Dank Inflation
Löhne und Gehälter steigen weiter
- Veröffentlicht: 29.08.2018
- 20:40 Uhr
- dpa
Die Inflation zehrt das Gehaltsplus der Tarifbeschäftigten auf. Das hilft vielen Angestellten mit Tarifvertrag aber nicht.
Die steigende Inflation in Deutschland macht Arbeitnehmern und Verbrauchern zunehmend zu schaffen. Obwohl die Verdienste von Tarifbeschäftigten im Schnitt zuletzt deutlich nach oben kletterten, blieb ihnen unterm Strich nicht mehr im Geldbeutel. So stiegen die Löhne und Gehälter von Angestellten mit Tarifvertrag im zweiten Quartal um 2,0 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Die Inflation nahm aber ebenfalls um diese Rate zu, so dass real nicht mehr übrig bleibt.
Geldentwertung
Höhere Preise etwa für Energie sowie die niedrigen Zinsen drücken auch die Verbraucherstimmung. Für September sagt das Nürnberger GfK-Institut eine leichte Verschlechterung des Konsumklimas gegenüber dem Vormonat voraus. "Die Menschen sehen, dass sie für ihr Geldvermögen kaum Zinsen erhalten, aber auf der anderen Seite mit einer Geldentwertung von zwei Prozent rechnen müssen", erklärte Konsumforscher Rolf Bürkl. Derzeit seien Verbraucher nicht mehr ganz so schnell zu größeren Ausgaben bereit.
Dass die Inflation die Lohnzuwächse der Tarifbeschäftigten aufzehrt, ist laut der Wiesbadener Statistiker auf mittlere Sicht aber eher die Ausnahme. Im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs steigen die Verdienste seit Jahren stärker als die Verbraucherpreise. "Vor allem seit 2013 sehen wir kräftige reale Zuwächse", erklärte die Behörde. Nur Ende 2017 seien die Tarifverdienste hinter der Teuerung zurückgeblieben.
Tarife spielen keine große Rolle
Grundsätzlich profitieren jedoch immer weniger Bundesbürger von Tarifverträgen. Wurden 1996 laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 70 Prozent aller westdeutschen Beschäftigten nach Branchentarifverträgen entlohnt, waren es 2017 nur 49 Prozent. Im Osten sank der Anteil von 56 auf 34 Prozent. Gerade in der Dienstleistungsbranche gibt es den Experten zufolge viele kleine Firmen, in denen Gewerkschaften und Tarifverträge keine große Rolle spielen.
Steigende Kosten für Heizöl, Sprit und Nahrungsmittel hatten jüngst die Inflation hoch getrieben. Im Juli stieg sie binnen Jahresfrist um 2,0 Prozent, der dritte Monat in Folge mit einer Zwei vor dem Komma. Im ersten Quartal hatte die Teuerungsrate um 1,6 Prozent zugelegt - deutlich weniger als die Tarifverdienste (plus 2,5 Prozent).
Sonderzahlungen
Berücksichtigt in diesen Gehaltssteigerungen sind Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld. Ohne diese hätte der Zuwachs im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum 2,2 Prozent betragen.
Nicht in allen Branchen wurden die Gehaltszuwächse von der Inflation aufgezehrt: Im Baugewerbe (plus 5,1 Prozent), in der Industrie (3,7) sowie im Handel und Gastgewerbe (je 3,3) blieb Angestellten trotzdem ein Plus. Das Nachsehen hatten Tarifbeschäftigte bei Banken und Versicherungen (plus 0,8) und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (0,6).
Noch keine Auszahlungen
Allerdings wurden die im April vereinbarten Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst noch nicht ausgezahlt, was den Zuwachs der Branchenbeschäftigten im zweiten Quartal drückte. Auch dürfte mit der Chemie-Industrie, die ab September bundesweit verhandelt, eine weitere Branche mit kräftigem Lohnplus folgen.
Steigende Einkommen stützen die Konjunktur. Der starke Konsum der Deutschen gilt als wesentlicher Grund, warum der Aufschwung trotz internationaler Handelskonflikte zuletzt sogar an Fahrt gewann.
Die GfK-Forscher erwarten nun lediglich, dass der Konsumklimaindex September um 0,1 Zähler auf 10,5 Punkte sinkt. Die Konsumkonjunktur dürfte 2018 auch wegen der niedrigen Arbeitslosigkeit stabil bleiben, sagte Bürkl. Nur wenige Beschäftigen hätte Angst vor Jobverlust.
Für die Konjunktur seien die Verbraucher zudem wieder optimistischer. Den Handelsstreit der USA mit China und der Europäischen Union sähen sie inzwischen entspannter. Zuletzt hatten sich die EU und USA in einigen Punkten geeinigt und Strafzölle auf Autos vorerst abgewendet.