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Abrechnung des russischen Präsidenten

Putin nennt Merkels Flüchtlingspolitik "Kardinalfehler"

  • Veröffentlicht: 28.06.2019
  • 15:57 Uhr
  • dpa
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© Ralf Hirschberger/dpa

Die liberale Idee sieht der russische Präsident im Niedergang begriffen. Moskaus Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg betrachtet er als Erfolg. Kurz vor dem Start des G20-Gipfels im japanischen Osaka gibt Putin Einblick in seine Sicht der Welt.

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Russlands Präsident Wladimir Putin hat kurz vor Beginn des G20-Gipfels in Japan die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert. Ihre Entscheidung, dass im Jahr 2015 Hunderttausende Flüchtlinge in Deutschland Zuflucht suchen konnten, bezeichnete er in einem Interview der britischen "Financial Times" (Freitag) als "Kardinalfehler". Das militärische Eingreifen Moskaus im Bürgerkriegsland Syrien, aus dem ein großer Teil der nach Deutschland geflüchteten Menschen stammt, wertete er hingegen als Erfolg.

Die Migrationspolitik von US-Präsident Donald Trump lobte der Kreml-Chef. Er könne zwar schlecht beurteilen, ob es richtig sei, eine Mauer zu Mexiko zu bauen. Schlecht sei aber, wenn angesichts von Massenmigration niemand etwas unternehme. Trump will eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen, um illegale Migration und Drogenschmuggel zu stoppen.

Putin nannte Trump einen talentierten Menschen. "Er weiß sehr gut, was seine Wähler von ihm erwarten." Der US-Präsident sei kein Berufspolitiker. "Er hat seine eigene Vision der Welt", sagte der russische Staatschef und betonte zugleich, er akzeptiere viele von Trumps Methoden nicht, mit denen dieser Probleme angehe.

"Er hat seine eigene Vision der Welt"

Eine mögliche Einflussnahme Russlands in den vergangenen US-Wahlkampf bezeichnete Putin als "mythisch". Im Gegensatz zu seinen Gegnern habe Trump die Veränderungen in der amerikanischen Gesellschaft gespürt und dies genutzt. Die Eliten in den USA und in Europa hätten sich dagegen von der Mehrheit der Bevölkerung entkoppelt, so Putin. Die "liberale Idee" habe sich überlebt.

Im Verhältnis zu den USA sieht der russische Präsident die wachsende Gefahr eines nuklearen Wettrüstens. Aus Washington komme bislang keine relevante Initiative, um den 2021 auslaufenden Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen (New Start) zu verlängern. "Ich hoffe, dass ich mit Donald [Trump] darüber sprechen kann, falls wir uns in Osaka treffen sollten", sagte Putin. Sollte der Vertrag auslaufen, gäbe es kein Instrument mehr, um ein Wettrüsten einzudämmen.

Hinsichtlich Nordkoreas mahnte Putin Verständnis für die Sicherheitsinteressen der Regierung in Pjöngjang an. "Die Tragödien von Libyen und dem Irak haben viele Länder dazu angeregt, ihre Sicherheit um jeden Preis abzusichern", sagte der Kreml-Chef. Es gehe daher weniger um die nukleare Entwaffnung Nordkoreas als darum, wie dem Land Sicherheitsgarantien gegeben werden könnten. Gleichzeitig müsse die Gefahr, die von den Atomwaffen des Landes ausgehe, berücksichtigt werden.

Lob für Syrien-Feldzug

Das eigene militärische Eingreifen in Syrien sieht Putin als Erfolg auf der ganzen Linie an. Mehrere Tausend Militante seien von einer Rückkehr nach Russland und seine Nachbarländer abgehalten worden, indem sie "eliminiert" worden seien. Zudem sei die Region stabilisiert worden, was zur Sicherheit Russlands beigetragen habe. Moskau pflege mit allen Staaten dort gute Arbeitsbeziehungen, einschließlich des Irans und der Türkei. Auch von der Mobilisierung des russischen Militärs habe das Land profitiert. "Unsere Streitkräfte haben Erfahrungen gesammelt, die sie bei Übungen in Friedenszeiten nicht hätten erlangen können", sagte der 66 Jahre alte russische Staatschef.

Putin will beim G20-Gipfels im japanischen Osaka, der an diesem Freitag beginnt, mit Trump und Merkel Gespräche führen.

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