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Eklat bei Israel-Besuch

Netanjahu lässt Treffen mit Gabriel platzen

  • Veröffentlicht: 25.04.2017
  • 19:18 Uhr
  • dpa
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Treffen mit Regierungskritikern sind bei Auslandsreisen von deutschen Außenministern üblich. In Israel sorgt ein solches Treffen für einen Eklat. Gabriel hält das zwar nicht für eine "Katastrophe". Das eigentliche Ziel seiner Reise gerät aber in den Hintergrund.

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Beim Antrittsbesuch von Außenminister Sigmar Gabriel in Israel ist es zu einem Eklat gekommen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ließ sein Treffen mit dem SPD-Politiker in Jerusalem am Dienstag kurzfristig platzen. Hintergrund war eine geplante Diskussionsrunde Gabriels mit Regierungskritikern, die vor allem den israelischen Siedlungsbau in den palästinensischen Gebieten verurteilen. Zuvor hatte Netanjahus Büro seinen Terminplan für Dienstag verschickt, in dem der Termin mit Gabriel fehlte.

Der israelische Regierungschef verteidigte seine Absage mit scharfen Worten. "Die Politik von Ministerpräsident Netanjahu ist, sich nicht mit ausländischen Besuchern zu treffen, die auf diplomatischen Trips in Israel wiederum Gruppen treffen, die israelische Soldaten als Kriegsverbrecher verleumden", teilte sein Büro am Dienstagnachmittag mit. Führende Politiker anderer Länder, wie die USA oder Großbritannien, würden ein solches Treffen auch nicht akzeptieren.

Rückendeckung erhielt Netanjahu von Staatspräsident Reuven Rivlin, mit dem sich Gabriel traf. Rivlin warb um Verständnis für die Absage. Israel als demokratischer Staat sei es gewöhnt, kritisiert zu werden, sagte er. Aber diese Kritik müsse auf dem Boden der Realität stattfinden. "Unsere Armee ist die moralischste Armee der Welt."

Gabriel: Absage Netanjahus "keine Katastrophe"

Netanjahu hatte schon in den vergangenen Tagen unter der Hand signalisiert, dass er mit diesem Treffen nicht einverstanden ist. Der deutsche Außenminister führte die Absage auf innenpolitische Motive zurück. "Ich denke, dass wir jetzt hier nicht zum Spielball der Innenpolitik Israels werden dürfen", sagte er in Jerusalem. Die Absage sei "keine Katastrophe", betonte Gabriel. "Mein Verhältnis zu Israel und das Verhältnis Deutschlands zu Israel wird sich jetzt in keiner Weise dadurch ändern."

Das Treffen Gabriels mit den Menschenrechtsorganisationen sollte am Abend wie geplant stattfinden. Unter den Teilnehmern waren die Organisationen Breaking the Silence (Das Schweigen brechen) und Betselem, die sich kritisch mit der Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten auseinandersetzen. Die Mitglieder von Breaking the Silence etwa, selbst vor allem Soldaten und Reservisten, interviewen dafür Soldaten, die in den besetzten Palästinensergebieten dienen. Die Aussagen werden anonym veröffentlicht. Diese und andere linke Organisationen werden in Israel oft als Nestbeschmutzer oder Verräter gebrandmarkt. Sie beklagen eine immer schwierigere Arbeitsatmosphäre.

Nicht die erste Absage wegen solcher Treffen

Solche Treffen gehörten "zum ganz normalen Umgang", hatte Gabriel vor der Absage erklärt. Man stelle sich vor, der israelische Ministerpräsident würde nach Deutschland kommen, sich mit Kritikern der Regierung treffen wollen und man würde ihm das Verweigern und die Termine mit ihm absagen. "Das wär ja undenkbar."

Im Februar hatte bereits ein Treffen des belgischen Ministerpräsidenten Charles Michel mit den beiden Organisationen zu diplomatischen Verstimmungen geführt. Israel bestellte im Anschluss den belgischen Botschafter ein und übermittelte eine Rüge. Netanjahu sprach von einem schwerwiegenden Affront.

Röttgen: Absage ist "schade"

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen übte Kritik an Netanjahus Reaktion. "Das ist schade. Ich glaube, es ist ein Fehler auf der israelischen Seite, der sehr, sehr bedauerlich ist", sagte Röttgen am Dienstag vor einer Sitzung der Unionsfraktion in Berlin.

Die israelische Regierung solle wie jede Regierung die Souveränität besitzen, solche Gespräche zu ermöglichen, forderte Röttgen. Israelischen Regierungsmitgliedern stünde selbstverständlich in Deutschland die volle Breite der politischen und gesellschaftlichen Gesprächspartner zur Verfügung. "Ich halte das für einen Ausrutscher und wir sollten zu dem, was Praxis war, wieder zurückkehren", sagte Röttgen.

Auch CSU-Minister Müller unterstützt Gabriel

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) kritisierte den israelischen Ministerpräsidenten ebenfalls. Auch die chinesische Staatsführung akzeptiere Gespräche ausländischer Regierungsvertreter mit Menschenrechtlern, sagte Müller dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bei den Bemühungen um einen Nahost-Frieden auf Basis einer Zwei-Staaten-Lösung müsse man "beide Seiten in die Pflicht nehmen". Dafür müsse man sowohl den Palästinensern als auch Premier Netanjahu "sehr deutlich die deutsche Position erläutern".

Belastungsprobe für die angespannten Beziehungen

Die deutsch-israelischen Beziehungen sind ohnehin angespannt. Die Bundesregierung hat das im Februar verabschiedete israelische Gesetz zur rückwirkenden Legalisierung von 4000 Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland scharf kritisiert.

Kurze Zeit später wurden die für Mai geplanten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen verschoben - aus Termingründen, wie es hieß. In israelischen Medien wurde aber gemutmaßt, die Verschiebung sei auf die deutsche Verärgerung über das Siedlergesetz zurückzuführen.

Nahost-Konflikt überlagert alles

Gabriel bezeichnete bei seinem Besuch in den Palästinensergebieten eine Zwei-Staaten-Lösung des Nahost-Konflikts als einzige realistische Option. «Es ist auch im Interesse Israels», sagte er nach seinem Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Rami Hamdallah in Ramallah. Gabriel warnte erneut vor einem Wiederaufflammen alter Konflikte und der Ausbreitung neuer terroristischer Organisationen, falls der Friedensprozess nicht wieder in Gang kommt.

Hamdallah sagte, die Siedlungspolitik Israels in den palästinensischen Gebieten verhindere eine Zwei-Staaten-Lösung. Er rief Deutschland und die Europäische Union dazu auf, auf Israel einzuwirken, um «die Besatzung zu beenden». Die vorerst letzten Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern scheiterten 2014.

Bundespräsident Frank Walter Steinmeier will vom 6. bis 9. Mai Israel und die Palästinensergebiete besuchen.

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