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Bürgerdialog

Merkel: Schere zwischen Stadt und Land wächst

  • Veröffentlicht: 30.04.2019
  • 21:56 Uhr
  • dpa
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Es geht um CO2-Steuer und Grundrente, aber auch um Sorgen und Ängste der Bürger bei Lohn und Rente. Kanzlerin Merkel hört sich bei einem Bürgerdialog in Brandenburg an, was die Bürger bewegt.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht wachsende Probleme in den ländlichen Regionen in Deutschland. "Wir sehen im Grunde, dass das immer weiter auseinanderklafft", sagte die CDU-Politikerin am Dienstag bei einem Bürgerdialog im brandenburgischen Schwedt mit Blick auf die unterschiedlichen Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land. "Da gibt es große Ängste." Eine Herausforderung etwa sei, die Versorgung mit Ärzten im ländlichen Raum sicherzustellen.

In den ostdeutschen Ländern zeige sich das Problem noch schneller, aber es gebe solche Regionen auch in den alten Ländern, sagte Merkel. Sie stellte sich bei der Veranstaltung den Fragen von fast 60 Bürgern. Angesprochen wurden Themen wie Ärztemangel, Pflegelöhne, Flüchtlingspolitik, Kita-Gebühren und Energiepolitik.

Streitthema Grundrente soll gelöst werden

Eine CO2-Steuer auf das klimaschädliche Kohlendioxid sieht die Kanzlerin skeptisch. "Über eine CO2-Steuer spreche ich überhaupt nicht, also schon gar nicht, dass ich jetzt einfach auf die Mineralölsteuer etwas aufschlage", antwortete Merkel auf die Frage eines Bürgers, ob die Steuer komme. Um den Ausstoß zu senken, müsse man Maßnahmen für Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft beschließen oder wie in der Industrie Zertifikate verkaufen, daraus entwickle sich ein Preis für CO2. Wer viel Auto fahre, dürfe auch damit nicht übermäßig belastet werden. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wirbt für eine CO2-Steuer aus, deren Einkünfte zurück an die Bürger gehen sollen.

Beim Streitthema Grundrente setzt die Kanzlerin auf eine Lösung in der großen Koalition. "Das wird meine Voraussage, dass wir das heute in einem Jahr gelöst haben", sagte sie. "Es soll mehr rauskommen, da sind wir uns alle einig, wenn man gearbeitet hat." Sie blieb dabei, dass die Bedürftigkeit geprüft werden muss. "Ich kann das nicht jedem einfach geben." Die SPD ist gegen eine Prüfung. Die Friseurin Edith Wulff aus Fürstenwalde hatte sich gemeldet und gesagt, sie habe ihr Leben lang gearbeitet. "Jetzt zu meiner Rentenzeit, da gucke ich in mein Portemonnaie und denke, es reicht nicht zum Leben."

Merkel versuchte, auf die unterschiedlichen Sorgen der Bürger einzugehen. Der Flüchtling Danish Mirza aus Pakistan bat sie, in Deutschland bleiben zu können. Er lebt seit vier Jahren in Schwedt und arbeitet seit zwei Jahren in der Pflege. "Trotzdem ist es unsicher, dass ich hier weiter eine Zukunft habe", sagte er. "Jetzt bin ich in der Lage, diesem Land und dieser Stadt etwas zurückzugeben. Das wünsche ich mir, dass ich diese Chance kriege." Merkel machte keine Zusage, sagte aber: "Ich nehme das gerne als einen Fall aus der Praxis, den wir uns dann auch anschauen müssen."

Merkel verteidigt Flüchtlingspolitik

Die Kanzlerin verteidigte zugleich ihre Flüchtlingspolitik, nannte den Krieg in Syrien und das Aufkommen der Terrormiliz Islamischer Staat eine "außergewöhnliche Situation". "Wenn es einen Fehler gegeben hat in dem Zusammenhang, da war nicht der Fehler, die Menschen aufzunehmen", sagte Merkel. Der Fehler sei gewesen, vorher nicht zu gucken, wie es den Menschen in Flüchtlingsgebieten wie dem Libanon oder Jordanien gehe. "Deshalb heißt unsere Lehre daraus: vor Ort helfen."

Es war ein bisschen Heimat für Merkel in Schwedt, denn die Stadt liegt in der Uckermark, zu der auch Templin gehört. Dort hatte Merkel ihre Kindheit und Jugend verbracht.

Die Auswahl der Gäste des Dialogs hatten die "Märkische Oderzeitung" (MOZ), die IHK Ostbrandenburg und der Sportverein TSV Blau-Weiß 65 Schwedt übernommen. Der Chefredakteur der MOZ und Moderator der Veranstaltung, Claus Liesegang, fragte die Kanzlerin, ob sie sich mit dem Begriff "Ossi" geehrt fühle oder es als Handicap sehe? Sie sehe das mit Stolz, sagte sie. "Ich habe nichts zu verleugnen an meinem Leben", sagte Merkel. "Ich finde es ja nebenbei auch nicht so schlecht, dass man aus der DDR kommend auch Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland werden kann. Ist ja auch was."

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