damit Erfolg gehabt: Der Luxemburger wurde im irischen Dublin zum europaweiten Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl im Mai gekürt. Der frühere Regierungschef hat damit einen ersten Schritt für sein politisches Comeback gemacht. Nun hofft er auf eine höhere Aufgabe - das Amt des Kommissionspräsidenten.

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"Ich bin sehr stolz, der Spitzenkandidat zu sein", sagte Juncker. Der als Favorit gehandelte Luxemburger gewann die Abstimmung allerdings weniger klar als im Vorfeld erwartet: Juncker errang 382 Stimmen, Barnier vereinigte 245 Stimmen auf sich. Nach seiner Wahl rief Juncker Barnier auf die Bühne des Parteitags. Der Franzose gratulierte seinem Konkurrenten "von ganzem Herzen" und versprach: "Du kannst auf mich zählen."

Für Juncker bedeutet die Spitzenkandidatur die Chance zur Rückkehr auf die große politische Bühne - die ihm offensichtlich gefehlt hat. Der Christdemokrat war im vergangenen Jahr in seiner Heimat über eine Geheimdienstaffäre gestürzt und musste sich vorgezogenen Neuwahlen stellen. Und obwohl er seine Partei wieder zur stärksten Kraft machte, wurde er von den anderen Parteien aus dem Amt gehebelt. Sie ließen ihn bei der Koalitionsbildung unbeachtet. Somit blieb dem ans internationale Rampenlicht gewöhnten Juncker nur die harte Oppositionsbank im Parlament des kleinen Großherzogtums.

Schnell kamen Gerüchte auf, dass es den schlitzohrigen 59-Jährigen trotz gegenteiliger Beteuerungen im Wahlkampf wieder in die Weltpolitik zieht. Während seiner 19-jährigen Amtszeit als luxemburgischer Regierungschef saß er stets als Bindeglied und Vermittler zwischen Deutschland und Frankreich bei den EU-Gipfeln am Tisch. Als Vertreter eines kleinen Landes nutzte der fließend Deutsch, Französisch und Englisch sprechende Juncker dies auch dazu, unangenehm deutliche Kritik an die Großen zu richten.

Zudem verdiente sich Juncker den Spitznahmen "Mr. Euro": In acht Jahren als Chef der Eurogruppe steuerte der Christdemokrat die gemeinsame Währung nicht nur durch die ersten Jahre, sondern auch durch ihre schwerste Krise: Unter seinem Vorsitz wurden die Hilfspakete für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien geschnürt und der dauerhafte Euro-Rettungsfonds ESM aus der Taufe gehoben.

Die Rolle des Eurogruppenchefs erfüllte er nicht immer zur Zufriedenheit aller, aber bis Anfang 2013 bis zu den Grenzen seiner körperlichen und psychischen Belastbarkeit. «Ich bin stolz, dass wir es geschafft haben, Spekulanten und Feinde innerhalb und außerhalb der Eurozone zu schlagen», strich Juncker vor den Delegierten in dem Konferenzzentrum am Liffey-Fluss seine Verdienste heraus und betonte: "Ich bin ein wirklicher Europäer."

Leidet Juncker unter einem Alkoholproblem?

Geboren am 9. Dezember 1954 im luxemburgischen Redingen wuchs er in eher bescheidenen Verhältnissen als Sohn eines christlich geprägten Stahlarbeiters auf. Sein Vater wurde im Zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht zwangseingezogen, erzog seinen Sohn aber "ausgesprochen deutschfreundlich", wie der selbst berichtete. Für das Jurastudium zog es Juncker nach Straßburg, im Anschluss startete er jung seine lange politische Karriere.

"Ich glaube, Jean-Claude Juncker ist sicher ein ganz brillanter Europapolitiker" und ein "sehr reputierlicher Kandidat", sagte bereits vor der Nominierung Junckers sein härtester Widersacher im europäischen Kandidatenrennen, der sozialistische Spitzenkandidat Martin Schulz (SPD), Präsident des Europaparlaments. Doch in einem schlauchenden europaweiten Wahlkampf muss Juncker nun bis Ende Mai zeigen, dass er der Spitzenkandidatur gewachsen ist. Dabei kam es ihm gar nicht gelegen, dass Medienberichte dem Luxemburger zuletzt ein Alkoholproblem zuschrieben.

Überzeugen muss Juncker aber nicht nur die Wähler, sondern auch die Staats- und Regierungschefs. Denn zwar gelten die europaweiten Spitzenkandidaten als Bewerber um das Amt des Kommissionschefs, doch trotz der Mahnungen aus dem EU-Parlament bleibt unsicher, ob die Staats- und Regierungschefs sich nach der Wahl am 25. Mai auch daran halten. Möglich ist, dass sie doch lieber einen aktuellen Regierungschef auf dem Posten sehen wollen. Doch das Spiel möchte Juncker nicht mitmachen: "Ich will der Präsident der Europäischen Kommission sein", betonte er in Dublin.

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