Berlin
Günstigere Bahntickets: Regierung will erst im September entscheiden
- Veröffentlicht: 05.08.2019
- 16:25 Uhr
- dpa
Eigentlich könnte der Bundestag schon bald entscheiden, dass für Bahntickets im Fernverkehr die Mehrwertsteuer sinkt, es gibt eine breite Mehrheit. Die Regierung aber will abwarten.
Bahnfahrer werden frühestens nächsten Monat Klarheit darüber haben, ob Tickets im Fernverkehr günstiger werden. Trotz eines breiten politischen Konsenses für eine Senkung der Mehrwertsteuer will die Bundesregierung nicht vor September darüber entscheiden. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte am Montag in Berlin, die Regierung begrüße alle Vorschläge, wie der Klimaschutz vorangebracht werden könne. Es gehe aber darum, ein Gesamtpaket zu schnüren. Darüber will das sogenannte Klimakabinett, ein Ausschuss der Bundesregierung, am 20. September entscheiden.
"Bahnfahren ist aktiver Klimaschutz"
Eine Sprecherin von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte, genau für solche Fragen sei das Klimakabinett eingerichtet worden. Es müsse auch prüfen, welche Maßnahmen wieviel kosten. In dem Gremium sind die Minister für Umwelt, Bau, Landwirtschaft, Verkehr, Wirtschaft und Finanzen sowie das Kanzleramt vertreten. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, Ressortchef Andreas Scheuer (CSU) trete seit Monaten für eine geringere Mehrwertsteuer im Fernverkehr mit Zügen ein: "Bahnfahren ist aktiver Klimaschutz." SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, eine Steuersenkung sei bei entsprechendem Beschluss im September noch dieses Jahr möglich.
In der politischen Debatte über mehr Klimaschutz gibt es einen breiten Konsens für eine Senkung der Mehrwertsteuer für Zugfahrten. Auch Politiker der schwarz-roten Koalition haben sich dafür ausgesprochen. Die Grünen-Fraktion hat einen Gesetzentwurf im Bundestag eingereicht. Dieser sieht eine Reduzierung der Mehrwertsteuer im Fernverkehr von 19 auf 7 Prozent vor. Für den Nahverkehr gilt bereits der ermäßigte Satz. Die Bundesregierung solle dafür Sorge tragen, dass die Steuerermäßigungen zu 100 Prozent an die Bahnkunden weitergegeben werden, fordern die Grünen.
Konkurrenz erwünscht?
Bahn-Chef Richard Lutz hatte gesagt: "Unsere Kunden würden von einer niedrigeren Mehrwertsteuer erheblich profitieren - sei es in Form neuer attraktiver Angebote oder reduzierter Ticketpreise." Auch eine Kombination aus beidem sei denkbar.
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer forderte, abgesehen von der geplanten Steuersenkung müssten auch die sogenannten Trassen-Preise, also quasi die Schien-Maut, halbiert werden. Verkehrsunternehmen müssen die Gebühr zahlen, wenn sie einen Zug auf den Bahngleisen fahren lassen. Krischer sagte den Funke-Zeitungen weiter, es müsse auch mehr Konkurrenz durch andere Zuganbieter her. "Die Regeln sind immer noch so, dass Konkurrenten der Deutschen Bahn diskriminiert werden", monierte er.
Keine Problemlösung?
Das Bündnis Allianz pro Schiene warnte unterdessen vor übertriebenen Hoffnungen. Geschäftsführer Dirk Flege sagte am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Eine Mehrwertsteuersenkung ist wichtig, weil sie ein Stück weit Fairness schafft. Sie löst aber nicht die Probleme im Verkehrssektor." Die Nachfrage nach Bahnreisen sei ohnehin groß. "Entscheidend ist, dass die Politik mit einer deutlichen Aufstockung der öffentlichen Mittel für die Schiene die Infrastruktur und damit das Angebot spürbar verbessert", sagte Flege.
Der FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung sagte, es klinge immer schön, wenn günstigere Fahrpreise und Steuersenkungen für Tickets wie gerade bei der Deutschen Bahn gefordert werden. "Mit mehr transportierten Menschen werden wir aber nicht die aktuellen Logistik- und Kapazitätsprobleme der Bahn lösen und die marode Schienen-Infrastruktur in Deutschland sanieren."
Sanierungsstau
Bei der Bahn gibt es einen immensen Sanierungsstau: Viele Weichen, Gleise und Brücken sind marode, Knotenpunkte sind überlastet - alles Gründe für Verspätungen oder andere Störungen. Daneben geht es um den Aus- und Neubau von Strecken sowie eine weitere Elektrifizierung.