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Besuch in Lund eine Hoffnung für Ökumene

Historisches Gebet: Papst gedenkt mit Lutheranern Reformation

  • Veröffentlicht: 31.10.2016
  • 20:16 Uhr
  • dpa
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© EPA/ANSA/Ettore Ferrari

Noch nie da gewesen, historisch, Sternstunde der Ökumene: So wird der Besuch des Papstes in Schweden beschrieben. Warum? Weil katholische und evangelische Christen weiter zusammenrücken. Einen Knackpunkt gibt es.

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Mit einer historischen Geste hat Papst Franziskus seine Forderung nach einer weiteren Annäherung von Katholiken und Protestanten untermauert. Erstmals stand er mit lutherischen Geistlichen am Altar, um in einem Gottesdienst zum Auftakt des Jubiläumsjahres der Reformation vor 500 Jahren zu gedenken. Gemeinsam erklärten sie am Montag im südschwedischen Lund, die ökumenischen Bemühungen um ein gemeinsames Abendmahl zu vertiefen.

"Wir dürfen uns nicht mit der Spaltung und der Entfremdung abfinden, die durch die Teilung unter uns hervorgerufen wurden. Wir haben die Gelegenheit, einen entscheidenden Moment unserer Geschichte wieder gutzumachen", sagte der Papst.

Dass er die Reformation nun mit einer solchen Geste würdigt, ist ein starkes, mutiges Zeichen: Schließlich spaltete sich im Verlauf der Reformation die evangelische Kirche von der katholischen ab. Der 31. Oktober 1517 wird mit dem Thesenanschlag von Martin Luther als Beginn der Umwälzung angesehen. Der Papst nimmt in Lund - und nicht etwa in Deutschland - an einer Gedenkveranstaltung teil, da dort vor 70 Jahren der Lutherische Weltbund (LWB) gegründet wurde. Ihm gehören 145 evangelisch-lutherische Kirchen in 98 Ländern an.

"Wir Katholiken und Lutheraner haben begonnen, auf dem Weg der Versöhnung voranzugehen", sagte der Papst in seiner Predigt. Kontroversen und Missverständnisse hätten verhindert, dass man einander verstehe. Diese müssten nun überwunden werden. Die Spaltung der evangelischen und katholische Kirche sei weniger vom "Gottesvolk" als von "Vertretern weltlicher Macht" aufrecht erhalten worden.

Gemeinsames Abendmahl weiter strittig

"Was niemals hätte zerbrochen werden dürfen, wurde zerbrochen: die Einheit des Leibes Christi. Wir haben verloren, was uns geschenkt ist", sagte LWB-Generalsekretär Martin Junge. Im gemeinsamen Gebet hätten sich katholische und lutherische Christen verpflichtet, "uns abzuwenden von einer von Konflikt und Spaltung überschatteten Vergangenheit um den Weg der Gemeinschaft zu gehen".

Die ökumenischen Bestrebungen hielten Franziskus und der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Munib Younan, in einer gemeinsamen Erklärung fest. "Während die Vergangenheit nicht verändert werden kann, kann das, woran man sich erinnert und wie man sich erinnert, verwandelt werden", hieß es darin.

Die Erklärung geht auch auf einen Knackpunkt ein: das gemeinsame Abendmahl. Viele Gläubige sehnten sich danach, "die Eucharistie in einem Mahl zu empfangen als konkreten Ausdruck der vollen Einheit". Änderungen an dem derzeitigen Ausschluss vom Abendmahl der jeweils anderen Konfession werden allerdings nicht formuliert.

Younan sagte: "Diese Begegnung heute ist nicht das Ende unseres Dialogs, sondern ein neuer Anfang! Ich vertraue darauf, dass wir nicht nur im theologischen Dialog vorankommen, sondern auch im praktischen Zeugnis." Künftig soll die Ökumene vor allem in der Arbeit für Hilfsbedürftige sichtbar werden: Das Hilfswerk des Lutherischen Weltbunds will künftig enger mit der katholischen Caritas zusammenarbeiten.

Großer Empfang für Franziskus

Der schwedische Regierungschef Stefan Löfven würdigte den Papstbesuch. "Das ist hier groß, es ist historisch", sagte der sozialdemokratische Politiker im schwedischen Fernsehen. Die Sicherheitsvorkehrungen für den Besuch waren höher als bei dem Besuch von US-Präsident Barack Obama im Jahr 2013.

