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Referendum am 5. Juli

Griechenland steuert auf Pleite zu

  • Veröffentlicht: 28.06.2015
  • 09:34 Uhr
  • dpa
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Der Geldhahn für Athen wird endgültig zugedreht: Das griechische Parlament beschloss das Referendum über das Reformpaket.

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Griechenland steuert nach den gescheiterten Verhandlungen über weitere Finanzhilfen auf eine Staatspleite zu und hält dennoch an seinem Kurs fest. Obwohl die Euro-Finanzminister am Samstag eine Verlängerung des Hilfsprogramms für Athen über den 30. Juni hinaus ablehnten, beschloss das Parlament in Athen in der Nacht zum Sonntag für den 5. Juli ein Referendum über das von den Geldgebern vorgelegte Spar- und Reformpaket."Ich werde mir nicht von Herrn (Wolfgang) Schäuble die Erlaubnis für eine Volksabstimmung einholen", sagte Regierungschef Alexis Tsipras zu Bedenken über den Sinn des Referendums. "Die Würde eines Volkes ist kein Spiel."

Referendum beschlossen

Mit 178 Ja- und 120 Nein-Stimmen votierten die Abgeordneten in Athen für die Volksabstimmung über die von den internationalen Gläubigern ursprünglich vorgelegten Spar- und Reformmaßnahmen. Eine erste Zählung von 179 Ja-Stimmen wurde nachträglich korrigiert. Die Rechts-Links-Koalition hat im Parlament 162 der insgesamt 300 Sitze. "Das Referendum wird stattfinden, ob die Partner es wollen oder nicht", sagte Tsipras im Parlament. Zugleich betonte er, niemand könne Griechenland aus dem Euro drängen.

Weiteres Hilfsprogramm abgelehnt

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte nach einem Krisentreffen am Samstag: "Angesichts der Situation müssen wir mit Bedauern zu dem Schluss kommen, dass das Programm Dienstagnacht ausläuft." Damit würden bereitstehende Hilfen der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) für Athen von insgesamt gut 18 Milliarden Euro verfallen. Ende Juni muss Athen IWF-Kredite zurückzahlen. Über Konsequenzen berieten die anderen 18 Euro-Finanzminister anschließend ohne den griechischen Ressortchef Gianis Varoufakis.

Die Euro-Länder waren von der Ankündigung des Referendums von Tsipras in der Nacht zum Samstag, kurz vor der Krisensitzung der Euro-Finanzminister, überrascht worden.

Nach Einschätzung der Eurogruppe zwingt das Ende des Programms die Athener Regierung zu Notmaßnahmen. Dijsselbloem zufolge soll es technische Hilfe von den Geldgeber-Institutionen geben, um die Stabilität des griechischen Finanzsystems zu sichern.

Politiker über harsche Kritik

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bekräftigte wie seine europäischen Kollegen, dass Griechenland Mitglied der Euro-Zone und Teil der EU bleibe. Allerdings steuere Griechenland nun auf akute Schwierigkeiten zu. Es werde schwierig für Athen, Verpflichtungen zu erfüllen. "Die Enttäuschung ist schon sehr groß. Das ist kein guter Tag", sagte Schäuble weiter.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier übte in einem Gespräch mit der "Welt am Sonntag" harsche Kritik an der griechischen Regierung. "Ich verstehe nicht, wie eine gewählte griechische Regierung seinem Volk empfiehlt, den europäischen Vorschlag abzulehnen und die Menschen in Griechenland damit in Geiselhaft nimmt, um Europa weitere Konzessionen abzutrotzen", sagte er. "Der Zickzackkurs der griechischen Regierung in den letzten Stunden und Tagen macht einen doch fassungslos."

EZB entscheidet über Notkredite

Entscheidend wird jetzt sein, wie die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert. Nach Angaben von EU-Diplomaten wird die EZB noch am Sonntag beraten. Die EZB stützt griechische Banken schon länger mit Notkrediten, um einen Zusammenbruch des Bankensektors zu verhindern, weil die Griechen Milliarden von den Konten räumen. Die EZB muss entscheiden, ob sie griechische Banken weiter stützt. Dreht sie den Geldhahn endgültig zu, spitzt sich die Lage nochmals zu.

Griechenland braucht dringend frische Milliarden. Am Dienstag muss das Land 1,54 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen. Eine Zahlungsunfähigkeit schon unmittelbar am 1. Juli bei endgültig gescheiterten Verhandlungen gilt aber als ausgeschlossen. Seit 2010 gab es bereits zwei Rettungsprogramme für Athen mit einem Umfang von insgesamt rund 240 Milliarden Euro.

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