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AKP will Präsidialsystem

Türken wählen neues Parlament

  • Veröffentlicht: 07.06.2015
  • 10:57 Uhr
  • dpa
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In der Türkei hat am Sonntagmorgen die Wahl eines neuen Parlaments begonnen. 56,6 Millionen Türken sind dazu aufgerufen, die Abgeordneten der Großen Nationalversammlung zu bestimmen.

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Die Türkei wählt ein neues Parlament: Noch bis 16.00 Uhr (MESZ) sind die Wähler dazu aufgerufen, die 550 Abgeordneten der Großen Nationalversammlung in Ankara zu bestimmen. Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP strebt eine 60-Prozent-Mehrheit der Parlamentssitze an, die für ein Referendum über eine Verfassungsreform notwendig ist. Mit der Reform will die Partei ein Präsidialsystem mit Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdoganan der Spitze einführen. Erdogan würde dadurch noch mächtiger.

Zentrale Frage ist, ob die pro-kurdische HDP die Zehn-Prozent-Hürde überwindet. In diesem Fall dürfte die AKP die für das Referendum nötige Mehrheit verfehlen. Erste Teilergebnisse werden ab 18.00 Uhr (MESZ) erwartet. Sollte die HDP dabei um die zehn Prozent liegen, könnte sich ein belastbares Ergebnis bis Montag verzögern.

Umfragen sagen der seit mehr als zwölf Jahren regierenden islamisch-konservativen AKP Stimmenverluste voraus. Die von Erdogan mitgegründete Partei bliebe demnach aber die dominierende Kraft. Umfragen zufolge kommt die Mitte-Links Partei CHP auf den zweiten, die ultrarechte MHP auf den dritten Platz.

Der Ko-Chef der HDP, Selahattin Demirtas, kritisierte bei der Abgabe seiner Stimme in Istanbul, der Wahlkampf sei "ungerecht" verlaufen. Erdogan hatte bei Massenveranstaltungen während des Wahlkampfs immer wieder die HDP angegriffen, obwohl die Verfassung dem Präsidenten Neutralität vorschreibt. Beschwerden darüber bei der Obersten Wahlbehörde blieben folgenlos.

Demirtas warnte im Wahlkampf vor einer Erdogan-"Diktatur". Weder die AKP noch Erdogan haben erklärt, wie das Präsidialsystem aussehen soll. Bislang ist der Ministerpräsident Regierungschef in der Türkei. Die Parlamentswahl ist die erste seit dem Amtsantritt von Präsident Erdogan im vergangenen August. Erdogan war davor Ministerpräsident.

Wahlkampf von Gewalt überschattet

Das Wahlkampfende wurde von schwerer Gewalt überschattet. Bei einem Sprengstoffanschlag auf eine HDP-Veranstaltung in der Kurden-Metropole Diyarbakir wurden am Freitagabend nach Angaben von Polizei und Ärzten mindestens drei Menschen getötet und 220 weitere verletzt. Ministerpräsident und AKP-Chef Ahmet Davutoglu sagte nach seiner Stimmabgabe Angaben der Nachrichtenagentur DHA zufolge, ein Verdächtiger sei festgenommen worden.

Im Wahlkampf war die HDP immer wieder zum Ziel von Anschlägen und Übergriffen geworden. Nach Angaben des Innenministeriums schützen am Sonntag mehr als 400 000 Sicherheitskräfte die Wahl. Zehntausende Wahlbeobachter sind im Einsatz.

56,6 Millionen Türken sind zur Wahl aufgerufen: 53,7 Millionen in der Türkei und 2,9 Millionen im Ausland. Bis Ende Mai konnten Auslandstürken in türkischen Botschaften und Konsulaten wählen. Von den 1,4 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland gaben gut 480 000 ihre Stimme in der Bundesrepublik ab. Auslandstürken können am Sonntag noch an Flughäfen und Grenzübergängen in der Türkei wählen.

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