Regierungsbildung
Trotz Streitpunkten soll GroKo am Sonntag stehen
- Veröffentlicht: 03.02.2018
- 19:55 Uhr
- dpa
Mehr als vier Monate ist die Bundestagswahl her - und noch immer steht keine neue Regierung. Doch Stück für Stück kommen sich die möglichen künftigen Koalitionäre von CDU, CSU und SPD näher.
Trotz offener Kernfragen will die CSU die Koalitionsverhandlungen wenn möglich wie geplant an diesem Sonntag abschließen. «Das ist schon unser Ziel, an diesem Wochenende fertig zu werden», sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer am Samstag bei seinem Eintreffen zu weiteren Verhandlungen in der CDU-Zentrale in Berlin. Es seien aber noch offene Fragen zu klären, insbesondere was die Finanzierbarkeit angehe. «Da werden wir uns heute noch mal drüber beugen müssen, weil unser Finanzrahmen natürlich beschränkt ist.»
Die SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig erklärte: «Wir müssen die Sache auch gut zum Ende bringen, aber es soll auch zügig sein.» Schwesig erklärte, dass sie Fortschritte bei zwei Kernforderungen ihrer Partei erwarte: «Wir müssen uns unbedingt einigen beim Thema sachgrundlose Befristung und auch beim Thema Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin.» Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte: «Wir brauchen noch Klarheit zum Thema Mieten und Wohnen, das ist noch ganz wichtig heute.»
Bereich Wohnen ist Streitpunkt
Nach getrennten Beratungen von Union und SPD wollten sich 15 Spitzenunterhändler von CDU, CSU und SPD von Mittag an mit den Arbeitsgruppen «Landwirtschaft», «Kommunen, ländlicher Raum» sowie «Wohnungsbau, Mieten, Stadtentwicklung» über deren Verhandlungsergebnisse befassen. Für 15.00 Uhr stand das Thema Finanzen auf der Tagesordnung.
Als dicker Brocken galt nach Angaben aus Verhandlungskreisen der Bereich Wohnen. Die Union pocht demnach auf die Einführung eines «Baukindergelds», also staatliche Zuschüsse für Familien mit Kindern, die Wohneigentum erwerben wollen. Die SPD ist dagegen und verlangt stattdessen Beschlüsse zur Stärkung des sozialen Wohnungsbaus und zur Eindämmung von Immobilienspekulationen. So soll Kommunen der Erwerb bundeseigener Grundstücke und Immobilien erleichtert werden. Zwar gewährt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ihnen schon heute ein Vorkaufsrecht. Doch mit Höchstgeboten finanzstarker Investoren können Städte und Gemeinden kaum mithalten.
Scheuer mit Migration-Kompromiss "sehr zufrieden"
Nachdem auch der geschäftsführende Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach in der CDU-Zentrale erschienen sind, wurde erwartet, dass auch die Beratungen über eine Lösung bei den restlichen Gesundheitsthemen weitergehen.
Am Nachmittag sollten wieder getrennte interne Beratungen stattfinden, bevor am Abend wieder die 15er-Runde tagen wollte. Die drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) rechnen auf der Zielgeraden einer möglichen neuen großen Koalition noch mit schwierigen Verhandlungen.
Zu dem am Freitag erzielten Kompromiss zur Migration sagte CSU-Generalsekretär Scheuer, er sei «sehr zufrieden». Im Ergebnispapier der Arbeitsgruppe «Migration und Integration» heißt es nun wie im Sondierungspapier, dass Union und SPD feststellen, dass die Zuwanderungszahlen «die Spanne von jährlich 180 000 bis 220 000 nicht übersteigen werden». Schwesig betonte: «Wir haben keine Obergrenze festgelegt.»
Herrmann: Zuzug von Flüchtlingen muss begrenzt werden
In der CSU wird das weiterhin anders gesehen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte der «Rheinischen Post» (Samstag) zuvor gesagt: «Mit dem Bekenntnis von Union und SPD, dass die Flüchtlingszahlen die Spanne von jährlich 180 000 bis 220 000 Flüchtlinge nicht übersteigen werden, haben wir eine Obergrenze erreicht.» Der Zuzug von Flüchtlingen müsse begrenzt werden, um die Integrationsfähigkeit Deutschlands nicht zu überfordern. «Wenn jemand nicht bereit ist, sich zu integrieren, muss es klare Sanktionen geben. Wer die deutsche Sprache nicht erlernen möchte, gegen den sollten auch Bußgelder verhängt oder Sozialleistungen gekürzt werden», ergänzte er.
Die SPD, die in der Migrationsfrage unter parteiinternem Druck steht, beharrt auf der Vermeidung des Begriffs Obergrenze. Die genannten Zahlen sind aus ihrer Sicht als Prognose zu verstehen, nicht als Migrationsdeckel.