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Neues Treffen in zwei Wochen

Syrien-Gespräche bringen Fortschritte

  • Veröffentlicht: 30.10.2015
  • 19:19 Uhr
  • dpa
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Große Syrien-Konferenz an historischem Ort: Nach viereinhalb Jahren blutigem Konflikt reden zum ersten Mal alle Groß- und Regionalmächte miteinander. Es gibt Fortschritte - aber die entscheidende Frage klammert man aus.

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Das Hotel "Imperial" an der Wiener Ringstraße hat in 132 Jahren schon viel Geschichte erlebt. Hier führte, noch im 19. Jahrhundert, schon Deutschlands erster Reichskanzler Otto von Bismarck wichtige Gespräche. Im Kalten Krieg war das Fünf-Sterne-Haus oft genug Verhandlungsort zwischen Ost und West. Und in diesem Sommer, als man die Atom-Gespräche mit dem Iran letztlich doch noch gut zu Ende brachte, residierten hier wochenlang die Amerikaner.

So war das "Imperial" am Freitag der ideale Schauplatz für die größte Syrien-Konferenz, die es je gab. Viereinhalb Jahre nach Beginn des Konflikts saßen zum ersten Mal fast alle wichtigen Akteure zusammen am Tisch: die fünf UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) und Deutschland, die großen Regionalmächte Türkei, Saudi-Arabien und - zum ersten Mal - Iran plus acht weitere Staaten.

Kein Syrien-Vertreter am Tisch

Aus Syrien allerdings war bei der durchaus historischen Acht-Stunden-Begegnung niemand dabei, weder Vertreter des Regimes von Präsident Baschar al-Assad noch der Opposition. Was keineswegs von Schaden sein muss: Bei früheren Syrien-Treffen - vor allem bei der letzten großen Konferenz am Genfer See im Februar 2014 - hatte das die Dinge überhaupt nicht vorangebracht. Beide Seiten nutzten auch die diplomatische Bühne, um sich böse zu bekriegen.

So steckten die politischen Bemühungen um ein Ende der Tragödie - etwa 250 000 Tote, mehr als 4,2 Millionen Syrer im Ausland auf der Flucht, sieben Millionen Vertriebene innerhalb des Landes - seit langer Zeit völlig fest. Auch was die Zukunft Assads angeht, hatte man sich total verhakt: Russland und der Iran nahmen den Diktator in Schutz. Der Westen, die Türkei und verschiedene arabische Staaten wollten ihn sofort loswerden.

Durch die Gespräche in Wien gibt es jetzt zumindest wieder Hoffnung, dass in Syrien doch noch etwas vorangeht. US-Außenminister John Kerry nannte die Konferenz einen "Ausweg aus der Hölle". Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach - wie andere - weniger dramatisch von einem "Hoffnungszeichen". Vor der Heimreise nach Berlin meinte er: "Es gibt keine Illusion, dass der Großteil der Arbeit weiter vor uns liegt."

Deutschland will schnelle Lösung

Die Deutschen haben großes Interesse an einer schnellen Lösung, weil die Flüchtlingskrise ansonsten kaum in Griff zu kriegen ist. Die allermeisten Menschen, die derzeit Zuflucht in der Bundesrepublik suchen, kommt aus Syrien. So firmierte das Treffen auf dem offiziellen Twitter-Account des Auswärtigen Amts auch unter dem Hashtag #hoffnungsschimmer.

Wie geht es nun weiter? In zwei Wochen will man in derselben Runde erneut zusammenkommen, vermutlich wieder im "Imperial". Zuvor soll der Syrien-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura einiges an Vorarbeit leisten. Grundlage könnte eine Art Wunsch-Fahrplan für eine Übergangsregierung und Wahlen sein, auf den man sich bereits im Sommer 2012 in Genf geeinigt hatte. Zudem gibt es schon Resolutionen des UN-Sicherheitsrats - zum Beispiel ein Verbot von Fassbomben -, die noch nicht umgesetzt sind.

USA mit Spezialeinheit in Syrien

Parallel zu den diplomatischen Bemühungen gaben die USA bekannt, dass sie ihren Militäreinsatz in Syrien ausweiten werden. In den nächsten Tagen sollen bis zu 50 amerikanische Spezialkräfte in den Norden des Landes verlegt werden, um den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu verstärken. Zugleich soll versucht werden, zumindest lokale Waffenstillstände zu organisieren.

Doch bei aller Zufriedenheit, dass jetzt zumindest wieder Gespräche in Gang sind: Der Weg bis zu einer Einigung ist noch lang. Steinmeier meinte am Abend: "Das war noch nicht der Durchbruch. Der war heute auch nicht zu erwarten."

Die Interessen der syrischen Kriegsparteien liegen immer noch weit auseinander, genauso wie die Interessen der anderen beteiligten Akteure. Das gilt nicht nur für die beiden Großmächte USA und Russland. Der Iran und Saudi-Arabien zum Beispiel, die sich die Vorherrschaft am Golf streitig machen, sind aufs Heftigste zerstritten.

Viele verschiedene Interessen

So einig man sich grundsätzlich darüber ist, Syrien vor dem völligen Zerfall zu retten und keinesfalls dem IS zu überlassen, so unterschiedlich sind die Vorstellungen darüber, wie die Zukunft des Landes aussehen könnte. Wer eine Übergangsregierung führen könnte? Wie die besetzt ist? Wann der Übergang beginnt? Wer genau mit wem darüber verhandelt? Alles Fragen, auf die es noch keine Antworten gibt.

Größter Streitpunkt ist nach Aussage von Frankreichs Außenminister Laurent Fabius aber weiterhin, was mit Assad selbst geschieht. Der Westen besteht seit einer Weile nicht mehr darauf, dass der 50-Jährige sofort abtreten muss, sondern kann sich eine "Übergangsfrist" vorstellen. Den Saudis und anderen Staaten geht das als Zugeständnis bereits viel zu weit. Der Iran und Russland hingegen vertreten weiter die Auffassung, dass die Entscheidung über Assad allein Sache der Syrer sei. Demnächst mehr dazu, vermutlich wieder in Wien.

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