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Regierungsbildung in Athen schon am Montag erwartet

Tsipras: Koalition mit Rechtspopulisten

  • Veröffentlicht: 21.09.2015
  • 21:34 Uhr
  • dpa
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Alexis Tsipras bekommt eine zweite Chance: Nach dem klaren Sieg der Linkspartei Syriza bei der Parlamentswahl in Griechenland soll er schon am Montagabend vereidigt werden.

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Nach dem klaren Sieg der Linkspartei Syriza bei der Parlamentswahl in Griechenland soll ihr Chef Alexis Tsipras schon am Montagabend vereidigt werden. Dies berichtete das griechische Staatsfernsehen (ERT1) unter Berufung auf Syriza-Kreise. Das neue Kabinett soll demnach am Dienstag vereidigt werden. Über die Zusammensetzung der Ministerriege gab es zunächst keine Informationen.

Am Vorabend hatte Tsipras angekündigt, er werde die Koalitionsregierung mit seinen bisherigen Partnern von der rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen (Anel) fortsetzen.

Nach Auszählung fast aller Stimmen kommt die Syriza-Partei auf 35,5 Prozent und 145 Sitze im Parlament - inklusive 50 Bonus-Sitzen für die stärkste Fraktion. Zusammen mit den Unabhängigen Griechen (3,7 Prozent und zehn Abgeordnete) wird die neue Regierung eine knappe Mehrheit von 155 Abgeordneten im 300 Sitze zählenden Parlament haben.

Tsipras: Volk hat uns klares Mandat gegeben

Das Land steht nach wie vor auf Messers Schneide. Die Wirtschaft ist seit 2010 um ein Fünftel geschrumpft. Jeder vierte Grieche ist arbeitslos. Fast jeder Zweite unter 25 hat keinen Job. Die Links-Rechts-Koalition hatte das Land bereits nach der Wahl im Januar für sieben Monate regiert, Tsipras hatte das dritte Hilfspaket von bis zu 86 Milliarden Euro mit den Geldgebern ausgehandelt. In den kommenden Jahren stehen im Gegenzug dafür weitere Spar- und Reformauflagen an.
Tsipras erklärte am Sonntagabend bei einer Rede im Zentrum Athens: "Griechenlands Volk hat uns ein klares Mandat gegeben, im In- und Ausland für den Stolz unseres Volkes zu kämpfen." Griechenland habe wegen des Sparprogrammes schwierige Zeiten vor sich, erklärte Tsipras. Um aus der Krise zu kommen, gebe es keine "magischen" Lösungen. "Wir werden aber die sozial Schwachen schützen", sagte er, ließ aber offen, was genau damit gemeint ist.

Syriza-Ableger verpasst Einzug ins Parlament

Vor der Wahl hatten Umfragen ein deutlich knapperes Rennen zwischen Linken und Konservativen vorausgesagt, auch in der ersten Prognose am Wahlabend war nur von einem hauchdünnen Vorsprung für Syriza die Rede. Nun weicht das Ergebnis wohl nicht deutlich vom Januar ab - und das trotz der politischen Kehrtwende die Tsipras seither vollzogen hat. Bei der Parlamentswahl Anfang des Jahres hatte die Syriza 36,3 Prozent der Stimmen geholt, die ND 27,8 Prozent. Drittstärkste Kraft wird auch diesmal die rechtsradikale Goldene Morgenröte mit knapp 6,3 Prozent der Stimmen.
Die Neuwahl war nötig geworden, weil Tsipras am 20. August seinen Rücktritt als Ministerpräsident erklärt hatte - um die Gegner in seiner eigenen Partei loszuwerden und sich ein stabiles Mandat der Wähler zu sichern. Die den Gläubigern zugesagte Sparpolitik hatte Syriza gespalten. Ihr Ableger, die Volkseinheit (Lae), verfehlt demnach den Einzug ins Parlament ganz knapp. Sie kam auf 2,86 Prozent der Stimmen und lag damit unter der Drei-Prozent-Hürde.

Sanfteres Sparprogramm in Aussicht gestellt

Tsipras hatte im Wahlkampf ein "sanfteres" Sparprogramm versprochen, dessen Details noch ausgehandelt werden müssten. Er stellte zudem Nachbesserungen beim Abbau des Schuldenberges in Aussicht. Eurogruppen-Chef Dijsselbloem hatte bereits deutlich gemacht, dass eine Nachverhandlung nicht zur Debatte steht. Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), betonte nun ebenfalls: "Was in Brüssel vereinbart worden ist, gilt." Auch wenn die Regierungsbildung anstehe, dürfe das Tempo bei der Umsetzung des Hilfsprogramms nicht sinken.

Im Januar hatte Tsipras seine Amtszeit noch mit dem Versprechen angetreten, das Sparprogramm der Geldgeber aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) rückgängig zu machen. Die Verhandlungen zogen sich sieben Monate lang hin. Vor einem entscheidenden Treffen im Juni kündigte der linke Regierungschef überraschend ein Referendum über die Vorschläge der Geldgeber an.
Nach der Volksabstimmung vollzog er eine Kehrtwende und stimmte letztendlich noch härteren Spar- und Reformauflagen zu - als Teil eines dritten Hilfspakets für sein Land. Im Gegenzug dafür erhält Athen Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro. Geld braucht das hoch verschuldete Land nicht nur für Rentenzahlung und Beamtenbesoldung, sondern auch für alte Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern. Bereits am Montag ist wieder eine Rate aus dem ersten Hilfsprogramm an den IWF fällig.

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