Nach seiner Ankunft in Malmö hatte Franziskus zunächst den schwedischen König Carl XVI. Gustaf und Königin Silvia getroffen, die anschließend auch den Gottesdienst in Lund besuchten. Danach machte er sich wieder auf den Weg zurück nach Malmö zu einer Veranstaltung mit rund 10.000 Menschen. Die Menge im Saal, in dessen Mitte ein Podium in Form eines Kreuzes gebaut war, jubelte dem Argentinier zu und rief "Papa Francisco".

Fünf Menschen aus der ganzen Welt legten vor dem Papst und dem LWB-Präsidenten ein Zeugnis ab: Eine Inderin etwa berichtete von ihrem Engagement für den Klimawandel. Auch eine Geflüchtete aus dem Südsudan, die es als Sportlerin bis zu den Olympischen Spielen nach Rio geschafft hatte, kam zu Wort. "Während ich deine Geschichte anhörte, kam mir das Leben vieler Jugendlicher in den Sinn, die Zeugnisse wie das deine brauchen", sagte der Papst.

Nach einer Messe am Dienstagmorgen fliegt das Kirchenoberhaupt wieder zurück nach Rom. Es ist die erste Reise eines Papstes in das skandinavische Land seit 1989. Damals hatte Johannes Paul II. Stockholm besucht. In Schweden mit seinen fast zehn Millionen Einwohnern leben rund 113.000 Katholiken.

EKD beginnt das Lutherjahr

Auch in Deutschland, dem Geburtsland der Reformation, wurde die Sehnsucht nach einer weiteren Annäherung der Christen laut. Von den Feiern solle ein Signal des Aufbruchs und der Versöhnung ausgehen, sagte der EKD-Ratsvorsitzende, der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, in der Berliner Marienkirche. Erstmals werde der Reformationstag in ökumenischer Gemeinschaft begangen. Bundespräsident Joachim Gauck nannte die Reformation einen Grundstein für das Gemeinwesen in Deutschland.

Bis zum 31. Oktober 2017 erinnert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mit Hunderten von Veranstaltungen an den Thesenanschlag Martin Luthers 1517 in Wittenberg. Dieses Ereignis gilt als Beginn der Reformation, die zur Abspaltung der evangelischen von der katholischen Kirche führte. Auch in der Lutherstadt Wittenberg feierten am Montag tausende Menschen das Reformationsfest.

Ohne die "Initialzündung" der Reformation gäbe es weder die Freiheit des Glaubens und des Gewissens noch die unveräußerlichen Grundrechte, sagte Gauck bei dem Festakt im Berliner Konzerthaus. Mit Reformation, Aufklärung und Religionskritik sei das Christentum in der Moderne angekommen - "jedenfalls zu großen Teilen".

Kardinal Lehmann erhielt die Luther-Medaille

Weil Luther es jedem Einzelnen freigestellt habe, ob er sich an das Evangelium bindet, sei "ein frischer Wind der Freiheit" in die Welt gekommen. Der Geist der Reformation bestimme bis heute das Leben und das Lebensgefühl von Millionen Menschen. "Die Art wie sie denken und fühlen, wie sie sprechen, was und wie sie glauben und wie sie ihrem Glauben Ausdruck verleihen", sagte Gauck.

Bedford-Strohm bekräftigte den Stellenwert des Jubiläums für die Ökumene. "Heute sehnen sich evangelische und katholische Christen nach der Gemeinschaft", sagte er. Er sprach von "ökumenischer Zuversicht". Zu dem Gottesdienst waren auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx, und der griechisch-orthodoxe Metropolit für Deutschland, Augoustinos Lambardakis, eingeladen.

Als Wegbereiter für eine Annäherung von Katholiken und Protestanten zeichnete Bedford-Strohm den langjährigen Vorsitzenden der Bischofskonferenz, den Mainzer Kardinal Karl Lehmann, mit der Luther-Medaille der EKD aus.

Die EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum, Margot Käßmann, sagte, die Jubiläumsfeiern wollten Luthers Figur auch kritisch beleuchten. Am Kirchenreformator sehe sie Seiten, die sie "unendlich bewundere" - seine Bibelübersetzung oder seine Verdienste um die deutsche Sprache, sagte die im rbb-Inforadio. Gleichzeitig kritisiere sie scharf Luthers antisemitische Haltung oder sein Verhalten gegenüber Frauen.

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