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Dissidenten warnen vor Kuschelkurs

Papst fordert mehr "Freiräume" in Kuba

  • Veröffentlicht: 20.09.2015
  • 11:33 Uhr
  • dpa
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© dpa/Reuters/Pool/Tony Gentile

Wandel durch Annäherung: Dieses Konzept trifft auch auf Kuba und die Kirche zu. Papst Franziskus hat sogar bei der Überwindung der Eiszeit zu den USA vermittelt. Zum Auftakt seines Besuchs in Havanna macht er den Kommunisten aber klar: Die Öffnung ist noch nicht ausreichend.

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Papst Franziskus hat zum Auftakt seiner Kuba-Reise mehr religiöse Freiheiten in dem kommunistischen Karibikstaat eingefordert. Die Kirche wolle das kubanische Volk auf seinem Weg begleiten, "in Freiheit und mit allen notwendigen Mitteln und Freiräumen", betonte der 78-Jährige am Samstag nach seiner Ankunft in der Hauptstadt Havanna. Er werde "für die geschätzte Nation bitten, dass diese auf den Wegen der Gerechtigkeit, des  Friedens, der Freiheit und der Versöhnung voranschreite".

Franziskus ist nach Johannes Paul II. (1998) und Benedikt XVI. (2012) der dritte Papst, der Kuba besucht. Empfangen wurde er von Staatschef Raúl Castro. Franziskus bat Raúl Castro, seinem Bruder Fidel - dem Anführer der Revolution von 1959 - "den Ausdruck meiner speziellen Achtung und Ehrerbietung" zu übermitteln.

Castro will Rückgabe von Guantánamo

Zur Enttäuschung kubanischer Dissidenten, die ein Signal des Papstes gegen Menschenrechtsverletzungen fordern, war mit ihnen zunächst kein Treffen geplant. Der Papst bat nur allgemein darum, auch all diejenigen zu grüßen, "die ich aus verschiedenen Gründen nicht werde treffen können".

Raúl Castro bezeichnete das seit fast 55 Jahren bestehende US-Handelsembargo als "grausam, unmoralisch und illegal" und forderte die rasche Aufhebung. Die auf Vermittlung des Vatikans erfolgte Annäherung und Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit den Vereinigten Staaten könne nur "ein erster Schritt sein". Auch die US-Militärbasis in Guantánamo müsse zurückgegeben werden.

Annäherung der lange verfeindeten Staaten

Der Papst sagte zu der Annäherung: "Es ist ein Zeichen für den Sieg der Kultur der Begegnung, des Dialogs." Er ermuntere die verantwortlichen Politiker, weiter auf dem Weg voranzuschreiten: "Als Beweis für den erhabenen Dienst, den zu leisten sie berufen sind für den Frieden und das Wohlergehen ihrer Völker (...) und als ein Vorbild der Versöhnung für die ganze Welt."

Vor dem Besuch hatten US-Präsident Barack Obama und Castro in einem Telefonat eine weitere Annäherung der einstigen Erzfeinde angekündigt. Seit Juli haben beide Staaten wieder Botschafter im anderen Land. Das Telefonat der beiden Staatschefs war deren erstes direktes Gespräch seit ihrer historischen Begegnung beim Amerika-Gipfel in Panama im April.

Oppositionelle warnen vor "Schmusekurs"

Ab Dienstag besucht der Papst auch die USA. Es ist seine zehnte Auslandsreise seit Amtsantritt im März 2013 - und mit neun Tagen seine längste Reise bisher.

Die Opposition in Kuba hat aber nur wenig Hoffnung auf einen politischen Frühling und das Ende der Repressionen. Der führende Oppositionsaktivist Antonio Rodiles sagte der Deutschen Presse-Agentur, der kubanische Kardinal Jaime Ortega habe gesagt, dass die Kirche nicht dafür da sei, um Regierungen zu stürzen. "Sie ist aber auch nicht dafür da, um Diktaturen zu stützen", warnte Rodiles vor einem Kuschelkurs gegenüber dem Castro-Regime.

Katholiken lange Zeit vom Regime unterdrückt

Der Geschäftsführer des bischöflichen Hilfswerks Misereor, Martin Bröckelmann-Simon, sagte der dpa: "Die kubanischen Bischöfe sehen sehr wohl, dass es nach wie vor undemokratische Verhältnisse gibt." Der Umgang mit der Opposition, willkürliche Verhaftungen - das verdiene scharfe Kritik. "Es ist eine elementare Forderung der Kirche, dass die Menschenrechte beachtet werden." Gleichwohl sei Kuba nun auf einem positiven Weg der Öffnung, betonte Bröckelmann-Simon.

Als erster Papst hatte Johannes Paul II. im Jahr 1998 Kuba besucht. Sein Aufruf "Möge Kuba sich der Welt öffnen und die Welt sich öffnen für Kuba" gilt heute als wegweisend für den Entspannungsprozess, der damals vom Papst-Besuch eingeleitet wurde.

Nach der Revolution 1959 hatten viele Priester das Land verlassen müssen, der Glauben konnte nicht gelebt werden. Die kubanische Regierung tritt nun für Religionsfreiheit ein. Rund 80 Gotteshäuser, die nach der Revolution besetzt worden waren, sollen an die Kirche zurückgegeben werden.

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