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Massenprotest in Israel

Ultraorthodoxe demonstrieren gegen Wehrpflicht

  • Veröffentlicht: 03.03.2014
  • 18:45 Uhr
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Nach Polizeiangaben gingen mehr als 300 000 Menschen auf die Straße, die Veranstalter nannten sogar die doppelte Zahl. Der Massenprotest richtete sich gegen einen Gesetzentwurf, der vorsieht, dass die Wehrpflicht schrittweise auch auf ultraorthodoxe Männer ausgeweitet wird. Strengreligiöse Juden verweigern in der Regel den Armeedienst mit der Begründung, er erschwere ihnen die Ausübung ihres Glaubens.

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In der Armee gibt es etwa keine Trennung zwischen Männern und Frauen, und es gibt häufig Einsätze am Samstag, für religiöse Juden ein heiliger Ruhetag. Mehrere tausend tiefreligiöser Männer dienen allerdings schon in speziellen Einheiten in der Armee. Das israelische Parlament soll das umstrittene Gesetz noch in diesem Monat billigen.

Vor zwei Jahren hatte Israels höchstes Gericht entschieden, dass die Freistellung tiefreligiöser Juden vom Militärdienst verfassungswidrig ist. Die Regelung stammte aus der Zeit der Staatsgründung 1948. Damals gab es allerdings nur 400 solcher Fälle pro Jahr. Die Geburtenrate in ultraorthodoxen Familien liegt jedoch wesentlich höher als in westlich geprägten, weniger religiösen Teilen der Bevölkerung.

Heute liegt die Zahl der ultraorthodoxen Männer, die vom Wehrdienst befreit sind, nach Angaben der Zeitung "Jediot Achronot" schätzungsweise schon bei 60 000 bis 70 000. An dem Streit über die Wehrpflicht war im Jahre 2012 die große Koalition des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zerbrochen.

Der Gesetzesentwurf sieht jetzt vor, dass in diesem Jahr zunächst 3800, im Jahr 2015 dann 4500 und 2016 schließlich 5200 strengreligiöse Rekruten eingezogen werden. Erst von Juli 2017 an soll die Wehrpflicht für alle ultraorthodoxen Männer im wehrpflichtigen Alter gelten, doch auch dann gibt es noch Ausnahmen.

Besonderen Zorn in strengreligiösen Kreisen löste die Drohung mit Haft für Wehrverweigerer aus. Viele Ultraorthodoxe erkennen an, dass die bisherige Regelung ungerecht ist, und sprechen sich dafür aus, dass in Israel eine Berufsarmee nach europäischem Vorbild geschaffen wird.

Zahlreiche schwarz gekleidete Männer drängten sich am Nachmittag vor allem an der zentralen Einfahrt nach Jerusalem. Sie trugen Spruchbänder mit Aufschriften wie "Rette mich vor meinem Bruder". Nach Medienberichten verbrannten mehrere wütende Demonstranten Reifen. Mehrere dutzend Menschen seien bei Konfrontationen oder im Gedränge leicht verletzt worden.

Vor der Großdemonstration hatte die Polizei in Jerusalem ihre Präsenz verstärkt. 3500 zusätzliche Sicherheitskräfte waren im Einsatz, wie Polizeisprecher Micky Rosenfeld mitteilte. Es kam zu erheblichen Verkehrsbehinderungen, zahlreiche Straßen in und nach Jerusalem waren gesperrt.

Eine der treibenden Kräfte des heftig umstrittenen Gesetzesentwurfs ist der Vorsitzende der Zukunftspartei, Finanzminister Jair Lapid. Er sprach im vergangenen Monat nach der Billigung des Entwurfs durch einen Ministerausschuss von der "Rückkehr des Zionismus" und der "Korrektur einer historischen Ungerechtigkeit".

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