Einmalzahlung im Juni
IWF gibt Athen mehr Zeit
- Veröffentlicht: 05.06.2015
- 13:25 Uhr
Im griechischen Schuldendrama läuft es auf eine Entscheidung hinaus. Der IWF verschafft Athen ein paar Tage Frist - genug für eine schnelle Einigung mit den Gläubigern?
Einen Tag vor der nächsten fälligen Tilgungsrate hat der Internationale Währungsfonds (IWF) Griechenland einen kurzen Zahlungsaufschub gewährt. Der Schritt verschafft Athen zwar etwas Luft in den fieberhaften Krisenverhandlungen mit den Geldgebern, hat aber anscheinend zur Absage eines Spitzentreffens auf EU-Ebene zur Griechenlandkrise an diesem Freitag geführt.
Eigentlich hätte Athen bereits an diesem Freitag gut 300 Millionen Euro an den IWF zahlen müssen. Griechenland dürfe nun alle vier im Juni fälligen Tilgungsraten gebündelt überweisen, teilte der IWF am Donnerstag in Washington mit. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Athener Finanzministerium erfuhr, will Griechenland die knapp 1,6 Milliarden Euro am 30. Juni überweisen. Athener Experten werteten diese Lösung als Schritt auf dem Weg, eine Einigung mit den Geldgebern mehr nach griechischen Vorstellungen zu erreichen.
Doch es kommt nicht so leicht zu einer Einigung, denn Griechenland bleibt auf Konfrontationskurs zu den Geldgebern. Athen lehnt die Vorschläge der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Lösung der Schuldenkrise bislang ab. Diese seien inakzeptabel und könnten keine Grundlage für eine Einigung sein, hieß es am Freitag aus Kreisen der Links-Rechts-Regierung. Dies habe Regierungschef Alexis Tsipras in einem Telefonat auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande mitgeteilt.
Merkel: Verhandlungen längst nicht am Ende
Nach einer monatelangen Hängepartie wollten Griechenlands Geldgeber - neben dem IWF die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission - den Schuldenstreit eigentlich möglichst vor dem G7-Gipfel am Sonntag beilegen. Ein für Freitag anvisiertes Spitzentreffen auf EU-Ebene werde es aber nun doch nicht geben, heißt es in EU-Kreisen. Neben anderem sei die Bündelung der IWF-Tilgungsraten kein gutes Zeichen; es werde jetzt schwierig. Eine Einigung ist Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Milliardenhilfen an das akut pleitebedrohte Land.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor erklärt, die Verhandlungen seien "noch längst nicht an einem Schlusspunkt angekommen". Sie gehe davon aus, dass IWF, EZB und EU-Kommission gemeinsam auf jeden Staat ein Höchstmaß an Überzeugungskraft hätten, sagte Merkel am Donnerstag in Meseberg. Allerdings drängen die USA darauf, dass die Europäer die griechische Finanzkrise bald lösen und damit Gefahren für die Weltwirtschaft abwenden.
Presse: Finanzhilfen gegen Steuererhöhungen
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hatten in der Nacht zum Donnerstag mit Griechenlands Ministerpräsidenten Alexis Tsipras Kompromisslinien ausgelotet. Die nächste Möglichkeit für ein Spitzentreffen gibt es laut EU-Diplomaten jetzt erst wieder Mitte nächster Woche.
Tsipras ist nach Informationen des "Tagesspiegels" (Freitag) bereit, im Gegenzug für weitere Finanzhilfen kräftig die Steuern zu erhöhen. Eine Sondersteuer auf Konzerngewinne solle über eine Milliarde im Jahr einbringen, eine Luxussteuer 30 Millionen und eine "Solidaritätssteuer" schon im laufenden Jahr 220 Millionen Euro. Tsipras habe zudem Privatisierungen und die Abschaffung der Frührenten ab 50 vorgeschlagen. Der "Tagesspiegel" veröffentlichte das Vorschlagspapier, aus dem auch schon die griechische Presse zitierte, im Internet. Reformen und Privatisierungen sollen bis 2020 rund elf Milliarden Euro in die Staatskasse spülen.
Im Juni und Juli stehen Milliarden-Rückzahlungen an
Nach Informationen der "Welt" und des "Handelsblatts" könnte die EU-Kommission einen alten Athener Plan aufgreifen und ungenutzte 10,9 Milliarden Euro für die Bankenrettung für Griechenland umwidmen. Dies könne Athen über den Sommer retten. Das ungenutzte Geld floss an den Euro-Rettungsschirm EFSF zurück. Voraussetzung für die Umwidmung sei eine Verlängerung des Ende Juni auslaufenden Rettungsprogramms für Griechenland, wozu die Zustimmung des Bundestags nötig sei.
Aus dem laufenden Hilfsprogramm stehen noch 7,2 Milliarden Euro aus. Alleine im Juni muss Athen neben den knapp 1,6 Milliarden Euro IWF-Krediten 5,2 Milliarden Euro Staatsanleihen zurückzahlen; im Juli werden rund 6,9 Milliarden Tilgung an diverse Gläubiger fällig.
Renten- und Arbeitsmarktreformen bleiben umstritten
Als Teil eines Kompromisses schlagen die Gläubiger laut griechischer Medien für 2014 einen Primärüberschuss (Etatüberschuss ohne Zinszahlungen) von einem statt drei Prozent vor. Umstritten bleiben Renten- und Arbeitsmarktreformen. Tsipras sagte, die Geldgeber hätten gefordert, Zusatzrenten abzuschaffen oder die Mehrwertsteuer auf Energie zu erhöhen. "Das haben wir natürlich abgelehnt."
Noch am Freitagabend will Tsipras das griechische Parlament über die Verhandlungen informieren. Die Rückzahlung der Schulden ist im Regierungslager umstritten. Der linke Flügel der Linkspartei Syriza ist dagegen; einige Vertreter fordern vorgezogene Parlamentswahlen.