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Nato: Solidarität mit Ankara

Türkei beendet Friedensprozess mit PKK

  • Veröffentlicht: 28.07.2015
  • 19:05 Uhr
  • dpa
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Die Türkei will von der Nato vor allem politische Unterstützung im Kampf gegen den Terror. Beim Thema IS gibt es Einmütigkeit. Der Kurs der Regierung in Ankara gegen die PKK ist allerdings umstritten. Nicht nur bei der Nato.

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Unmittelbar vor einer Nato-Sondersitzung hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Friedensprozess mit den Kurden für beendet erklärt. «Es ist nicht möglich, einen Lösungsprozess fortzuführen mit denjenigen, die die Einheit und Integrität der Türkei untergraben», sagte er in Ankara. In einer gemeinsamen Erklärung betonten die Nato-Partner am Dienstag, dass sich die Türkei auf die Solidarität der Alliierten verlassen könne. Militärische Unterstützung habe Ankara bislang nicht angefordert.

Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen gab es in Brüssel allerdings auch Kritik am Anti-Terror-Kampf der Türkei. Eine Reihe von Nato-Staaten forderte die Regierung in Ankara demnach mehr oder weniger deutlich auf, im Umgang mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK die militärischen Mittel angemessen einzusetzen, um die Tür für eine Fortsetzung des Friedensprozesses offenzuhalten.

Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mahnte in einem Telefonat mit ihrem türkischen Kollegen Vecdi Gönül, in diesem Prozess die Verhältnismäßigkeit zu wahren. "Der gemeinsame Kampf gegen den Islamischen Staat muss unser gemeinsames Ziel sein", erklärte die CDU-Politikerin. Der Einsatz der Bundeswehr im Süden der Türkei werde nun "sehr sorgfältig" beobachtet. Die Sicherheit der Soldaten müsse "absolute Priorität" haben. Die Bundeswehr hat auf Wunsch der Türkei "Patriot"-Raketenabwehrstaffeln 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt stationiert. Sie sollen den Nato-Partner vor Luftangriffen aus Syrien schützen.

Der Friedensprozess befindet sich in Stagnation

Der Sprecher der türkischen Regierungspartei AKP, Besir Atalay, sagte, der Friedensprozess befinde sich unter den gegebenen Umständen in Stagnation. Die Friedensgespräche werden formal von der Regierung geführt.

In der Türkei hat es seit vergangener Woche mehrere Terroranschläge mit Dutzenden Toten gegeben. Die blutigste Attacke in Suruc mit mehr als 30 Toten schrieb Ankara dem IS zu. Die PKK bekannte sich später zu Anschlägen auf türkische Sicherheitskräfte, denen sie vorwarf, mit dem IS zu kollaborieren. Die Türkei flog in der Folge erstmals Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien, aber auch auf das PKK-Hauptquartier im Nordirak. Die Kurden erklärten die seit 2013 geltende Friedensvereinbarung mit der Regierung in Ankara daraufhin für nichtig.

Die Türkei fordert vorerst keine militärische Unterstützung

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte nach dem Sondertreffen in Brüssel, die Türkei fordere vorerst keine militärische Unterstützung im Kampf gegen die Terrormiliz IS. Ankara habe nicht um zusätzliche Nato-Präsenz in der Türkei gebeten, sagte er. Die Türkei verfüge über "sehr fähige Streitkräfte", sagte Stoltenberg. "Das ist die zweitgrößte Armee in der Allianz."

Das Nato-Sondertreffen war von Ankara unter Berufung auf Artikel 4 des Nato-Vertrags beantragt worden. Dieser sieht Konsultationen vor, wenn ein Mitglied meint, dass die Unversehrtheit des eigenen Territoriums, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sei.

Ankara sieht die PKK - wie den IS - als Terrororganisation an

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich besorgt über die türkischen Luftangriffe auf die PKK. Ban rief alle Beteiligten dazu auf, nicht zurückzukehren zu einem "tödlichen Konflikt, der den Menschen in der Türkei in der Vergangenheit schon so viel Leid zugefügt hat".

Ankara sieht die PKK - wie den IS - als Terrororganisation an. Das gilt auch für die mit der PKK verbundenen kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG), die in Syrien den IS bekämpfen und damit Verbündete der USA sind. Die türkische Führung befürchtet die Gründung eines Kurdenstaats, der die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden in der Türkei beflügeln könnte.

Grüne und Linke in Deutschland verurteilten das Vorgehen Erdogans scharf

Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP warf Erdogan vor, die chaotische Situation ausnutzen zu wollen, um seine Macht zu erhalten. Bei immer wahrscheinlich werdenden Neuwahlen spekuliere Erdogan auf einen Stimmenzuwachs für die islamisch-konservative AKP, die bei der Parlamentswahl am 7. Juni ihre absolute Mehrheit verloren hatte.

Grüne und Linke in Deutschland verurteilten das Vorgehen Erdogans scharf. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte dem Sender MDR Info, tatsächlich gehe es Ankara darum, die PKK zu kriminalisieren und die HDP zu marginalisieren. Erdogan wolle sein Land innenpolitisch ins Chaos stürzen und sich dann als Retter präsentieren. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) nannte Erdogans Vorgehen unverantwortlich und sprach von einem schweren Rückschlag für die demokratische Türkei.

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