Zu seinem ersten Todestag
Moskauer Opposition erinnert an ermordeten Nemzow
- Veröffentlicht: 27.02.2016
- 09:29 Uhr
- dpa
Zur Erinnerung an Kremlkritiker Nemzow sollen bei einem Gedenkmarsch Tausende Menschen auf die Straße kommen.
Am ersten Todestag des ermordeten russischen Kremlkritikers Boris Nemzow hat seine Tochter Schanna den russischen Präsidenten Wladimir Putin scharf angegriffen. "Putin mache ich politisch für das Attentat verantwortlich", sagte die 31-Jährige in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Zum einen, weil der Mord überhaupt passieren konnte, noch dazu an einem der wohl am besten gesicherten Plätze der Welt." Zudem habe Putin ihren Vater "mit seiner Propaganda-Maschine" öffentlich massiv unter Druck gesetzt. "Und drittens machte der Präsident die Ermittlungen zur Chefsache."
Nemzow war vor einem Jahr in Sichtweiter des Kremlsauf offener Straße hinterrücks erschossen worden. Obwohl mehrere Verdächtige aus Tschetschenien in Untersuchungshaft sitzen, gelten die Hintergründe als ungeklärt. "Diese Version soll meines Erachtens aber nur ablenken von Figuren mit wesentlich höherem Rang in Tschetschenien", sagte Nemzowa. Daher fordere sie auch, "dass der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow vor Gericht aussagen muss und dass es eine internationale Kontrolle der Ermittlungen gibt". Kadyrow habe wiederholt Oppositionelle wie ihren Vater öffentlich als Volksverräter beschimpft.
Gedenkveranstaltungen auch jenseits russischer Grenze
Zur Erinnerung an Nemzow will die Opposition in Moskau am Samstag (11.00 Uhr MEZ) bei einem Gedenkmarsch Tausende Menschen auf die Straße bringen. In mehr als 50 anderen Städten in Russland und im Ausland sind ebenfalls Gedenkveranstaltungen geplant, darunter in Berlin, München und Köln.
Für den Marsch in Moskau haben die Behörden nur eine Route genehmigt, die nicht am Tatort vorbeiführt. Allerdings wollen viele Teilnehmer nach der Kundgebung Blumen auf der Brücke niederlegen, auf der Nemzow erschossen worden war. Die Polizei hat für das Moskauer Zentrum weiträumige Straßensperrungen angekündigt. Die Bluttat hatte damals international Entsetzen ausgelöst.