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Air Berlin trifft Aktionäre

Treueschwüre trotz gestutzter Flügel

  • Veröffentlicht: 14.06.2017
  • 15:34 Uhr
  • dpa
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Air Berlin überlebt, daran will trotz riesiger Probleme bei der Hauptversammlung keiner zweifeln. Der neue Chef soll es richten. Die Aktionäre feiern schon kleinste Schritte wie den großen Sprung.

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Nach 42 Minuten ist alles vorbei. Ganz so, als gäbe es sie nicht, diese riesige Krise, in der Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft steckt. "Air Berlin ist zurück", freuen sich stattdessen nach der Hauptversammlung am Mittwoch die Aktionäre. Schließlich hat Unternehmenschef Thomas Winkelmann gerade verkündet, dass die Flieger wieder zuverlässig und pünktlich sind. Nicht einmal das war in den vergangenen Monaten selbstverständlich. Die grottenschlechte Finanzsituation? Ist für die treuen Mit-Eigentümer nicht entscheidend. "Der Winkelmann macht das schon", sagen sie.

"Der Winkelmann" ist ein ehemaliger Lufthanseat und steht erst seit gut vier Monaten an der Spitze der seit Jahren kriselnden Airline. Eine Aufgabe, die wohl nicht viele übernommen hätten - angesichts von rund 782 Millionen Euro Verlust im vergangenem Jahr und einem Schuldenberg von knapp 1,2 Milliarden Euro. Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - beständig rote Zahlen.

Air-Berlin-Chef zeigt sich optimistisch

Der 57-Jährige aus dem Ruhrgebiet jedoch versprüht stoischen Optimismus. Und das obwohl ein wesentlicher Teil des Sanierungsplans gerade weggebrochen ist. In der vergangenen Woche platzte der Plan eines neuen Ferienfliegers gemeinsam mit Tui. Winkelmann verliert dazu nicht viele Worte, erzählt stattdessen vom Fokus auf Langstrecken und Städtetrips. Für die Ferienflieger-Tochter Niki werde sich schon eine neue Partnerschaft finden.

Dass Air Berlin bei den Landesregierungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen schon mal für eine Bürgschaft vorfühlt, sieht er lediglich als Zeichen vorausschauender Unternehmensführung. "Wir loten alle Möglichkeiten aus - für alle Fälle", sagt der Chef. Berichten zufolge soll es bei der Bürgschaft um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag gehen. "Wir wollen keine Steuergelder, wir wollen auch nicht verstaatlicht werden", betont Winkelmann.

Air-Berlin-Hauptversammlungen sind eine skurrile Sache

Das scheint er noch so überzeugt sagen zu können, weil Air Berlin einen großen Partner im Rücken hat. Der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, hält das Unternehmen seit Jahren mit Finanzspritzen in der Luft. An der Zahlungsfähigkeit bestehe deshalb kein Zweifel, sagte Winkelmann. Schließlich kam erst im April vom Golf das Versprechen, für mindestens 18 weitere Monate zu zahlen.

Air-Berlin-Hauptversammlungen sind eine skurrile Sache. Das Unternehmen - nach Aktienrecht eine britische PLC - lädt nach London. In der Podiumsmitte Joachim Hunold, der die Airline viele Jahre führte und inzwischen das Aufsichtsgremium leitet. Sein radikaler Expansions-Kurs gilt als ein maßgeblicher Grund für die Krise. Hunold blickt hier quasi auf die Trümmer seines Lebenswerks.

Winklemanns Strategie habe überzeugt

Die kaum mehr als ein Dutzend Aktionäre sind mit der Führungsetage längst per Du. Ein Orthopäde aus Quedlinburg zum Beispiel, der in seiner Praxis Air-Berlin-Herzen verteilt. Oder Gabelstaplerfahrer Michael Hablasch, der den Air-Berlin-Anstecker auch auf Firmen-Events am Revers trägt. Wenn sie von Air Berlin sprechen, sagen sie "wir". "Im dritten Quartal muss das Geschäft so brummen, dass wir uns übers Jahr retten können", meint Rechtsanwalt Martin Stutzbach. Das dritte Quartal mit den Sommerferien ist für die Airlines das wichtigste. Die Hoffnung sei groß, Winkelmanns Strategie habe überzeugt.

Dazu gehört auch die Suche nach einem weiteren großen Partner. In London will der Chef keine Namen nennen: "Air Berlin bedient hoch interessante Märkte", sagt er. "Die sind für eine ganze Reihe von Interessenten hochinteressant." Die naheliegendste Lösung scheint ein Übergang zur Lufthansa - sofern kartellrechtliche Probleme gelöst werden. Die deutsche Nummer eins hat Interesse, die Schulden der Berliner will sie allerdings nicht.

Dass es irgendwie weitergehen wird, daran lässt die Air-Berlin-Chefriege am Mittwoch keine Zweifel. "Wir werden es mit ihrer Unterstützung schaffen." Kleinaktionär Marco Ebert macht klar, wie weit die Liebe geht: "Die Air Berlin hat uns die Welt gezeigt", sagt er. "Sollte sie doch pleite gehen, haben wir das Herz der Air Berlin immer noch in uns."

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