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Dekret ermöglicht Aberkennung der Staatsbürgerschaft

Verdächtigen Türken im Ausland droht Passentzug

  • Veröffentlicht: 07.01.2017
  • 17:39 Uhr
  • dpa
Article Image Media
© Yasin Bulbul/EPA/dpa

Nach dem Putschversuch in der Türkei setzten sich Verdächtige ins Ausland ab, andere kehrten trotz Aufforderung der Regierung nicht zurück. Ihnen droht nun eine drastische Maßnahme. Die umstrittenen Massenentlassungen per Notstandsdekret gehen indes weiter.

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Die türkische Regierung hat per Dekret erneut Tausende Staatsbedienstete entlassen und kann Verdächtigen im Ausland nun unter bestimmten Bedingungen die Staatsbürgerschaft entziehen. Nach den in der Nacht zu Samstag veröffentlichten Notstandsdekreten kann das Kabinett Türken im Ausland, die bestimmter schwerer Straftaten beschuldigt werden und trotz Aufforderung nicht innerhalb von drei Monaten zurückkehren, die Staatsbürgerschaft aberkennen. Zu diesen Straftaten zählen unter anderem Putschversuche wie der im vergangenen Juli oder die Gründung bewaffneter Organisationen.

Per Dekret wurden außerdem 8.400 Staatsbedienstete entlassen. Darunter sind 2.687 Polizisten, 1.699 Mitarbeiter des Justizministeriums und 841 Angehörige der Streitkräfte oder des Verteidigungsministeriums. Außerdem verloren 631 Akademiker und 155 Verwaltungsangestellte an Universitäten ihre Jobs. Unter den vielen weiteren von Entlassungen betroffenen Behörden sind die Religionsbehörde und das Presseamt.

Die Regierung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Umsturzversuch von Mitte Juli verantwortlich. Wegen angeblicher Gülen-Verbindungen wurden seitdem Zehntausende Staatsbedienstete entlassen. Ein Bruchteil davon wurde später wieder eingestellt, weil sich die Vorwürfe nicht bewahrheiteten.

Rechte für die Polizei erneut ausgedehnt

Die von den Ministerien und Behörden entlassenen Staatsbediensteten wurden in Anhängen zu den jüngsten Dekreten erneut mit ihrem Namen und Dienstort benannt. Diese Praxis ist hoch umstritten, da die Betroffenen damit öffentlich an den Pranger gestellt werden, ohne jemals von einem Gericht verurteilt worden zu sein.

Per Dekret wurden nun außerdem die Befugnisse der Polizei für Ermittlungen bei Straftaten im Internet ausgeweitet. Damit soll die Feststellung der Identität von verdächtigen Internetnutzern erleichtert werden. Zudem wurden 83 Vereinigungen geschlossen.

Nach dem Putschversuch hatte eine unbekannte Zahl von Staatsbediensteten im Ausland der Aufforderung der Regierung zur Rückkehr nicht Folge geleistet. Darunter sollen Diplomaten und Nato-Offiziere gewesen sein, die verdächtigt wurden, Verbindungen zur Gülen-Bewegung zu haben. Andere Verdächtige setzten sich nach der Niederschlagung des Putsches ins Ausland ab. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu sitzen im Zusammenhang mit dem Putschversuch mehr als 41.000 Menschen in Untersuchungshaft.

Verlängerter Ausnahmezustand

Das türkische Parlament hatte den in Folge des Putschversuches verhängten Ausnahmezustand in der Nacht zum Donnerstag bis zum 19. April verlängert. Die Regierung begründete den Antrag unter anderem mit anhaltenden terroristischen Angriffen. In der Türkei wird die Gülen-Bewegung als Terrororganisation eingestuft.

Die Türkei ist in den vergangenen Monaten von einer ganzen Anzahl schwerer Terrorangriffe erschüttert worden. In der Silvesternacht hatte ein Angreifer in einem Club in Istanbul 39 Menschen getötet. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich. Der Angreifer ist weiterhin nicht gefasst worden. Am Donnerstag kam es zu einem Anschlag in Izmir, für den die Regierung die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK verantwortlich macht.

Seit Verhängung des Ausnahmezustands kann Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan weitgehend per Dekret regieren. Die Dekrete haben Gesetzeskraft und gelten ab ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt. Das Parlament muss sie nur nachträglich bestätigen.

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