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Terrorzelle ausgehoben

Hintermänner Amris festgenommen

  • Veröffentlicht: 24.12.2016
  • 17:34 Uhr
  • dpa
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Nach dem Tod des mutmaßlichen Attentäters Anis Amri wird in Tunesien eine Terrorzelle ausgehoben. Auch anderswo wird nach möglichen Helfern gesucht. Forderungen nach schärferen Gesetzen werden lauter.

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Nach dem Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt haben tunesische Sicherheitskräfte drei Männer festgenommen, die mit dem mutmaßlichen Attentäter in Verbindung stehen sollen. Einer der Verdächtigen sei der Neffe von Anis Amri, teilte das Innenministerium in Tunis am Samstag mit. Die Festgenommenen seien zwischen 18 und 27 Jahre alt. Nach dem Tod Amris konzentrieren sich die Ermittlungen auf mögliche Helfer. Es soll festgestellt werden, ob der 24-Jährige Unterstützer hatte.

Amri war am Freitag bei einer Routinekontrolle bei Mailand von Polizisten erschossen worden. Weil er als abgelehnter Asylbewerber und "Gefährder" aus dem Visier der deutschen Behörden verschwunden war, kommen aus der Politik Rufe nach schärferen Gesetzen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bestritt ein allgemeines Versagen der Sicherheitsbehörden. "Es gibt bisher juristisch keine ausreichende Möglichkeit, jeden dieser Gefährder rund um die Uhr überwachen zu lassen", sagte er der "Bild am Sonntag".

Der Tatverdächtige war in der Nacht zu Freitag in Sesto San Giovanni bei Mailand nach einem Schusswechsel mit der Polizei getötet worden. Der 2015 nach Deutschland gekommene Tunesier war nach Überzeugung der Ermittler der Mann, der am Montagabend in mit einem gestohlenen Sattelzug in den Weihnachtsmarkt gerast war. Dabei starben zwölf Menschen, 53 wurden teils lebensgefährlich verletzt.

Schwur an den IS

Der Neffe Amris soll nach Angaben tunesischer Sicherheitskräfte gestanden haben, dass er mit dem mutmaßlichen Attentäter auf einem verschlüsselten Weg über eine Nachrichtenapp in Kontakt gestanden habe. Sein Onkel habe gewollt, dass er der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Treue schwöre.

Der Neffe sagte dem Innenministerium zufolge ferner, dass Amri ihm Geld geschickt hatte, damit er nach Deutschland kommen könnte, um sich dort einer Gruppe anzuschließen, die Abu Al-Walaa Battalion heißt. Amri erzählte demnach seinem Neffen, dass er ein Anführer dieser Gruppe sei. Der im November festgenommene Abu Walaa gilt als salafistischer Chefideologe und mutmaßlicher Unterstützer der Terrormiliz IS.

Das Ministerium in Tunis bezeichnete die drei Männer als eine Terrorzelle, die Sicherheitskräfte bereits am Freitag nahe der Stadt Kairouan ausgehoben hätten. In dieser Region lebt auch die Familie von Amri. Kairouan gilt als Salafisten-Hochburg.

Suche nach Unterstützern

Die Opfer des Anschlags sind inzwischen identifiziert. Unter den Toten sind laut Bundeskriminalamt sieben Deutsche sowie Menschen mit tschechischer, ukrainischer, italienischer, israelischer sowie polnischer Staatsangehörigkeit. Der beim Schusswechsel bei Mailand verletzte italienische Polizist konnte das Krankenhaus verlassen.

In den Ermittlungen soll jetzt unter anderem untersucht werden, ob die Waffe, die Amri bei seinem Tod bei sich trug und aus der er Schüsse auf zwei italienische Polizisten abfeuerte, dieselbe ist, mit der in Berlin der Fahrer des gestohlenen Lastwagens erschossen wurde. Außerdem soll geklärt werden, ob der 24-Jährige ein Unterstützernetzwerk, Mitwisser oder Gehilfen hatte.

De Maizière (CDU) forderte eine schnellere Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern nach Tunesien und in andere nordafrikanische Staaten. "Wären die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer eingestuft, würden Asylverfahren auch bei Tunesiern schneller und einfacher verlaufen als bisher", sagte er. Der Minister forderte die Grünen auf, die Einstufung im Bundesrat nicht weiter zu blockieren. Die NRW-Landesvorsitzende der Grünen, Mona Neubaur, sagte dagegen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag), der Fall Amri habe nichts mit dieser Debatte zu tun.

Debatte verschärft sich

CSU-Chef Horst Seehofer will nach einem Wahlsieg im Herbst 2017 auf jeden Fall eine Obergrenze für Asylbewerber einführen. Der bayerische Ministerpräsident sagte der "Welt am Sonntag": "Die Obergrenze kommt, für den Fall dass wir regieren. Das gebe ich hier zu Protokoll." Die Begrenzung sei Voraussetzung für Integration und Sicherheit. "Auch deswegen sind wir für eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen im Jahr." Er forderte zugleich Abkommen mit den Staaten Nordafrikas, um Asylbewerber zurückbringen zu können.

Sicherheitsbehörden hatten Amri zuvor als "Gefährder" zwar im Blick gehabt. Seine Abschiebung war aber gescheitert, weil er keinen Pass hatte. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet forderte in der "Bild"-Zeitung (Samstag), "Gefährder, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die vollziehbar ausreisepflichtig sind, müssen unverzüglich abgeschoben werden".

Der CSU-Innenpolitiker Stefan Mayer setzte sich in der "Passauer Neuen Presse" (Samstag) dafür ein, einen neuen Haftgrund zu schaffen für Ausreisepflichtige, "von denen eine unmittelbare Gefahr ausgeht". Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte dagegen der "Saarbrücker Zeitung" (Samstag), im vorliegenden Fall gebe es kein Gesetzesdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit. 

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