Ernüchternde Bilanz der Bahn
Jeder vierte Fernzug zu spät
- Veröffentlicht: 10.01.2019
- 11:57 Uhr
- dpa
Die Bilanz ist ernüchternd: Jeder vierte Fernzug kam 2018 zu spät. Die Deutsche Bahn hat damit ihr Ziel weit verfehlt. Zum Jahresende gab es einen Hoffnungsschimmer.
Staus auf dem Schienennetz, Mängel bei den Fahrzeugen: Die Fahrgäste der Deutschen Bahn mussten 2018 häufiger auf unpünktliche Bahnen warten. Jeder vierte Fernzug der Deutschen Bahn ist im vergangenen Jahr verspätet gewesen. Im Jahresdurchschnitt erreichten 74,9 Prozent der ICE, Intercitys und Eurocitys ihre Ziele pünktlich, wie die Bahn am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mitteilte.
Damit verfehlte der Verkehrskonzern sein zu Jahresanfang angestrebtes Ziel von 82 Prozent deutlich. Dieses hatte Bahnchef Richard Lutz im Juli aufgegeben, zugleich von einer Trendwende im zweiten Halbjahr gesprochen, die aber nicht eintrat. Im Vergleich zum Vorjahr (78,5 Prozent) sank die Jahrespünktlichkeit um 3,6 Prozentpunkte. Nach schwachen Vormonaten steigerte die Bahn ihre Leistung im Dezember 2018 wieder.
Ziel deutlich verfehlt
Im letzten Monat des Jahres kamen 76,9 Prozent der Fernzüge pünktlich an, das waren 6,5 Punkte mehr als im November, 0,5 Punkte mehr als im Vorjahresmonat und der beste Wert seit Februar. Im Nahverkehr wurden 94,0 Prozent erreicht, ein Plus von 1,7 Punkten verglichen mit November. Auch im Gesamtjahr landete der Nahverkehr einschließlich der S-Bahnen bei 94,0 Prozent. Für alle Züge ergab sich ein Jahreswert von 93,5 Prozent nach 94,1 Prozent im Jahr 2017.
Die Jahrespünktlichkeit für den Fernverkehr von 74,9 Prozent ist der niedrigste Wert seit 2015. In den zurückliegenden zehn Jahren erreichte die Bahn 2009 die höchste Pünktlichkeit mit 81,2 Prozent. Am schlechtesten lief es im Jahr 2010 mit 72,4 Prozent. Die Bahn wertet ihre Züge bis zu einer Verspätung von weniger als sechs Minuten als pünktlich.
Zu den Gründen für die hohe Verspätungsquote machte die Bahn in ihrer Jahresbilanz keine Angaben. Im Laufe des Jahres hatte sie aber viele Störungen an der Infrastruktur und den Fahrzeugen als Ursachen genannt, verstärkt in der langen Hitzeperiode im Sommer. Hinzu kamen Stürme, Schnee und Eis im Februar und März sowie Sonderereignisse wie ein Großbrand bei Kassel im Juli, ein Feuer bei Siegburg im August oder der bundesweite Warnstreik im Dezember.
Die Bahn hat aber auch tief gehende hausinterne Probleme zugegeben: Dazu gehören Engpässe auf dem Schienennetz angesichts steigender Fahrgastzahlen und beim Personal.
Minister macht Druck
Um Pünktlichkeit und Servicequalität in den Griff zu bekommen, hat der Konzernvorstand um Bahnchef Richard Lutz ein Programm "für eine bessere Bahn" aufgesetzt und im November dem Aufsichtsrat vorgestellt. Am 15. Januar soll Lutz das Maßnahmenpaket Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei einem Treffen erläutern. Dieser hatte zum Jahreswechsel gesagt, er wolle "hören, wie wir zügig zu merklichen Verbesserungen früh in 2019 kommen".
Erforderlich seien erhebliche Investitionen in digitale Stellwerks- und Steuerungstechnik: "Wir müssen es vermeiden, dass Störungen auf bestimmten Korridoren zahlreiche weitere Störungen im gesamten Netz auslösen", sagte Scheuer. Außerdem müsse es ein besseres Management bei den Wartungen geben, damit die ICE, aber auch Güterwaggons schneller wieder fehlerlos in den Betrieb kämen.