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Testosteron-Regel: Semenya verliert vor Sportgericht

Olympiasiegerin verliert vor Sportgerichtshof

  • Veröffentlicht: 01.05.2019
  • 14:36 Uhr
  • dpa
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Das Urteil der höchsten Sport-Instanz ist für Lauf-Ass Caster Semenya enttäuschend. Und auch die Begründung der CAS-Richter dürfte der Olympiasiegerin nicht helfen: Die umstrittene Testosteron-Regel sei zwar diskriminierend für Frauen - aber notwendig für den Sport.

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In den Stadien glänzt die Weltklasseläuferin Caster Semenya mit Seriensiegen und Medaillen, vor Gericht erlitt sie jetzt eine ganz bittere Niederlage. In einem wegweisenden Urteil lehnte der Internationale Sportgerichtshof im Streit um Testosteron-Grenzwerte für Frauen den Einspruch der 28 Jahre alten Südafrikanerin ab. Damit ist eine Regel des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF rechtens, mit der Testosteron-Limits für Mittelstreckenläuferinnen mit intersexuellen Anlagen festgesetzt werden. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Urteil des Sportgerichtshofes CAS hervor.

"Manchmal ist die beste Reaktion, gar nicht zu reagieren", twitterte Semenya. Die 28 Jahre alte Südafrikanerin hat nun die Möglichkeit, innerhalb von 30 Tagen Einspruch beim Schweizer Bundesgericht einzulegen. Seit 2009 steht die zweimalige Olympiasiegerin und dreimalige Weltmeisterin über 800 Meter im Mittelpunkt einer Debatte über Hyperandrogenismus, Intersexualität und vermeintliche Wettbewerbsvorteile.

Läuferinnen, die künftig bei internationalen Wettkämpfen über Distanzen von 400 Metern bis zu einer Meile (1609 Meter) starten wollen, müssen ihren Testosteronwert "innerhalb einer durchgehenden Periode" von mindestens sechs Monaten auf unter fünf Nanomol pro Liter senken. Dies ist auch durch die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel möglich. Einschränkungen könnte es auch für Hammerwerferinnen und Stabhochspringerinnen geben.

Einsprüche Semenyas wurden abgelehnt

Die Testosteron-Regel des Leichtathletik-Weltverbandes wird nun am 8. Mai in Kraft treten. Der CAS wies in seiner Entscheidung aber bereits darauf hin, dass die praktische Umsetzung im Einzelfall juristische Probleme heraufbeschwören könnte.

Das dreiköpfige CAS-Gericht in Lausanne lehnte dennoch die Einsprüche Semenyas und des südafrikanischen Leichtathletik-Verbandes ASA ab. Die IAAF-Regel sei zwar diskriminierend, aber die drei Richter befanden sie mehrheitlich auf Grundlage der von allen Parteien eingereichten Unterlagen auch "als notwendiges, vernünftiges und angemessenes Mittel". So könne das Ziel des Weltverbandes erreicht werden, die Integrität weiblicher Athleten in den fraglichen Wettbewerben aufrecht zu erhalten.

Der Deutsche Olympische Sportbund sieht darin einen Hinweis darauf, wie schwierig die Entscheidung gewesen sei. "Da das aktuelle Urteil des CAS explizit nur für wenige Lauf-Disziplinen in der Leichtathletik gilt, sind für die Zukunft wohl weitere Verfahren zu erwarten", teilte der DOSB am Mittwoch mit.

Dem Gericht gehörten eine Frau und zwei Männer an: die Australierin Annabelle Bennett, der Kanadier Hugh L. Fraser und der Schweizer Hans Nater. Der Großteil der 165-seitigen Urteilsbegründung ist noch vertraulich; eine ausführliche Zusammenfassung will der CAS in Kürze veröffentlichen. Das Urteil sollte zunächst bis zum 26. März fallen.

Fairplay vs. Ethik

In einer Stellungnahme der IAAF am Mittwoch hieß es, das Gericht habe das legitime Ziel bestätigt, die Integrität weiblicher Leichtathletik bei den von der Regel betroffenen Ereignissen zu erhalten. Das Internationale Olympische Komitee teilte mit, es arbeite mit Hilfe von Experten an spezifischen Richtlinien für internationale Verbände. Sie sollen helfen, Diskriminierung zu verhindern und Fairness in derartigen Fällen zu gewährleisten.

IAAF-Athletensprecher Thomas Röhler sieht die Entscheidung "aus zwei Perspektiven: Fairplay und Ethik schneiden sich in dem Fall sehr eng", sagte der Speerwurf-Olympiasieger der Deutschen Presse-Agentur. "Die Entscheidung sichert die Integrität und Identität des Wettbewerbs der Frauen." Die Regel müsse jetzt durchgesetzt und für die Zuschauer verständlich erklärt werden.

Die CAS-Richter warnten ausdrücklich davor, dass es im konkreten Einzelfall zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Regel kommen könne. Der CAS empfahl der IAAF beispielsweise, im konkreten Fall die beiden Distanzen 1500 Meter und Meile aus der Regel wieder herauszunehmen, bis es weitere relevante Erkenntnisse dazu gibt. Die 1500 Meter gehören jetzt auch zu Semenyas Wettkampfstrecken. 

Das CAS-Urteil könnte Auswirkungen auf das Startrecht von Frauen mit hohen Testosteronwerten für die WM vom 27. September bis 6. Oktober in Doha/Katar haben. Bis zur WM bleiben weniger als sechs Monate.

Mit dem Grenzwert hatte die IAAF auch auf eine Studie vom Juli 2017 reagiert, wonach Frauen mit hohen natürlichen Testosteronwerten in einigen Disziplinen einen Wettbewerbsvorteil von bis zu 4,5 Prozent haben. Der natürliche Testosteronwert ist bei Frauen normalerweise deutlich geringer als die jetzt festgelegten fünf Nanomol in einem Liter Blut. Die IAAF hatte die umstrittene Studie veranlasst, weil der CAS die Testosteron-Regel mit der Forderung aufgehoben hatte, Beweise für den vermeintlichen Wettbewerbsvorteil zu erbringen.

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