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Gabriel beziffert die notwendige Summe auf fünf Milliarden Euro

Flüchtlingshilfe im Nahen Osten soll Zustrom nach Westeuropa bremsen

  • Veröffentlicht: 19.09.2015
  • 17:37 Uhr
  • dpa
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© dpa

Zehntausende Flüchtlinge schlagen sich durch Südost-Europa nach Norden durch. An den Grenzen Ungarns, Kroatiens und Österreichs suchen sie einen Weg in die EU. Berlins Innenminister will mit Kontingenten den Zuzug nach Deutschland begrenzen.

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Während Tausende Flüchtlinge auf der Balkanroute Richtung Mitteleuropa ziehen, mehren sich die Rufe nach internationaler Unterstützung. Deutschland und Österreich fordern mehr Geld zur Versorgung syrischer Flüchtlinge im Nahen Osten, um sie von der Weiterreise gen Westen abzuhalten. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann und der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) bezifferten die notwendige Summe am Samstag auf fünf Milliarden Euro.

Wenn die Europäische Union jetzt nicht Geld in die Hand nehme, "dann werden sich noch mehr Menschen auf den Weg machen", sagte Gabriel bei einem Treffen führender europäischer Sozialdemokraten in Wien. Die USA und Saudi-Arabien sollten sich an dem Programm beteiligen, darin stimme er mit Faymann überein.

Kerry: "Humanitäre Katastrophe" in Europa

US-Außenminister John Kerry nannte die Situation der Flüchtlinge in Europa eine "humanitäre Katastrophe". Die Aufnahme von 10 000 syrischen Flüchtlingen in den USA sei nicht genug, sagte er dem britischen Sender Channel 4: "Wir schauen uns andere Optionen an, es ist dringend." Der US-Außenminister machte jedoch auch deutlich: "Man kann das nicht lösen, indem man einfach die Leute ins Land lässt." Kerry wird am Sonntag in Berlin erwartet.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière will mit einem neuen europäischen Asylrecht die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland begrenzen. "Wir können uns in Europa nicht abschotten. Wir können aber auch nicht alle Menschen aus Krisengebieten und alle Armutsflüchtlinge, die nach Europa und nach Deutschland möchten, aufnehmen", sagte der CDU-Politiker dem "Spiegel".

Gebraucht würden feste, großzügige Flüchtlingskontingente in der Europäischen Union für eine legale Zuwanderung - wenn diese aber ausgeschöpft seien, sollten politisch Verfolgte in ihre Heimatregionen zurückgeschickt werden. Dort müsse ihnen dann geholfen werden.

Steinmeier fordert Antwort auf die Flüchtlingskrise

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte eine gemeinsame europäische Antwort auf die Flüchtlingskrise an: "Es kann nicht sein, dass bei den ankommenden Hunderttausenden von Flüchtlingen am Ende sich nur vier Länder in Europa verantwortlich fühlen - Italien, Österreich, Deutschland und Schweden", sagte er in Magdeburg.

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), appellierte an die EU-Regierungschefs, bei ihrem für Mittwoch geplanten Gipfel endlich die versprochenen sieben Milliarden Euro zur Flüchtlingsbetreuung im Nahen Osten freizugeben. "Das Geld muss noch in dieser Woche fließen", sagte Schulz bei einem SPD-Kongress in Kiel. Er verwies auf Flüchtlingslager in der Türkei, im Libanon und in Jordanien, wo mehrere Millionen Menschen untergebracht seien.

Der Zug der Flüchtlinge in die Mitte Europas nimmt indes kein Ende. Die ungarischen Behörden zählten bis Samstagmittag knapp 9000 Flüchtlinge, die innerhalb von zwei Tagen von Kroatien aus nach Ungarn gekommen waren. Das EU-Land hatte am vergangenen Dienstag seine Grenze zu Serbien für Flüchtlinge nahezu hermetisch geschlossen. Seither gibt es einen durchgehenden Grenzzaun, die Flüchtlinge - von denen viele aus Nahost stammen - weichen deshalb nach Kroatien aus.

20 000 Flüchtlinge in Kroatien

Kroatien hatte am Freitag erklärt, den Andrang an Menschen nicht mehr bewältigen zu können. Bis Samstag kamen mehr als 20 000 Flüchtlinge ins Land, wie das Innenministerium mitteilte. Autobusse und Züge brachten Tausende von ihnen direkt zu den ungarischen Grenzübergängen. Die Menschen stiegen dort in ungarische Autobusse und Züge um. Diese brachten sie zu Sammelstellen und Flüchtlingslagern nahe der österreichischen Grenze. Andere Flüchtlinge harrten an der kroatisch-slowenischen Grenze aus.

Österreichs Behörden erwarteten am Samstag die Ankunft von rund 10 000 Menschen, die zuvor über Kroatien und Ungarn reisten. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kündigte an, dass Menschen, die nach der Durchreise durch Kroatien oder Slowenien erst in Österreich um Asyl bitten, dorthin zurückgebracht würden.

Sie habe kein Verständnis dafür, dass in den Balkanstaaten kaum Asylanträge gestellt würden, denn es handle sich um sichere Länder. "Das ist keine Schutzsuche mehr, sondern Asyl-Optimierung", fügte die konservative Politikerin hinzu. Im zweiten Quartal war Österreich hinter Ungarn das EU-Land mit der zweithöchsten Zahl von Asylanträgen pro Einwohner.

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