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Wladimir Wladimirowitsch Putins dreister Deal

Für mich die Krim, für euch der Rest

  • Veröffentlicht: 15.03.2014
  • 16:45 Uhr
  • mei, AFP
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© RTR

Es wäre ein hässlicher Ausweg aus der Ukraine-Krise, den der Westen nie öffentlich anerkennen, zähneknirschend aber vielleicht hinnehmen könnte: Russlands Präsident Wladimir Putin bekommt die Krim - und lässt den Rest der Ukraine dafür in Frieden.
Kurz vor dem Referendum über die Zukunft der Krim am Sonntag ist ein derartiger Appeasement-Ansatz in der scharfen Rhetorik von US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar nicht zu erkennen. Genauso wenig ist aber in irgendeinem maßgeblichen Land ein Wille auszumachen, einen Krim-Krieg gegen die russische Atommacht zu führen.

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Am Ende könnte der Westen die Augen vor einer russischen Annexion verschließen, sagt Alexander Motyl von der Rutgers University in Newark bei New York. "Aber nur, wenn Putin im Gegenzug die neue ukrainische Regierung anerkennt." Der Kreml-Chef müsste dann ganz konkrete Garantien geben, dass er seinem Land nicht weitere ostukrainische Gebiete einverleiben würde. Und Obama, Merkel und Co. müssten die Konsequenzen klar aufzeigen, die ein Bruch dieser Garantien haben würde.

"Die Krim ist verloren"

Doch ganz sicher, ob der "hässliche Deal" funktionieren würde, ist sich der Ukraine-Experte nicht. "Leider gibt es nichts in Putins Worten und Taten, was nahelegt, dass er bei der Krim stehen bleibt. " Anders sieht es James Nixey vom Londoner Institut Chatham House: "Die Krim ist verloren. Aber weiter wird Putin nicht gehen. Das ist höchst unwahrscheinlich, denn er hat dann erreicht, was er will", sagte Nixey dem US-Sender CNBC.
Vor den Kulissen wollen sich weder Merkel noch Obama auf einen Handel mit Putin einlassen. Der Westen hält die Volksabstimmung für illegal. Die USA und die EU verhängten bereits erste Sanktionen und wollen diese demnächst verschärfen. US-Außenminister John Kerry betonte am Freitag erneut, die internationale Gemeinschaft werde das Ergebnis des Referendums nicht anerkennen.

Die Verhandlungen mit der russischen Seite über das Referendum waren zuvor endgültig gescheitert. Ein Krisentreffen zwischen Kerry und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow verlief ergebnislos. Nach Ansicht des Russland-Beauftragten der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), ist die Eingliederung der ukrainischen Halbinsel in die Russische Föderation ohnehin nicht mehr aufzuhalten. "Diese Frage ist in der russischen Führung wohl schon längst entschieden", sagte Erler der Wochenzeitung "Das Parlament".
Große Sorge macht sich auch in den kleinen baltischen Staaten breit, die sich die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg unter den Nagel riss. Nun versuche Moskau schon wieder, "die Grenzen neu zu zeichnen", sagte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite vor kurzem beim Brüsseler Gipfel.

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"Unfähigkeit des Westens"

Die meisten politischen Analysten gehen indes nicht davon aus, dass Putin wirklich über die Ukraine hinaus zielt. Der Kreml-Chef wolle "die gesamte Ukraine für ihre West-Orientierung bestrafen", sagt Erik Nielsen von der Bankengruppe UniCredit. "Aber bis zu einem Punkt, und das ist wichtig, der die Spannungen mit dem Westen nicht über ein politisch und wirtschaftlich tragbares Maß hinaus verschärfen würde."

Und trotzdem sieht Steven Pifer von der Washingtoner Brookings Institution keine Option für den Westen, einen Russland-Beitritt der Krim hinter den Kulissen zu schlucken. "Es wäre ein Fehler, eine Annexion der Krim stillschweigend zu 'akzeptieren', und dann zu hoffen, Putin würde die übrige Ukraine in Ruhe lassen", sagt der frühere US-Botschafter in Kiew.

Schon jetzt habe die Unfähigkeit des Westens, die territoriale Unversehrtheit der Ukraine zu verteidigen, verheerende Signalwirkung, fürchtet Lilia Schewzowa vom Carnegie Centre in Moskau. Sie verweist auf das Abkommen von 1994, bei dem Kiew im Gegenzug für Sicherheitsgarantien auf seine Atomwaffen aus der Sowjetzeit verzichtete. "Jetzt droht das gesamte Nichtverbreitungsregime zusammenzubrechen", sagt sie. "Von jetzt an werden Staaten versuchen, sich Atomwaffen zu besorgen, und nicht, sich davon zu trennen."

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