Kanzlerin Merkel zeigt sich kämpferisch
Nach Trumps Klimarückzug: Europa stemmt sich dagegen
- Veröffentlicht: 02.06.2017
- 13:02 Uhr
- dpa
Die europäischen Führungsmächte kritisieren den angekündigten Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. Nicht nur Kanzlerin Merkel bekennt sich weiterhin zu der Vereinbarung.
Nach dem angekündigten Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen bieten Europas Führungsmächte Donald Trump die Stirn. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will den globalen Klimaschutz trotzdem vorantreiben. "Allen, denen die Zukunft unseres Planeten wichtig ist, sage ich: Lassen Sie uns gemeinsam den Weg weitergehen, damit wir erfolgreich sind für unsere Mutter Erde", sagte Merkel am Freitag in Berlin. Das Pariser Abkommen werde gebraucht, um die Schöpfung zu bewahren. "Nichts kann und wird uns dabei aufhalten." Deutschland werde seine Verpflichtungen aus dem Abkommen erfüllen. Wichtig seien auch finanzielle Hilfen für die ärmsten und verwundbarsten Länder.
"Entschlossener denn je"
Merkel nannte die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump "äußerst bedauerlich - und damit drücke ich mich noch sehr zurückhaltend aus". Nun gelte es, "entschlossener denn je" in Europa und der Welt alle Kräfte zu bündeln, um große Menschheitsherausforderungen wie die des Klimawandels zu bewältigen.
Der vor mehr als 20 Jahren begonnene Prozess bis zum Pariser Abkommen sei unumkehrbar, auch wenn der Weg steinig sei. Merkel äußerte sich "gerührt und begeistert", wie viele Gruppen, Staaten und Unternehmen gerade auch in den USA trotzdem weiter mitgehen wollten. Dieser Weg sei "zum Wohl aller Menschen" und werde auch eine "Dynamik für mehr Wohlstand und mehr Chancen auf der Welt entfalten", sagte die Kanzlerin.
Die SPD teilt Merkels Meinung. Es sei schon ein bitterer Befund, "dass ein Land wie die Volksrepublik China, ein Einparteienstaat autoritärer Art, in der Klimapolitik uns näher steht als die Vereinigten Staaten von Amerika", erklärte der Kanzlerkandidat Martin Schulz. Parteikollegin und Umweltministerin Barbara Hendricks mühte sich derweil um demonstrative Gelassenheit: "Paris ist nicht tot", sagte sie im rbb-Inforadio.
Trump hatte zuvor den Ausstieg der weltgrößten Volkswirtschaft aus dem historischen Abkommen bekanntgegeben und dies damit begründet, amerikanische Interessen an die erste Stelle zu setzen. Man wolle nun sofort mit Verhandlungen für ein besseres Abkommen beginnen, sagte Trump.
Ungerechte Verhältnisse?
Der Republikaner verband den Rückzug mit scharfen Attacken auf andere Staaten. "Das Pariser Abkommen ist auf höchster Ebene ungerecht für die USA", sagte er. Die Vereinbarung bedeute eine massive Umverteilung des Vermögens der Vereinigten Staaten an andere Länder.
Das jetzige Abkommen lade die Kosten bei den amerikanischen Bürgern ab, sagte Trump. Es müsse klar sein, dass ein neuer Vertrag besser für die amerikanischen Arbeiter sei. "Der Rückzug liegt im ökonomischen Interesse und wird für das Klima keine Rolle spielen."
Der Republikaner löst damit ein zentrales Wahlkampfversprechen ein und setzt seine harte Linie unter der Devise "Amerika zuerst" fort. Er hatte immer wieder beteuert, Arbeitsplätze in der Kohleindustrie erhalten und neue schaffen zu wollen.
"Pittsburgh [...] nicht Paris"
Der wegen der Russland-Affäre schwer angeschlagene Präsident verspricht sich von seiner Ankündigung auch innenpolitischen Rückenwind. Man müsse den amerikanischen Arbeiter wieder in den Mittelpunkt stellen, sagte Trump. "Ich wurde gewählt, um Pittsburgh zu repräsentieren, nicht Paris."
Es ist seine bislang folgenschwerste Entscheidung. Der Klimapakt von Paris sieht vor, die gefährliche Erderwärmung in einem weltweiten Kraftakt in den nächsten Jahrzehnten zu bremsen - und damit auch dramatische Folgen wie Dürren und einen Anstieg der Weltmeere. Das Abkommen gilt als historisch, weil sich erstmals fast alle Länder beteiligen wollen. Der Ausstieg der USA - weltweit nach China zweitgrößter Produzent von Treibhausgasen - ist ein schwerer Rückschlag. Das internationale Echo fiel verheerend aus.
Trump gegen den Rest der Welt
UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete Trumps Ankündigung als "große Enttäuschung". Der für Klimafragen zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Cañete sprach von einem "traurigen Tag für die Weltgemeinschaft". Macron sagte in einer Fernsehansprache: "Heute Abend haben die Vereinigten Staaten der Welt den Rücken zugekehrt."
Merkel, Macron und Gentiloni betonten, an dem Abkommen festhalten zu wollen. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert telefonierte die Kanzlerin mit dem US-Präsidenten und drückte dabei ihr Bedauern über dessen Entscheidung aus. Auch Großbritanniens Premierministerin Theresa May und Kanadas Premier Justin Trudeau reagierten enttäuscht.
Trump sicherte Merkel sowie anderen Staats- und Regierungschefs in Telefonaten eine führende Rolle seines Landes im Umweltschutz zu. Amerika sehe sich weiter der transatlantischen Partnerschaft verpflichtet und werde unter Trumps Ägide das sauberste und umweltfreundlichste Land der Erde sein, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses.
Republikaner vs. Demokraten
Innenpolitisch zeigte sich einmal mehr der tiefe Spalt zwischen den beiden Parteien in den USA. Trumps Republikaner begrüßten die Ankündigung fast geschlossen. Die Demokraten kritisierten sie scharf.
Auch Trumps Vorgänger Barack Obama äußerte sich deutlich. "Diese Regierung schließt sich einer kleinen Handvoll Nationen an, die die Zukunft verleugnen", hieß es in einer Stellungnahme. Die Trump letztlich unterlegene Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton sprach von einem "historischen Fehler" ihres Rivalen.
"Globaler Rückschlag"
China hat den Rückzug von US-Präsident Donald Trump aus dem Paris Klimaabkommen deutlich kritisiert. Die Entscheidung sei ein "globaler Rückschlag", hieß es am Freitag in einem Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Trump habe "zum Bedauern fast aller" entschieden, sich und die USA von einer "historischen globalen Vereinbarung abzuschneiden, bei deren Entstehung sein Land einmal eine Schlüsselrolle spielte".
Nach Trumps Abkehr sei es nun umso wichtiger, dass die anderen "Hauptakteure" wie die Europäische Union, China und Indien gemeinsam große Anstrengungen unternehmen, um die Ziele des Abkommens dennoch umzusetzen.
Zwar wollen neben China auch andere wichtige Länder den Vertrag weiter befolgen. Es wird aber befürchtet, dass Trumps Alleingang eine Kettenreaktion auslöst und sich auch andere der 195 Unterzeichnerstaaten vom Klimaschutz verabschieden.